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Humboldt, Alexander von: Erklärung [Beantwortung von Anfragen betreffend den von Alexander von Humboldt entdeckten Magnetberg]. In: Allgemeine Literatur-Zeitung. Intelligenzblatt. Nr. 38 (1797) Sp. 323-326.

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IV. Erklärung.

In dem 169. Stück des Intelligenzblatts der A. L. Z.
1796. habe ich eine vorläufige Nachricht von dem grossen
Magnetberge, den ich im verflossenen Herbste im mittle-
ren Deutschlande entdeckt, bekannt gemacht. Die Leb-
haftigkeit, mit welcher vaterländische Naturforscher sich
seitdem mit dieser und anderen verwandten Erscheinun-
gen beschäftigt haben, beweiset, wie sehr der Geist der
Nachforschung unter uns rege ist. Wichtigere chemische
und physiologische Arbeiten, die ich unablässig zu ver-
vollkommen strebe, hindern mich, jenem geologischen
Phänomene eine grössere Musse zu widmen. Doch halte
ich es für meine Pflicht in einer Sache, wo apodictische
Entscheidung unmöglich ist, und wo der wahre Gesichts-
punkt daher um so leichter verrückt werden kann, eini-
ge Fragen, welche achtungswerthe Männer an mich ge-
than, hiermit öffentlich zu beantworten. 1. Ist das Fossil,
welchem jene auffallende, bis zu den kleinsten Atomen
sichtbare Polarität adhärirt, wirklicher Serpentinstein?
--
Der magnetische Gebirgsrücken gehört zu der Serpentin-
steinformazion
. Er enthält sehr verschiedeue Lager von
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reinem lauchgrünen, an der Oberfläche verwittertem
Serpentinstein, von Chloritschiefer, Hornblendschiefer, und
Mittelgattungen, die an Syenitschiefer und Topfstein
grenzen. Geognesten, welche die Gebirge in der freyen
Natur
beobachtet haben, werden sich über das Zusam-
menseyn (Zusammenbrechen) dieser Fossilien nicht wun-
dern. Auch sind die oryktognostischen Unterschiede hier
ganz gleichgültig, da es eine Thatsache ist, dass sich
von zwey Stücken, welche neben einander brechen, und
in denen sowohl durch die Lupe, als nach kleinen che-
mischen Versuchen kein Unterschied der Mischung zu
bemerken ist, das eine wirksam, das andere unwirksam
bezeigt. Dagegen üben oft zwey andere ganz heterogene
Stücke, von denen das eine reiner Serpentinstein, das
andere wahres Hornblendegestein ist, eine gleich starke
magnetische Kraft aus. Hieraus folgt von selbst, dass so
nothwendig die chemische Untersuchung jener Gebirgs-
art auf regulinisches, nicht oxydirtes Eisen ist, so frucht-
los jede Bemühung einer völligen Zerlegung seyn wird.
Jede Felskuppe jenes Magnetberges würde andere Resul-
tate geben. 2. Hat das Fossil oder vielmehr haben die Ge-
birgsarten aus welchen der Magnetberg besteht, einen
beträchtlichen Eisengehalt?
-- Bey der grossen Verschie-
denheit der Mischung ist diese Frage weder zu bejahen,
noch zu verneinen. Sollten auch Stücke entdeckt wer-
den, die 40-60 p. C. Eisen enthielten, so könnte diese
Entdeckung doch nur wenig Aufklärung geben, da meh-
rere überaus wirksame Stücke, die ich auf Nicholson's
Wage gewogen, kaum ein spez. Gewicht von 1,91.
(Wasser=1) haben. Ein grosser Chemist, dessen An-
sehen besonders in der analytischen Chemie allgemein
anerkannt ist, meldet mir, dass er wirksame Stücke, in
denen die Lupe nichts metallisches zeigte, untersucht
und, wie ich, nur höchst oxydirtes Eisen gefunden habe.
Hiedurch wird demnach bestätigt; was ich vor fünf Mo-
naten, wenige Tage nach der ersten Entdeckung äusser-
te; dass man sich die magnetische Kraft entweder dem
vollkommenen Eisenkalche, womit das Fossil tingirt ist, oder
den erdigten Stoffen adhärirend denken müsse. Der Um-
stand, dass man bisher nur regulinisches oder höchst
schwach oxydirtes Eisen magnetisch befunden hat, und
die Erfahrung, dass die Wirksamkeit der Stücke oft
im umgekehrtem Verhältniss zu ihrem Gewichte steht,
spricht sogar für den letzteren Satz jener Alternative.
3. Ist sein eingesprengter Magnet-Eisenstein die Ursache
jener magnetischen Polarität?
-- Unter den vielen Stük-
ken, welche seit den letzten Monaten zerschlagen und
untersucht worden sind, haben sich allerdings einige ge-
zeigt, in denen Talk, Glimmer, gemeine Hornblende,
dichter Feldspath, Schwefelkies und selbst Magnet-Ei-
senstein eingesprengt ist. Herr Oberbergrath Karsten
äussert sich hierüber in einem Briefe an mich auf eine
Art, welche den Gesichtspunkt der Streitfrage sehr rich-
tig bestimmt: "Ich sehe mit blossen Augen hier und da
"sehr fein eingesprengten Magnet-Eisenstein, andere
"sehen ihn wenigstens mit dem Mikroscop. Ich halte
"diesen Magnet-Eisenstein aber für ganz zufällig und
"schlechterdings für unzusammenhängend mit dem Haupt-
"phänomen des Gebirgsrückens. Ich glaube, dass er
"wenig oder gar keinen Einfluss auf die physikalischen

