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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.

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Contact-Phänomen eines syenitartigen Granits, der den Kalkstein der Jura-Formation bei Predazzo bei der Cascade von Canzacoli in salinischen Marmor verwandelt.24 Die Auflagerung des Syenits und Granites bei Weinböhla und Hohnstein auf Pläner und Quader-Sandstein in Sachsen ist nach Naumann und Cotta jedenfalls durch eine Ueberschiebung des starren Granites über die Schichten der Kreide-Formation entstanden; und dürfte daher nicht sowohl für eine neue Bildung des Granits als vielmehr für das Ereigniß einer großartigen Dislocation nach der Kreide zeugen. Dagegen sprechen die Erscheinungen im Voigtlande und bei Strehla entschieden für eine jüngere Bildung der dortigen Granite in Vergleich zu den angrenzenden Schiefern: gerade wie in Schottland, am Harze und am Irtysch. Die scheinbaren Einschlüsse von Pläner im Granit von Zscheila bei Meißen sind von Gumprecht für späte Ausfüllungen von Klüften und Höhlungen des weit älteren Granites erkannt worden.

Die Abwesenheit fossiler organischer Einschlüsse in eruptiven endogenen Gebirgsmassen (plutonischen wie vulkanischen) berechtigt keinesweges zu dem Schlusse, daß ihre Ausbrüche, d. h. ihre Erscheinung an der Erdoberfläche, einer Zeit angehören müssen, in welcher das organische Leben: der Meer- und Landpflanzen, der Wasser- und Luftthiere25, noch nicht erwacht war. Die Abwesenheit solcher Einschlüsse ist Folge der endogenen Bildung in den heißen Tiefen der Erde: sei der Ausbruch, die Erhebung auch neuer als alle Kreidethiere. "Allerdings muß", wie ein geistreicher, vielumfassender Geologe sagt26, "mit Recht die ganze Reiche der sedimentären Formationen doch zuletzt von etwas getragen werden; die ältesten aller eruptiven Bildungen müssen eine Unterlage gefunden haben,

Contact-Phänomen eines syenitartigen Granits, der den Kalkstein der Jura-Formation bei Predazzo bei der Cascade von Canzacoli in salinischen Marmor verwandelt.24 Die Auflagerung des Syenits und Granites bei Weinböhla und Hohnstein auf Pläner und Quader-Sandstein in Sachsen ist nach Naumann und Cotta jedenfalls durch eine Ueberschiebung des starren Granites über die Schichten der Kreide-Formation entstanden; und dürfte daher nicht sowohl für eine neue Bildung des Granits als vielmehr für das Ereigniß einer großartigen Dislocation nach der Kreide zeugen. Dagegen sprechen die Erscheinungen im Voigtlande und bei Strehla entschieden für eine jüngere Bildung der dortigen Granite in Vergleich zu den angrenzenden Schiefern: gerade wie in Schottland, am Harze und am Irtysch. Die scheinbaren Einschlüsse von Pläner im Granit von Zscheila bei Meißen sind von Gumprecht für späte Ausfüllungen von Klüften und Höhlungen des weit älteren Granites erkannt worden.

Die Abwesenheit fossiler organischer Einschlüsse in eruptiven endogenen Gebirgsmassen (plutonischen wie vulkanischen) berechtigt keinesweges zu dem Schlusse, daß ihre Ausbrüche, d. h. ihre Erscheinung an der Erdoberfläche, einer Zeit angehören müssen, in welcher das organische Leben: der Meer- und Landpflanzen, der Wasser- und Luftthiere25, noch nicht erwacht war. Die Abwesenheit solcher Einschlüsse ist Folge der endogenen Bildung in den heißen Tiefen der Erde: sei der Ausbruch, die Erhebung auch neuer als alle Kreidethiere. „Allerdings muß“, wie ein geistreicher, vielumfassender Geologe sagt26, „mit Recht die ganze Reiche der sedimentären Formationen doch zuletzt von etwas getragen werden; die ältesten aller eruptiven Bildungen müssen eine Unterlage gefunden haben,

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[68/0075] Contact-Phänomen eines syenitartigen Granits, der den Kalkstein der Jura-Formation bei Predazzo bei der Cascade von Canzacoli in salinischen Marmor verwandelt. ²⁴ Die Auflagerung des Syenits und Granites bei Weinböhla und Hohnstein auf Pläner und Quader-Sandstein in Sachsen ist nach Naumann und Cotta jedenfalls durch eine Ueberschiebung des starren Granites über die Schichten der Kreide-Formation entstanden; und dürfte daher nicht sowohl für eine neue Bildung des Granits als vielmehr für das Ereigniß einer großartigen Dislocation nach der Kreide zeugen. Dagegen sprechen die Erscheinungen im Voigtlande und bei Strehla entschieden für eine jüngere Bildung der dortigen Granite in Vergleich zu den angrenzenden Schiefern: gerade wie in Schottland, am Harze und am Irtysch. Die scheinbaren Einschlüsse von Pläner im Granit von Zscheila bei Meißen sind von Gumprecht für späte Ausfüllungen von Klüften und Höhlungen des weit älteren Granites erkannt worden. Die Abwesenheit fossiler organischer Einschlüsse in eruptiven endogenen Gebirgsmassen (plutonischen wie vulkanischen) berechtigt keinesweges zu dem Schlusse, daß ihre Ausbrüche, d. h. ihre Erscheinung an der Erdoberfläche, einer Zeit angehören müssen, in welcher das organische Leben: der Meer- und Landpflanzen, der Wasser- und Luftthiere ²⁵ , noch nicht erwacht war. Die Abwesenheit solcher Einschlüsse ist Folge der endogenen Bildung in den heißen Tiefen der Erde: sei der Ausbruch, die Erhebung auch neuer als alle Kreidethiere. „Allerdings muß“, wie ein geistreicher, vielumfassender Geologe sagt ²⁶ , „mit Recht die ganze Reiche der sedimentären Formationen doch zuletzt von etwas getragen werden; die ältesten aller eruptiven Bildungen müssen eine Unterlage gefunden haben,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/75>, abgerufen am 29.03.2024.