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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Theil II. seit Justinian,
die unehelichen Kinder eine eigene Rücksicht,
und die Vormundschaft geht mehr nach Reichs-
und Landesgesetzen, als nach dem Römischen
Rechte, aus welchem die Lage verschiedener
Religionsverwandten wohl auch nicht beur-
theilt werden darf. In der Erbfolge erschei-
nen die Erbverträge, neue Bestimmungen
über Testamente und IntestatErbrecht vor-
züglich den Ehegatten, und die Stammgü-
ter. Im Processe muß sowohl die Gerichts-
verfassung, als die Art des Verfahrens,
hier gelehrt werden, wenn man sie nicht
höchst unschicklich unter die Römische mischen
will.

§. 208.

Das Lehenrecht ist, so wie das Cano-
nische
, noch immer im Besitze, ein eigenes
vollständiges Collegium auszumachen. Ge-
gen letzteres, unter welchem man jetzt Ca-
tholisches und Protestantisches Kirchenrecht
begreift, hat man erinnert, daß es für Ca-
tholiken nicht befriedigend sey, und daß Pro-
testanten mehr Nutzen davon haben würden,
wenn man es mit einem Unterrichte in der
Kirchenhistorie verbände. Diese mehr hi-
storische Behandlung ist auch für das Cri-
minalrecht
vorgeschlagen worden, statt daß
es jetzt nur philosophische Lehren über die
Moralität der menschlichen Handlungen, ei-

ne

Theil II. ſeit Juſtinian,
die unehelichen Kinder eine eigene Ruͤckſicht,
und die Vormundſchaft geht mehr nach Reichs-
und Landesgeſetzen, als nach dem Roͤmiſchen
Rechte, aus welchem die Lage verſchiedener
Religionsverwandten wohl auch nicht beur-
theilt werden darf. In der Erbfolge erſchei-
nen die Erbvertraͤge, neue Beſtimmungen
uͤber Teſtamente und InteſtatErbrecht vor-
zuͤglich den Ehegatten, und die Stammguͤ-
ter. Im Proceſſe muß ſowohl die Gerichts-
verfaſſung, als die Art des Verfahrens,
hier gelehrt werden, wenn man ſie nicht
hoͤchſt unſchicklich unter die Roͤmiſche miſchen
will.

§. 208.

Das Lehenrecht iſt, ſo wie das Cano-
niſche
, noch immer im Beſitze, ein eigenes
vollſtaͤndiges Collegium auszumachen. Ge-
gen letzteres, unter welchem man jetzt Ca-
tholiſches und Proteſtantiſches Kirchenrecht
begreift, hat man erinnert, daß es fuͤr Ca-
tholiken nicht befriedigend ſey, und daß Pro-
teſtanten mehr Nutzen davon haben wuͤrden,
wenn man es mit einem Unterrichte in der
Kirchenhiſtorie verbaͤnde. Dieſe mehr hi-
ſtoriſche Behandlung iſt auch fuͤr das Cri-
minalrecht
vorgeſchlagen worden, ſtatt daß
es jetzt nur philoſophiſche Lehren uͤber die
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[256/0268] Theil II. ſeit Juſtinian, die unehelichen Kinder eine eigene Ruͤckſicht, und die Vormundſchaft geht mehr nach Reichs- und Landesgeſetzen, als nach dem Roͤmiſchen Rechte, aus welchem die Lage verſchiedener Religionsverwandten wohl auch nicht beur- theilt werden darf. In der Erbfolge erſchei- nen die Erbvertraͤge, neue Beſtimmungen uͤber Teſtamente und InteſtatErbrecht vor- zuͤglich den Ehegatten, und die Stammguͤ- ter. Im Proceſſe muß ſowohl die Gerichts- verfaſſung, als die Art des Verfahrens, hier gelehrt werden, wenn man ſie nicht hoͤchſt unſchicklich unter die Roͤmiſche miſchen will. §. 208. Das Lehenrecht iſt, ſo wie das Cano- niſche, noch immer im Beſitze, ein eigenes vollſtaͤndiges Collegium auszumachen. Ge- gen letzteres, unter welchem man jetzt Ca- tholiſches und Proteſtantiſches Kirchenrecht begreift, hat man erinnert, daß es fuͤr Ca- tholiken nicht befriedigend ſey, und daß Pro- teſtanten mehr Nutzen davon haben wuͤrden, wenn man es mit einem Unterrichte in der Kirchenhiſtorie verbaͤnde. Dieſe mehr hi- ſtoriſche Behandlung iſt auch fuͤr das Cri- minalrecht vorgeſchlagen worden, ſtatt daß es jetzt nur philoſophiſche Lehren uͤber die Moralitaͤt der menſchlichen Handlungen, ei- ne

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/268>, abgerufen am 23.04.2024.