"Ei-


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IV. Erklärung.

In dem 169. Stück des Intelligenzblatts der A. L. Z.
1796. habe ich eine vorläufige Nachricht von dem groſsen
Magnetberge, den ich im verfloſſenen Herbſte im mittle-
ren Deutſchlande entdeckt, bekannt gemacht. Die Leb-
haftigkeit, mit welcher vaterländiſche Naturforſcher ſich
ſeitdem mit dieſer und anderen verwandten Erſcheinun-
gen beſchäftigt haben, beweiſet, wie ſehr der Geiſt der
Nachforſchung unter uns rege iſt. Wichtigere chemiſche
und phyſiologiſche Arbeiten, die ich unabläſsig zu ver-
vollkommen ſtrebe, hindern mich, jenem geologiſchen
Phänomene eine gröſsere Muſse zu widmen. Doch halte
ich es für meine Pflicht in einer Sache, wo apodictiſche
Entſcheidung unmöglich iſt, und wo der wahre Geſichts-
punkt daher um ſo leichter verrückt werden kann, eini-
ge Fragen, welche achtungswerthe Männer an mich ge-
than, hiermit öffentlich zu beantworten. 1. Iſt das Foſſil,
welchem jene auffallende, bis zu den kleinſten Atomen
ſichtbare Polarität adhärirt, wirklicher Serpentinſtein?

