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Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23.

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zerstreut, wahrscheinlich aus der Kalkstein-Formation, ein Vor-
kommen, den Vallecas bei Madrid analog. Um Toboso,
dessen Name Cervantes so weit und ruhmvoll verbreitet hat,
liegt auf dem Kalkstein abermals eine Sandstein-Formation
meist feinkörnig aus runden Quarzkörnern zusammengesetzt,
aber hier und da mit grobkörnigen Nagelfluhschichten ab-
wechselnd. Dieser Sandstein scheint nicht weit verbreitet zu
sein, und wegen Nähe des Granits von Toledo nehmen die
großen Quarzgeschiebe gegen Ocanna hin beträchtlich zu. Die
Schichten streichen hier, wie der Kalkstein, in der ganzen
Hochebene hor. 8-10 und fallen, mit 8 und 9, bald ge-
gen Norden, bald gegen Süden.

Quintanar del Orden 351 Toisen. Umher künst-
liche Salpeterpflanzungen, konische Lettenhaufen, die sich,
wenn die Luft sehr elektrisch ist, nach starkem Gewitter hier
(wie in Cuyavien in Ungarn) mit Salpeter bedecken. Pul-
vermühlen vier Meilen davon bei Alcazard de St. Juan,
wo die stärkste Salpeterproduktion ist. El Coral de Al-
maguer
360 Toisen.

Ocanna eine hübsche Stadt, 395 Toisen. Die gleiche
Höhe (zwischen 360 und 380 Toisen), in der die ganze
Fläche sich hinzieht, ist hier, wie in Frankreich, sehr auffal-
lend. In diesem letzteren Lande habe ich oft bemerkt, z. B.
bei Barometer-Messungen zwischen Paris und Metz, oder
zwischen Paris und Straßburg, daß selbst da, wo die Fläche
durch Schluchten oder kleine Hügelketten unterbrochen ist,
ihre Hebung auf 50 oder 60 Meilen Länge, als Fläche,
immer dasselbe Maximum erreicht. Setzt ein solches
Phänomen eine Gleichheit innerer hebender Kräfte voraus?

Eine halbe Stunde hinter Ocanna tritt man in das
weite Tajo-Thal, von einem ungeheuern Strom, von dem
nur einige Tropfen übrig sind, einst ausgefurcht. In dem
Thale selbst fesseln das Auge, kleine kaum 20 Toisen hohe
Kalkhügel, die sich prallig insel- und festungsförmig erheben,
und auf allen Seiten gestürzte Schichten darbieten. Aran-
juez
mit seinen herrlichen Gärten (in der heißen Jahreszeit

zerſtreut, wahrſcheinlich aus der Kalkſtein-Formation, ein Vor-
kommen, den Vallecas bei Madrid analog. Um Toboſo,
deſſen Name Cervantes ſo weit und ruhmvoll verbreitet hat,
liegt auf dem Kalkſtein abermals eine Sandſtein-Formation
meiſt feinkörnig aus runden Quarzkörnern zuſammengeſetzt,
aber hier und da mit grobkörnigen Nagelfluhſchichten ab-
wechſelnd. Dieſer Sandſtein ſcheint nicht weit verbreitet zu
ſein, und wegen Nähe des Granits von Toledo nehmen die
großen Quarzgeſchiebe gegen Ocaña hin beträchtlich zu. Die
Schichten ſtreichen hier, wie der Kalkſtein, in der ganzen
Hochebene hor. 8–10 und fallen, mit 8 und 9, bald ge-
gen Norden, bald gegen Süden.

Quintanar del Orden 351 Toiſen. Umher künſt-
liche Salpeterpflanzungen, koniſche Lettenhaufen, die ſich,
wenn die Luft ſehr elektriſch iſt, nach ſtarkem Gewitter hier
(wie in Cuyavien in Ungarn) mit Salpeter bedecken. Pul-
vermühlen vier Meilen davon bei Alcazard de St. Juan,
wo die ſtärkſte Salpeterproduktion iſt. El Coral de Al-
maguer
360 Toiſen.

