Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Versuche über den Zitterrochen. In: Neues allgemeines Journal der Chemie, Bd. 6, H. 2 (1805), S. 166-172.

Bild:
<< vorherige Seite

8. Von Humboldt's und Gay-Lussac's Vers. etc.
handen sind. Man erhält einen Schlag, indem man nur
eine einzige Fläche mit seinem Finger berührt. Eine zwi-
schen der Hand und dem Organ befindliche Platte (6) stellt
selbst das Gleichgewicht wieder her, und die Hand, welche
jene Platte hält, empfindet nichts, weil sie außer dem
Strome ist. Nimt man aber eine Anzahl entgegengesetzter
Pole auf jeder Fläche des Organs an: warum stellt sich
das Gleichgewicht durch die Arme wieder her, wenn man
jene Flächen mit zwei Metallplatten, deren Ränder sich
nicht berühren, bedeckt und die Hände auf diese Platten
legt? Warum, kann man fragen, sucht die positive Elec-
tricität der untern Fläche, in dem Augenblick der Explosion
nicht die negative des benachbarten Pols, und warum fin-
det sie sie nur auf der obern Fläche des electrischen Or-
gans? Diese Schwierigkeiten sind vielleicht nicht unüber-
steiglich, aber es werden noch viele Untersuchungen zu der
Theorie dieser Lebensverrichtungen erfordert. Geof-
froy
hat bewiesen, daß die Rochen, welche keine An-
zeigen von Electricität geben, Organe besitzen, die denen
des Zitterrochens sehr ähnlich sind. Die geringste Verle-
tzung des Gehirns hindert die Wirkung dieses electrischen
Fisches. Die Nerven spielen in diesen Erscheinungen ohne
Zweifel die größte Rolle, und der Physiolog, der die Le-
bensverrichtungen in ihrer Gesammtheit umfaßt, würde sich
mit Grund gegen den Physiker auflehnen, der alles aus
der Berührung der eiweißgallertigen Pulpe und der apo-
neurotischen Blättchen, welche die Natur in den Organen
des Zitterrochens verbunden hat, zu erklären glauben
könnte.