Der magnetiſche Gebirgsrücken gehört zu der Serpentin-
ſteinformazion
. Er enthält ſehr verſchiedeue Lager von
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reinem lauchgrünen, an der Oberfläche verwittertem
Serpentinſtein, von Chloritſchiefer, Hornblendſchiefer, und
Mittelgattungen, die an Syenitſchiefer und Topfſtein
grenzen. Geogneſten, welche die Gebirge in der freyen
Natur
beobachtet haben, werden ſich über das Zuſam-
menſeyn (Zuſammenbrechen) dieſer Foſſilien nicht wun-
dern. Auch ſind die oryktognoſtiſchen Unterſchiede hier
ganz gleichgültig, da es eine Thatſache iſt, daſs ſich
von zwey Stücken, welche neben einander brechen, und
in denen ſowohl durch die Lupe, als nach kleinen che-
miſchen Verſuchen kein Unterſchied der Miſchung zu
bemerken iſt, das eine wirkſam, das andere unwirkſam
bezeigt. Dagegen üben oft zwey andere ganz heterogene
Stücke, von denen das eine reiner Serpentinſtein, das
andere wahres Hornblendegeſtein iſt, eine gleich ſtarke
magnetiſche Kraft aus. Hieraus folgt von ſelbſt, daſs ſo
nothwendig die chemiſche Unterſuchung jener Gebirgs-
art auf reguliniſches, nicht oxydirtes Eiſen iſt, ſo frucht-
los jede Bemühung einer völligen Zerlegung ſeyn wird.
Jede Felskuppe jenes Magnetberges würde andere Reſul-
tate geben. 2. Hat das Foſſil oder vielmehr haben die Ge-
birgsarten aus welchen der Magnetberg beſteht, einen
beträchtlichen Eiſengehalt?
— Bey der groſsen Verſchie-
denheit der Miſchung iſt dieſe Frage weder zu bejahen,
noch zu verneinen. Sollten auch Stücke entdeckt wer-
den, die 40-60 p. C. Eiſen enthielten, ſo könnte dieſe
Entdeckung doch nur wenig Aufklärung geben, da meh-
rere überaus wirkſame Stücke, die ich auf Nicholſon's
Wage gewogen, kaum ein ſpez. Gewicht von 1,91.
(Waſſer=1) haben. Ein groſser Chemiſt, deſſen An-
ſehen beſonders in der analytiſchen Chemie allgemein
anerkannt iſt, meldet mir, daſs er wirkſame Stücke, in
denen die Lupe nichts metalliſches zeigte, unterſucht
und, wie ich, nur höchſt oxydirtes Eiſen gefunden habe.
Hiedurch wird demnach beſtätigt; was ich vor fünf Mo-
naten, wenige Tage nach der erſten Entdeckung äuſſer-
te; daſs man ſich die magnetiſche Kraft entweder dem
vollkommenen Eiſenkalche, womit das Foſſil tingirt iſt, oder
den erdigten Stoffen adhärirend denken müſſe. Der Um-
ſtand, daſs man bisher nur reguliniſches oder höchſt
ſchwach oxydirtes Eiſen magnetiſch befunden hat, und
die Erfahrung, daſs die Wirkſamkeit der Stücke oft
im umgekehrtem Verhältniſs zu ihrem Gewichte ſteht,
ſpricht ſogar für den letzteren Satz jener Alternative.
3. Iſt ſein eingeſprengter Magnet-Eiſenſtein die Urſache
jener magnetiſchen Polarität?
— Unter den vielen Stük-
ken, welche ſeit den letzten Monaten zerſchlagen und
unterſucht worden ſind, haben ſich allerdings einige ge-
zeigt, in denen Talk, Glimmer, gemeine Hornblende,
dichter Feldſpath, Schwefelkies und ſelbſt Magnet-Ei-
ſenſtein eingeſprengt iſt. Herr Oberbergrath Karſten
äuſsert ſich hierüber in einem Briefe an mich auf eine
Art, welche den Geſichtspunkt der Streitfrage ſehr rich-
tig beſtimmt: „Ich ſehe mit bloſsen Augen hier und da
„ſehr fein eingeſprengten Magnet-Eiſenſtein, andere
„ſehen ihn wenigſtens mit dem Mikroſcop. Ich halte
„dieſen Magnet-Eiſenſtein aber für ganz zufällig und
„ſchlechterdings für unzuſammenhängend mit dem Haupt-
„phänomen des Gebirgsrückens. Ich glaube, daſs er
„wenig oder gar keinen Einfluſs auf die phyſikaliſchen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Erklärung [Beantwortung von Anfragen betreffend den von Alexander von Humboldt entdeckten Magnetberg]. In: Allgemeine Literatur-Zeitung. Intelligenzblatt. Nr. 38 (1797) Sp. 323-326, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_erklaerung_1797/2>, abgerufen am 28.03.2024.