Ocaña eine hübſche Stadt, 395 Toiſen. Die gleiche
Höhe (zwiſchen 360 und 380 Toiſen), in der die ganze
Fläche ſich hinzieht, iſt hier, wie in Frankreich, ſehr auffal-
lend. In dieſem letzteren Lande habe ich oft bemerkt, z. B.
bei Barometer-Meſſungen zwiſchen Paris und Metz, oder
zwiſchen Paris und Straßburg, daß ſelbſt da, wo die Fläche
durch Schluchten oder kleine Hügelketten unterbrochen iſt,
ihre Hebung auf 50 oder 60 Meilen Länge, als Fläche,
immer daſſelbe Maximum erreicht. Setzt ein ſolches
Phänomen eine Gleichheit innerer hebender Kräfte voraus?

Eine halbe Stunde hinter Ocaña tritt man in das
weite Tajo-Thal, von einem ungeheuern Strom, von dem
nur einige Tropfen übrig ſind, einſt ausgefurcht. In dem
Thale ſelbſt feſſeln das Auge, kleine kaum 20 Toiſen hohe
Kalkhügel, die ſich prallig inſel- und feſtungsförmig erheben,
und auf allen Seiten geſtürzte Schichten darbieten. Aran-
juez
mit ſeinen herrlichen Gärten (in der heißen Jahreszeit

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[12/0012] zerſtreut, wahrſcheinlich aus der Kalkſtein-Formation, ein Vor- kommen, den Vallecas bei Madrid analog. Um Toboſo, deſſen Name Cervantes ſo weit und ruhmvoll verbreitet hat, liegt auf dem Kalkſtein abermals eine Sandſtein-Formation meiſt feinkörnig aus runden Quarzkörnern zuſammengeſetzt, aber hier und da mit grobkörnigen Nagelfluhſchichten ab- wechſelnd. Dieſer Sandſtein ſcheint nicht weit verbreitet zu ſein, und wegen Nähe des Granits von Toledo nehmen die großen Quarzgeſchiebe gegen Ocaña hin beträchtlich zu. Die Schichten ſtreichen hier, wie der Kalkſtein, in der ganzen Hochebene hor. 8–10 und fallen, mit 8 und 9, bald ge- gen Norden, bald gegen Süden. Quintanar del Orden 351 Toiſen. Umher künſt- liche Salpeterpflanzungen, koniſche Lettenhaufen, die ſich, wenn die Luft ſehr elektriſch iſt, nach ſtarkem Gewitter hier (wie in Cuyavien in Ungarn) mit Salpeter bedecken. Pul- vermühlen vier Meilen davon bei Alcazard de St. Juan, wo die ſtärkſte Salpeterproduktion iſt. El Coral de Al- maguer 360 Toiſen. Ocaña eine hübſche Stadt, 395 Toiſen. Die gleiche Höhe (zwiſchen 360 und 380 Toiſen), in der die ganze Fläche ſich hinzieht, iſt hier, wie in Frankreich, ſehr auffal- lend. In dieſem letzteren Lande habe ich oft bemerkt, z. B. bei Barometer-Meſſungen zwiſchen Paris und Metz, oder zwiſchen Paris und Straßburg, daß ſelbſt da, wo die Fläche durch Schluchten oder kleine Hügelketten unterbrochen iſt, ihre Hebung auf 50 oder 60 Meilen Länge, als Fläche, immer daſſelbe Maximum erreicht. Setzt ein ſolches Phänomen eine Gleichheit innerer hebender Kräfte voraus? Eine halbe Stunde hinter Ocaña tritt man in das weite Tajo-Thal, von einem ungeheuern Strom, von dem nur einige Tropfen übrig ſind, einſt ausgefurcht. In dem Thale ſelbſt feſſeln das Auge, kleine kaum 20 Toiſen hohe Kalkhügel, die ſich prallig inſel- und feſtungsförmig erheben, und auf allen Seiten geſtürzte Schichten darbieten. Aran- juez mit ſeinen herrlichen Gärten (in der heißen Jahreszeit

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Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_spanien_1825/12>, abgerufen am 29.03.2024.