8. Von Humboldt's und Gay-Luſſac's Verſ. ꝛc.
handen ſind. Man erhält einen Schlag, indem man nur
eine einzige Fläche mit ſeinem Finger berührt. Eine zwi-
ſchen der Hand und dem Organ befindliche Platte (6) ſtellt
ſelbſt das Gleichgewicht wieder her, und die Hand, welche
jene Platte hält, empfindet nichts, weil ſie außer dem
Strome iſt. Nimt man aber eine Anzahl entgegengeſetzter
Pole auf jeder Fläche des Organs an: warum ſtellt ſich
das Gleichgewicht durch die Arme wieder her, wenn man
jene Flächen mit zwei Metallplatten, deren Ränder ſich
nicht berühren, bedeckt und die Hände auf dieſe Platten
legt? Warum, kann man fragen, ſucht die poſitive Elec-
tricität der untern Fläche, in dem Augenblick der Exploſion
nicht die negative des benachbarten Pols, und warum fin-
det ſie ſie nur auf der obern Fläche des electriſchen Or-
gans? Dieſe Schwierigkeiten ſind vielleicht nicht unüber-
ſteiglich, aber es werden noch viele Unterſuchungen zu der
Theorie dieſer Lebensverrichtungen erfordert. Geof-
froy
hat bewieſen, daß die Rochen, welche keine An-
zeigen von Electricität geben, Organe beſitzen, die denen
des Zitterrochens ſehr ähnlich ſind. Die geringſte Verle-
tzung des Gehirns hindert die Wirkung dieſes electriſchen
Fiſches. Die Nerven ſpielen in dieſen Erſcheinungen ohne
Zweifel die größte Rolle, und der Phyſiolog, der die Le-
bensverrichtungen in ihrer Geſammtheit umfaßt, würde ſich
mit Grund gegen den Phyſiker auflehnen, der alles aus
der Berührung der eiweißgallertigen Pulpe und der apo-
neurotiſchen Blättchen, welche die Natur in den Organen
des Zitterrochens verbunden hat, zu erklären glauben
könnte.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="172"/><fw place="top" type="header">8. Von Humboldt's und Gay-Lu&#x017F;&#x017F;ac's Ver&#x017F;. &#xA75B;c.</fw><lb/>
handen &#x017F;ind. Man erhält einen Schlag, indem man nur<lb/>
eine einzige Fläche mit &#x017F;einem Finger berührt. Eine zwi-<lb/>
&#x017F;chen der Hand und dem Organ befindliche Platte (6) &#x017F;tellt<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t das Gleichgewicht wieder her, und die Hand, welche<lb/>
jene Platte hält, empfindet nichts, weil &#x017F;ie außer dem<lb/>
Strome i&#x017F;t. Nimt man aber eine Anzahl entgegenge&#x017F;etzter<lb/>
Pole auf jeder Fläche des Organs an: warum &#x017F;tellt &#x017F;ich<lb/>
das Gleichgewicht durch die Arme wieder her, wenn man<lb/>
jene Flächen mit zwei Metallplatten, deren Ränder &#x017F;ich<lb/>
nicht berühren, bedeckt und die Hände auf die&#x017F;e Platten<lb/>
legt? Warum, kann man fragen, &#x017F;ucht die po&#x017F;itive Elec-<lb/>
tricität der untern Fläche, in dem Augenblick der Explo&#x017F;ion<lb/>
nicht die negative des benachbarten Pols, und warum fin-<lb/>
det &#x017F;ie &#x017F;ie nur auf der obern Fläche des electri&#x017F;chen Or-<lb/>
gans? Die&#x017F;e Schwierigkeiten &#x017F;ind vielleicht nicht unüber-<lb/>
&#x017F;teiglich, aber es werden noch viele Unter&#x017F;uchungen zu der<lb/>
Theorie die&#x017F;er <hi rendition="#g">Lebensverrichtungen</hi> erfordert. <hi rendition="#g">Geof-<lb/>
froy</hi> hat bewie&#x017F;en, daß die Rochen, welche keine An-<lb/>
zeigen von Electricität geben, Organe be&#x017F;itzen, die denen<lb/>
des Zitterrochens &#x017F;ehr ähnlich &#x017F;ind. Die gering&#x017F;te Verle-<lb/>
tzung des Gehirns hindert die Wirkung die&#x017F;es electri&#x017F;chen<lb/>
Fi&#x017F;ches. Die Nerven &#x017F;pielen in die&#x017F;en Er&#x017F;cheinungen ohne<lb/>
Zweifel die größte Rolle, und der Phy&#x017F;iolog, der die Le-<lb/>
bensverrichtungen in ihrer Ge&#x017F;ammtheit umfaßt, würde &#x017F;ich<lb/>
mit Grund gegen den Phy&#x017F;iker auflehnen, der alles aus<lb/>
der Berührung der eiweißgallertigen Pulpe und der apo-<lb/>
neuroti&#x017F;chen Blättchen, welche die Natur in den Organen<lb/>
des Zitterrochens verbunden hat, zu erklären glauben<lb/>
könnte.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0007] 8. Von Humboldt's und Gay-Luſſac's Verſ. ꝛc. handen ſind. Man erhält einen Schlag, indem man nur eine einzige Fläche mit ſeinem Finger berührt. Eine zwi- ſchen der Hand und dem Organ befindliche Platte (6) ſtellt ſelbſt das Gleichgewicht wieder her, und die Hand, welche jene Platte hält, empfindet nichts, weil ſie außer dem Strome iſt. Nimt man aber eine Anzahl entgegengeſetzter Pole auf jeder Fläche des Organs an: warum ſtellt ſich das Gleichgewicht durch die Arme wieder her, wenn man jene Flächen mit zwei Metallplatten, deren Ränder ſich nicht berühren, bedeckt und die Hände auf dieſe Platten legt? Warum, kann man fragen, ſucht die poſitive Elec- tricität der untern Fläche, in dem Augenblick der Exploſion nicht die negative des benachbarten Pols, und warum fin- det ſie ſie nur auf der obern Fläche des electriſchen Or- gans? Dieſe Schwierigkeiten ſind vielleicht nicht unüber- ſteiglich, aber es werden noch viele Unterſuchungen zu der Theorie dieſer Lebensverrichtungen erfordert. Geof- froy hat bewieſen, daß die Rochen, welche keine An- zeigen von Electricität geben, Organe beſitzen, die denen des Zitterrochens ſehr ähnlich ſind. Die geringſte Verle- tzung des Gehirns hindert die Wirkung dieſes electriſchen Fiſches. Die Nerven ſpielen in dieſen Erſcheinungen ohne Zweifel die größte Rolle, und der Phyſiolog, der die Le- bensverrichtungen in ihrer Geſammtheit umfaßt, würde ſich mit Grund gegen den Phyſiker auflehnen, der alles aus der Berührung der eiweißgallertigen Pulpe und der apo- neurotiſchen Blättchen, welche die Natur in den Organen des Zitterrochens verbunden hat, zu erklären glauben könnte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zitterrochen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zitterrochen_1805/7
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Versuche über den Zitterrochen. In: Neues allgemeines Journal der Chemie, Bd. 6, H. 2 (1805), S. 166-172, hier S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zitterrochen_1805/7>, abgerufen am 28.03.2024.