Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.planetarischer Geschwindigkeit sich bewegende Massen zu betrachten, die im Weltraume nach den Gesetzen der allgemeinen Schwere in Kegelschnitten um die Sonne kreisen. Wenn diese Massen in ihrem Laufe der Erde begegnen und, von ihr angezogen, an den Grenzen unsrer Atmosphäre leuchtend werden, so lassen sie öfters mehr oder minder erhitzte, mit einer schwarzen glänzenden Rinde überzogene steinartige Fragmente herabfallen. Bei aufmerksamer Zergliederung von dem, was in den Epochen, wo Sternschnuppenschwärme periodisch fielen (in Cumana 1799, in Nordamerika 1833 und 1834), beobachtet wurde, bleibt es nicht erlaubt, die Feuerkugeln von den Sternschnuppen zu trennen. Beide Phänomene sind oft nicht bloß gleichzeitig und gemischt, sie gehen auch in einander über: man möge die Größe der Scheiben, oder das Funkensprühen, oder die Geschwindigkeiten der Bewegung mit einander vergleichen. Während die platzenden, Rauch ausstoßenden, selbst in der Tropenhelle des Tages28 alles erleuchtenden Feuerkugeln bisweilen den scheinbaren Durchmesser des Mondes übertreffen, sind dagegen auch Sternschnuppen in zahlloser Menge von solcher Kleinheit gesehen worden, daß sie in der Form fortschreitender Punkte sich nur wie phosphorische Linien29 sichtbar machten. Ob übrigens unter den vielen leuchtenden Körpern, die am Himmel als sternähnliche Funken fortschießen, nicht auch einige ganz verschiedenartiger Natur sind, bleibt bis jetzt unentschieden. Wenn ich gleich nach meiner Rückkunft aus der Aequinoctialzone von dem Eindrucke befangen war, als sei mir unter den Tropen, in den heißesten Ebenen, wie auf Höhen von zwölf- oder funfzehntausend Fuß der Fall planetarischer Geschwindigkeit sich bewegende Massen zu betrachten, die im Weltraume nach den Gesetzen der allgemeinen Schwere in Kegelschnitten um die Sonne kreisen. Wenn diese Massen in ihrem Laufe der Erde begegnen und, von ihr angezogen, an den Grenzen unsrer Atmosphäre leuchtend werden, so lassen sie öfters mehr oder minder erhitzte, mit einer schwarzen glänzenden Rinde überzogene steinartige Fragmente herabfallen. Bei aufmerksamer Zergliederung von dem, was in den Epochen, wo Sternschnuppenschwärme periodisch fielen (in Cumana 1799, in Nordamerika 1833 und 1834), beobachtet wurde, bleibt es nicht erlaubt, die Feuerkugeln von den Sternschnuppen zu trennen. Beide Phänomene sind oft nicht bloß gleichzeitig und gemischt, sie gehen auch in einander über: man möge die Größe der Scheiben, oder das Funkensprühen, oder die Geschwindigkeiten der Bewegung mit einander vergleichen. Während die platzenden, Rauch ausstoßenden, selbst in der Tropenhelle des Tages28 alles erleuchtenden Feuerkugeln bisweilen den scheinbaren Durchmesser des Mondes übertreffen, sind dagegen auch Sternschnuppen in zahlloser Menge von solcher Kleinheit gesehen worden, daß sie in der Form fortschreitender Punkte sich nur wie phosphorische Linien29 sichtbar machten. Ob übrigens unter den vielen leuchtenden Körpern, die am Himmel als sternähnliche Funken fortschießen, nicht auch einige ganz verschiedenartiger Natur sind, bleibt bis jetzt unentschieden. Wenn ich gleich nach meiner Rückkunft aus der Aequinoctialzone von dem Eindrucke befangen war, als sei mir unter den Tropen, in den heißesten Ebenen, wie auf Höhen von zwölf- oder funfzehntausend Fuß der Fall <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="121"/> planetarischer Geschwindigkeit sich bewegende Massen zu betrachten, die im Weltraume nach den Gesetzen der allgemeinen Schwere in Kegelschnitten um die Sonne kreisen. Wenn diese