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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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10 (S. 218.) Zweifel über die Wirkung auf das geschmolzene "subjacent fluid confined into internal lakes" hat Hopkins geäußert im Meeting of the British Assoc. in 1847 p. 57; wie über the subterraneous lava tidal wave, moving the solid crust above it, Mallet im Meeting in 1850 p. 20. Auch Poisson, mit dem ich mehrmals über die Hypothese der unterirdischen Ebbe und Fluth durch Mond und Sonne gesprochen, hielt den Impuls, den er nicht läugnete, für unbedeutend, "da im freien Meere die Wirkung ja kaum 14 Zoll betrage". Dagegen sagte Ampere: Ceux qui admettent la liquidite du noyau interieur de la terre, paraissent ne pas avoir songe assez a l'action qu'exercerait la lune sur cette enorme masse liquide: action d'ou resulteraient des marees analogues a celles de nos mers, mais bien autrement terribles, tant par leur etendue que par la densite du liquide. Il est difficile de concevoir, comment l'enveloppe de la terre pourrait resister, etant incessamment battue par une espece de belier hydraulique (?) de 1400 lieues de longueur. (Ampere, Theorie de la Terre in der Revue des deux Mondes juillet 1833 p. 148.) Ist das Erdinnere flüssig, wie im allgemeinen nicht zu bezweifeln ist, da trotz des ungeheuren Druckes die Theilchen doch verschiebbar bleiben; so sind in dem Erdinneren dieselben Bedingungen enthalten, welche an der Erdoberfläche die Fluth des Weltmeeres erzeugen: und es wird die fluth-erregende Kraft in größerer Nähe beim Mittelpunkte immer schwächer werden, da der Unterschied der Entfernungen von je zwei entgegengesetzt liegenden Punkten, in ihrer Relation zu den anziehenden Gestirnen betrachtet, in größerer Tiefe unter der Oberfläche immer kleiner wird, die Kraft aber allein von dem Unterschiede der Entfernungen abhängt. Wenn die feste Erdrinde diesem Bestreben einen Widerstand entgegensetzt, so wird das Erdinnere an diesen Stellen nur einen Druck gegen die Erdrinde ausüben: es wird (wie mein astronomischer Freund Dr. Brünnow sich ausdrückt) so wenig Fluth entstehen, als wenn das Weltmeer eine unzersprengbare Eisdecke hätte. Die Dicke der festen, ungeschmolzenen Erdrinde wird berechnet nach dem Schmelzpunkt der Gebirgsarten und dem Gesetze der Wärme-Zunahme von der Oberfläche der Erde in die Tiefe. Ich habe bereits oben (Kosmos Bd. I. S. 27 und 48) die Vermuthung gerechtfertigt, daß etwas über fünf geogr. Meilen (5 4/10)
10 (S. 218.) Zweifel über die Wirkung auf das geschmolzene »subjacent fluid confined into internal lakes« hat Hopkins geäußert im Meeting of the British Assoc. in 1847 p. 57; wie über the subterraneous lava tidal wave, moving the solid crust above it, Mallet im Meeting in 1850 p. 20. Auch Poisson, mit dem ich mehrmals über die Hypothese der unterirdischen Ebbe und Fluth durch Mond und Sonne gesprochen, hielt den Impuls, den er nicht läugnete, für unbedeutend, „da im freien Meere die Wirkung ja kaum 14 Zoll betrage". Dagegen sagte Ampère: Ceux qui admettent la liquidité du noyau intérieur de la terre, paraissent ne pas avoir songé assez à l'action qu'exercerait la lune sur cette énorme masse liquide: action d'où résulteraient des marées analogues a celles de nos mers, mais bien autrement terribles, tant par leur étendue que par la densité du liquide. Il est difficile de concevoir, comment l'enveloppe de la terre pourrait résister, étant incessamment battue par une espèce de bélier hydraulique (?) de 1400 lieues de longueur. (Ampère, Théorie de la Terre in der Revue des deux Mondes juillet 1833 p. 148.) Ist das Erdinnere flüssig, wie im allgemeinen nicht zu