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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Theil I. bis Justinian.
culier. Aber wo weder der bloße Besitz,
noch das Factum, sondern die Rechtsfrage
streitig war, da wandte man sich an die
centumviri und decemviri litibus judican-
dis.

Vervielfältigung der Instanzen, dieses
höchst unvollkommene Mittel gegen eine
andre Unvollkommenheit, kannte man in
Rom noch wenig. Die appellatio tribuno-
rum
war gar nicht unsre Appellation, son-
dern das was in jedem Staate seyn muß.

§. 61.

C. Strafgesetze.

1. Die Strafgewalt war ganz getrennt von
jurisdictio, sobald man die Sache criminal
behandelte; aber viele Vergehen gaben
noch blos dem Beschädigten ein Recht.
Bey Criminalsachen kam es auf imperium
an, und Sherif war der künftige Gouver-
neur, den das Loos gerade dieser Art von
Verbrechen getroffen hatte (cui ea quae-
stio obvenerat).
Die Geschwohrnen (ju-
dices)
waren zahlreich genug, um als Re-
präsentanten des Souverains angesehen zu
werden; sie entschieden also nicht blos über
das Factum, sondern sie begnadigten auch.
Jede lex über ein judicium publicum be-
stimm-

Theil I. bis Juſtinian.
culier. Aber wo weder der bloße Beſitz,
noch das Factum, ſondern die Rechtsfrage
ſtreitig war, da wandte man ſich an die
centumviri und decemviri litibus judican-
dis.

Vervielfaͤltigung der Inſtanzen, dieſes
hoͤchſt unvollkommene Mittel gegen eine
andre Unvollkommenheit, kannte man in
Rom noch wenig. Die appellatio tribuno-
rum
war gar nicht unſre Appellation, ſon-
dern das was in jedem Staate ſeyn muß.

§. 61.

C. Strafgeſetze.

1. Die Strafgewalt war ganz getrennt von
jurisdictio, ſobald man die Sache criminal
behandelte; aber viele Vergehen gaben
noch blos dem Beſchaͤdigten ein Recht.
Bey Criminalſachen kam es auf imperium
an, und Sherif war der kuͤnftige Gouver-
neur, den das Loos gerade dieſer Art von
Verbrechen getroffen hatte (cui ea quae-
ſtio obvenerat).
Die Geſchwohrnen (ju-
dices)
waren zahlreich genug, um als Re-
praͤſentanten des Souverains angeſehen zu
werden; ſie entſchieden alſo nicht blos uͤber
das Factum, ſondern ſie begnadigten auch.
Jede lex uͤber ein judicium publicum be-
ſtimm-
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[58/0070] Theil I. bis Juſtinian. culier. Aber wo weder der bloße Beſitz, noch das Factum, ſondern die Rechtsfrage ſtreitig war, da wandte man ſich an die centumviri und decemviri litibus judican- dis. Vervielfaͤltigung der Inſtanzen, dieſes hoͤchſt unvollkommene Mittel gegen eine andre Unvollkommenheit, kannte man in Rom noch wenig. Die appellatio tribuno- rum war gar nicht unſre Appellation, ſon- dern das was in jedem Staate ſeyn muß. §. 61. C. Strafgeſetze. 1. Die Strafgewalt war ganz getrennt von jurisdictio, ſobald man die Sache criminal behandelte; aber viele Vergehen gaben noch blos dem Beſchaͤdigten ein Recht. Bey Criminalſachen kam es auf imperium an, und Sherif war der kuͤnftige Gouver- neur, den das Loos gerade dieſer Art von Verbrechen getroffen hatte (cui ea quae- ſtio obvenerat). Die Geſchwohrnen (ju- dices) waren zahlreich genug, um als Re- praͤſentanten des Souverains angeſehen zu werden; ſie entſchieden alſo nicht blos uͤber das Factum, ſondern ſie begnadigten auch. Jede lex uͤber ein judicium publicum be- ſtimm-

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/70>, abgerufen am 25.04.2024.