Massen in ihrem Laufe der Erde begegnen und, von ihr angezogen, an den Grenzen unsrer Atmosphäre leuchtend werden, so lassen sie öfters mehr oder minder erhitzte, mit einer schwarzen glänzenden Rinde überzogene steinartige Fragmente herabfallen. Bei aufmerksamer Zergliederung von dem, was in den Epochen, wo <hi rendition="#g">Sternschnuppenschwärme</hi> periodisch fielen (in Cumana 1799, in Nordamerika 1833 und 1834), beobachtet wurde, bleibt es nicht erlaubt, die Feuerkugeln von den Sternschnuppen zu trennen. Beide Phänomene sind oft nicht bloß gleichzeitig und gemischt, sie gehen auch in einander über: man möge die Größe der Scheiben, oder das Funkensprühen, oder die Geschwindigkeiten der Bewegung mit einander vergleichen. Während die platzenden, Rauch ausstoßenden, selbst in der Tropenhelle des Tages<note xml:id="ftn58" n="28" place="end" next="ftn58-text"/> alles erleuchtenden Feuerkugeln bisweilen den scheinbaren Durchmesser des Mondes übertreffen, sind dagegen auch Sternschnuppen in zahlloser Menge von solcher Kleinheit gesehen worden, daß sie in der Form fortschreitender Punkte sich nur wie <hi rendition="#g">phosphorische Linien</hi><note xml:id="ftn59" n="29" place="end" next="ftn59-text"/> sichtbar machten. Ob übrigens unter den vielen leuchtenden Körpern, die am Himmel als sternähnliche Funken fortschießen, nicht auch einige ganz verschiedenartiger Natur sind, bleibt bis jetzt unentschieden. Wenn ich gleich nach meiner Rückkunft aus der Aequinoctialzone von dem Eindrucke befangen war, als sei mir unter den Tropen, in den heißesten Ebenen, wie auf Höhen von zwölf- oder funfzehntausend Fuß der Fall </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0140]
planetarischer Geschwindigkeit sich bewegende Massen zu betrachten, die im Weltraume nach den Gesetzen der allgemeinen Schwere in Kegelschnitten um die Sonne kreisen. Wenn diese Massen in ihrem Laufe der Erde begegnen und, von ihr angezogen, an den Grenzen unsrer Atmosphäre leuchtend werden, so lassen sie öfters mehr oder minder erhitzte, mit einer schwarzen glänzenden Rinde überzogene steinartige Fragmente herabfallen. Bei aufmerksamer Zergliederung von dem, was in den Epochen, wo Sternschnuppenschwärme periodisch fielen (in Cumana 1799, in Nordamerika 1833 und 1834), beobachtet wurde, bleibt es nicht erlaubt, die Feuerkugeln von den Sternschnuppen zu trennen. Beide Phänomene sind oft nicht bloß gleichzeitig und gemischt, sie gehen auch in einander über: man möge die Größe der Scheiben, oder das Funkensprühen, oder die Geschwindigkeiten der Bewegung mit einander vergleichen. Während die platzenden, Rauch ausstoßenden, selbst in der Tropenhelle des Tages
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alles erleuchtenden Feuerkugeln bisweilen den scheinbaren Durchmesser des Mondes übertreffen, sind dagegen auch Sternschnuppen in zahlloser Menge von solcher Kleinheit gesehen worden, daß sie in der Form fortschreitender Punkte sich nur wie phosphorische Linien
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sichtbar machten. Ob übrigens unter den vielen leuchtenden Körpern, die am Himmel als sternähnliche Funken fortschießen, nicht auch einige ganz verschiedenartiger Natur sind, bleibt bis jetzt unentschieden. Wenn ich gleich nach meiner Rückkunft aus der Aequinoctialzone von dem Eindrucke befangen war, als sei mir unter den Tropen, in den heißesten Ebenen, wie auf Höhen von zwölf- oder funfzehntausend Fuß der Fall
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <http://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/140>, abgerufen am 17.01.2021. |