bezweifeln ist, da trotz des ungeheuren Druckes die Theilchen doch verschiebbar bleiben; so sind in dem Erdinneren dieselben Bedingungen enthalten, welche an der Erdoberfläche die Fluth des Weltmeeres erzeugen: und es wird die fluth-erregende Kraft in größerer Nähe beim Mittelpunkte immer schwächer werden, da der Unterschied der Entfernungen von je zwei entgegengesetzt liegenden Punkten, in ihrer Relation zu den anziehenden Gestirnen betrachtet, in größerer Tiefe unter der Oberfläche immer kleiner wird, die Kraft aber allein von dem Unterschiede der Entfernungen abhängt. Wenn die feste Erdrinde diesem Bestreben einen Widerstand entgegensetzt, so wird das Erdinnere an diesen Stellen nur einen Druck gegen die Erdrinde ausüben: es wird (wie mein astronomischer Freund Dr. Brünnow sich ausdrückt) so wenig Fluth entstehen, als wenn das Weltmeer eine unzersprengbare Eisdecke hätte. Die Dicke der festen, ungeschmolzenen Erdrinde wird berechnet nach dem Schmelzpunkt der Gebirgsarten und dem Gesetze der Wärme-Zunahme von der Oberfläche der Erde in die Tiefe. Ich habe bereits oben (Kosmos Bd. I. S. 27 und 48) die Vermuthung gerechtfertigt, daß etwas über fünf geogr. Meilen (5 4/10)
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[488/0493] ¹⁰ (S. 218.) Zweifel über die Wirkung auf das geschmolzene »subjacent fluid confined into internal lakes« hat Hopkins geäußert im Meeting of the British Assoc. in 1847 p. 57; wie über the subterraneous lava tidal wave, moving the solid crust above it, Mallet im Meeting in 1850 p. 20. Auch Poisson, mit dem ich mehrmals über die Hypothese der unterirdischen Ebbe und Fluth durch Mond und Sonne gesprochen, hielt den Impuls, den er nicht läugnete, für unbedeutend, „da im freien Meere die Wirkung ja kaum 14 Zoll betrage". Dagegen sagte Ampère: Ceux qui admettent la liquidité du noyau intérieur de la terre, paraissent ne pas avoir songé assez à l'action qu'exercerait la lune sur cette énorme masse liquide: action d'où résulteraient des marées analogues a celles de nos mers, mais bien autrement terribles, tant par leur étendue que par la densité du liquide. Il est difficile de concevoir, comment l'enveloppe de la terre pourrait résister, étant incessamment battue par une espèce de bélier hydraulique (?) de 1400 lieues de longueur. (Ampère, Théorie de la Terre in der Revue des deux Mondes juillet 1833 p. 148.) Ist das Erdinnere flüssig, wie im allgemeinen nicht zu bezweifeln ist, da trotz des ungeheuren Druckes die Theilchen doch verschiebbar bleiben; so sind in dem Erdinneren dieselben Bedingungen enthalten, welche an der Erdoberfläche die Fluth des Weltmeeres erzeugen: und es wird die fluth-erregende Kraft in größerer Nähe beim Mittelpunkte immer schwächer werden, da der Unterschied der Entfernungen von je zwei entgegengesetzt liegenden Punkten, in ihrer Relation zu den anziehenden Gestirnen betrachtet, in größerer Tiefe unter der Oberfläche immer kleiner wird, die Kraft aber allein von dem Unterschiede der Entfernungen abhängt. Wenn die feste Erdrinde diesem Bestreben einen Widerstand entgegensetzt, so wird das Erdinnere an diesen Stellen nur einen Druck gegen die Erdrinde ausüben: es wird (wie mein astronomischer Freund Dr. Brünnow sich ausdrückt) so wenig Fluth entstehen, als wenn das Weltmeer eine unzersprengbare Eisdecke hätte. Die Dicke der festen, ungeschmolzenen Erdrinde wird berechnet nach dem Schmelzpunkt der Gebirgsarten und dem Gesetze der Wärme-Zunahme von der Oberfläche der Erde in die Tiefe. Ich habe bereits oben (Kosmos Bd. I. S. 27 und 48) die Vermuthung gerechtfertigt, daß etwas über fünf geogr. Meilen (5 4/10)

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/493>, abgerufen am 25.04.2024.