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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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nach bestimmten Gesetzen wechselnden Wirkungen der Intensität, Neigung und Abweichung betrachtet haben. Jene eben genannten Thätigkeits-Richtungen der Materie sind nahe verwandte1 Aeußerungen einer und derselben Urkraft. Am unabhängigsten von aller Stoff-Verschiedenheit treten dieselben in der Gravitation und Molecular-Anziehung auf. Wir haben unseren Planeten dabei in seiner kosmischen Beziehung zu dem Centralkörper seines Systems dargestellt: weil die innere primitive Wärme, wahrscheinlich durch die Condensation eines rotirenden Nebelringes erzeugt, durch Sonnen-Einwirkung (Insolation) modificirt wird. In gleicher Hinsicht ist der periodischen Einwirkung der Sonnenflecken, d. h. der Frequenz oder Seltenheit der Oeffnungen in den Sonnen-Umhüllungen, auf den Erd-Magnetismus, nach Maaßgabe der neuesten Hypothesen, gedacht worden.

Die zweite Abtheilung dieses Bandes ist dem Complex derjenigen tellurischen Erscheinungen gewidmet, welche der noch fortwährend wirksamen Reaction des Inneren der Erde gegen ihre Oberfläche2 zuzuschreiben sind. Ich bezeichne diesen Complex mit dem allgemeinen Namen des Vulcanismus oder der Vulcanicität; und halte es für einen Gewinn, nicht zu trennen, was einen ursachlichen Zusammenhang hat, nur der Stärke der Kraftäußerung und der Complication der physischen Vorgänge nach verschieden ist. In dieser Allgemeinheit der Ansicht erhalten kleine, unbedeutend scheinende Phänomene eine größere Bedeutung. Wer als ein wissenschaftlich unvorbereiteter Beobachter zum ersten Male an das Becken tritt, welches eine heiße Quelle füllt, und lichtverlöschende Gas-Arten darin aufsteigen sieht; wer zwischen Reihen veränderlicher Kegel von Schlamm-Vulkanen wandelt, die

nach bestimmten Gesetzen wechselnden Wirkungen der Intensität, Neigung und Abweichung betrachtet haben. Jene eben genannten Thätigkeits-Richtungen der Materie sind nahe verwandte1 Aeußerungen einer und derselben Urkraft. Am unabhängigsten von aller Stoff-Verschiedenheit treten dieselben in der Gravitation und Molecular-Anziehung auf. Wir haben unseren Planeten dabei in seiner kosmischen Beziehung zu dem Centralkörper seines Systems dargestellt: weil die innere primitive Wärme, wahrscheinlich durch die Condensation eines rotirenden Nebelringes erzeugt, durch Sonnen-Einwirkung (Insolation) modificirt wird. In gleicher Hinsicht ist der periodischen Einwirkung der Sonnenflecken, d. h. der Frequenz oder Seltenheit der Oeffnungen in den Sonnen-Umhüllungen, auf den Erd-Magnetismus, nach Maaßgabe der neuesten Hypothesen, gedacht worden.

Die zweite Abtheilung dieses Bandes ist dem Complex derjenigen tellurischen Erscheinungen gewidmet, welche der noch fortwährend wirksamen Reaction des Inneren der Erde gegen ihre Oberfläche2 zuzuschreiben sind. Ich bezeichne diesen Complex mit dem allgemeinen Namen des Vulcanismus oder der Vulcanicität; und halte es für einen Gewinn, nicht zu trennen, was einen ursachlichen Zusammenhang hat, nur der Stärke der Kraftäußerung und der Complication der physischen Vorgänge nach verschieden ist. In dieser Allgemeinheit der Ansicht erhalten kleine, unbedeutend scheinende Phänomene eine größere Bedeutung. Wer als ein wissenschaftlich unvorbereiteter Beobachter zum ersten Male an das Becken tritt, welches eine heiße Quelle füllt, und lichtverlöschende Gas-Arten darin aufsteigen sieht; wer zwischen Reihen veränderlicher Kegel von Schlamm-Vulkanen wandelt, die

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[212/0217] nach bestimmten Gesetzen wechselnden Wirkungen der Intensität, Neigung und Abweichung betrachtet haben. Jene eben genannten Thätigkeits-Richtungen der Materie sind nahe verwandte ¹ Aeußerungen einer und derselben Urkraft. Am unabhängigsten von aller Stoff-Verschiedenheit treten dieselben in der Gravitation und Molecular-Anziehung auf. Wir haben unseren Planeten dabei in seiner kosmischen Beziehung zu dem Centralkörper seines Systems dargestellt: weil die innere primitive Wärme, wahrscheinlich durch die Condensation eines rotirenden Nebelringes erzeugt, durch Sonnen-Einwirkung (Insolation) modificirt wird. In gleicher Hinsicht ist der periodischen Einwirkung der Sonnenflecken, d. h. der Frequenz oder Seltenheit der Oeffnungen in den Sonnen-Umhüllungen, auf den Erd-Magnetismus, nach Maaßgabe der neuesten Hypothesen, gedacht worden. Die zweite Abtheilung dieses Bandes ist dem Complex derjenigen tellurischen Erscheinungen gewidmet, welche der noch fortwährend wirksamen Reaction des Inneren der Erde gegen ihre Oberfläche ² zuzuschreiben sind. Ich bezeichne diesen Complex mit dem allgemeinen Namen des Vulcanismus oder der Vulcanicität; und halte es für einen Gewinn, nicht zu trennen, was einen ursachlichen Zusammenhang hat, nur der Stärke der Kraftäußerung und der Complication der physischen Vorgänge nach verschieden ist. In dieser Allgemeinheit der Ansicht erhalten kleine, unbedeutend scheinende Phänomene eine größere Bedeutung. Wer als ein wissenschaftlich unvorbereiteter Beobachter zum ersten Male an das Becken tritt, welches eine heiße Quelle füllt, und lichtverlöschende Gas-Arten darin aufsteigen sieht; wer zwischen Reihen veränderlicher Kegel von Schlamm-Vulkanen wandelt, die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/217>, abgerufen am 20.04.2024.