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Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.

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Schertzhaffte
Wie meine Jungferschafft sich läst zu Grabe tragen/
Wenn du/ gerechter Fürst/ nicht meine Rettung bist.
Mein Nahme/ welchen ja die Götter selber führen/
Muß ein verächtlich Wort in vielen Ohren seyn:
Es wil sich jeder Narr mit meinen Schmucke Zieren/
Und manches Irrlicht prahlt durch den entlehnten Schein.
Ach schaue grosser Fürst/ wie diese Lorbeer-Crone/
So deine Gnade mir auff meine Scheitel setzt/
Die Ungeschicklichkeit anitzo trägt zu Lohne/
Daß sie die Klugheit auch vor einen Stroh-Krantz schätzt.
Ich edle Poesie bin von der Kunst beneidet/
Daß mich ein hoher Geist sonst was Galantes hieß/
Weil mancher Tölpel sich mit meinen Zierath kleidet/
Dem doch natürlicher die Narren-Kappe ließ.
Sonst war ich die Geburth der hocherhabnen Sinnen/
Die Helden nennten sich mir glücklich unterthan:
Nun denckt ein Eselskopff mein Kleinod zu gewinnen/
Man sieht mich überall nur vor ein Hurkind an.
Wie Schalck und Schelm zuvor nur Ehren Titel hiessen/
So schlisset Schimpff und Schand anitzt ihr Wappen ein:
So wird/ was mich zuerst vor Göttlich hat gepriesen/
Durch Kriepel der Vernunfft mein Spott und Tadel seyn.
Es kan gantz Indien nicht so viel Affen hecken/
Als wie der Hundes-Stern Poeten-Würmer zeugt:
Die frische Saat kan nicht so voller Hasen stecken/
Als eine grosse Zahl in meinen Garten steigt.
Da sol vor Kraut und Kohl der Weißheit-Blume grünen/
Die ihnen Thorheit doch/ wie Kröten-Gifft gewehrt/
Wie kan Minervens Kost in dem Gehirne dienen/
Das steten Aberwitz/ wie Raupen-Nester nehrt?
Ein Schul-Fuchs/ welcher sich statt Rom und Griechenlandes/
Nur in der Untern-Welt der Jungen ümgesehn/
Schmiert mich vors A. B. C. als ihm was gar bekantes/
Der Knaben Blasebalg muß ihm die Geister wehn.
Ein Kerl/ der offtermahls die trefflichsten Geschichte
Von Huren-Wirthen nur und allen Weibern zehlt:
Der vor den rechten Kern scharffsinniger Gedichte
Nur der Pedanterey unnütze Schaalen wehlt:
Der
Schertzhaffte
Wie meine Jungferſchafft ſich laͤſt zu Grabe tragen/
Wenn du/ gerechter Fuͤrſt/ nicht meine Rettung biſt.
Mein Nahme/ welchen ja die Goͤtter ſelber fuͤhren/
Muß ein veraͤchtlich Wort in vielen Ohren ſeyn:
Es wil ſich jeder Narr mit meinen Schmucke Zieren/
Und manches Irꝛlicht prahlt durch den entlehnten Schein.
Ach ſchaue groſſer Fuͤrſt/ wie dieſe Lorbeer-Crone/
So deine Gnade mir auff meine Scheitel ſetzt/
Die Ungeſchicklichkeit anitzo traͤgt zu Lohne/
Daß ſie die Klugheit auch vor einen Stroh-Krantz ſchaͤtzt.
Ich edle Poeſie bin von der Kunſt beneidet/
Daß mich ein hoher Geiſt ſonſt was Galantes hieß/
Weil mancher Toͤlpel ſich mit meinen Zierath kleidet/
Dem doch natuͤrlicher die Narren-Kappe ließ.
Sonſt war ich die Geburth der hocherhabnen Sinnen/
Die Helden nennten ſich mir gluͤcklich unterthan:
Nun denckt ein Eſelskopff mein Kleinod zu gewinnen/
Man ſieht mich uͤberall nur vor ein Hurkind an.
Wie Schalck und Schelm zuvor nur Ehren Titel hieſſen/
So ſchliſſet Schimpff und Schand anitzt ihr Wappen ein:
So wird/ was mich zuerſt vor Goͤttlich hat geprieſen/
Durch Kriepel der Vernunfft mein Spott und Tadel ſeyn.
Es kan gantz Indien nicht ſo viel Affen hecken/
Als wie der Hundes-Stern Poeten-Wuͤrmer zeugt:
Die friſche Saat kan nicht ſo voller Haſen ſtecken/
Als eine groſſe Zahl in meinen Garten ſteigt.
Da ſol vor Kraut und Kohl der Weißheit-Blume gruͤnen/
Die ihnen Thorheit doch/ wie Kroͤten-Gifft gewehrt/
Wie kan Minervens Koſt in dem Gehirne dienen/
Das ſteten Aberwitz/ wie Raupen-Neſter nehrt?
Ein Schul-Fuchs/ welcher ſich ſtatt Rom und Griechenlandes/
Nur in der Untern-Welt der Jungen uͤmgeſehn/
Schmiert mich vors A. B. C. als ihm was gar bekantes/
Der Knaben Blaſebalg muß ihm die Geiſter wehn.
Ein Kerl/ der offtermahls die trefflichſten Geſchichte
Von Huren-Wirthen nur und allen Weibern zehlt:
Der vor den rechten Kern ſcharffſinniger Gedichte
Nur der Pedanterey unnuͤtze Schaalen wehlt:
Der
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[86/0096] Schertzhaffte Wie meine Jungferſchafft ſich laͤſt zu Grabe tragen/ Wenn du/ gerechter Fuͤrſt/ nicht meine Rettung biſt. Mein Nahme/ welchen ja die Goͤtter ſelber fuͤhren/ Muß ein veraͤchtlich Wort in vielen Ohren ſeyn: Es wil ſich jeder Narr mit meinen Schmucke Zieren/ Und manches Irꝛlicht prahlt durch den entlehnten Schein. Ach ſchaue groſſer Fuͤrſt/ wie dieſe Lorbeer-Crone/ So deine Gnade mir auff meine Scheitel ſetzt/ Die Ungeſchicklichkeit anitzo traͤgt zu Lohne/ Daß ſie die Klugheit auch vor einen Stroh-Krantz ſchaͤtzt. Ich edle Poeſie bin von der Kunſt beneidet/ Daß mich ein hoher Geiſt ſonſt was Galantes hieß/ Weil mancher Toͤlpel ſich mit meinen Zierath kleidet/ Dem doch natuͤrlicher die Narren-Kappe ließ. Sonſt war ich die Geburth der hocherhabnen Sinnen/ Die Helden nennten ſich mir gluͤcklich unterthan: Nun denckt ein Eſelskopff mein Kleinod zu gewinnen/ Man ſieht mich uͤberall nur vor ein Hurkind an. Wie Schalck und Schelm zuvor nur Ehren Titel hieſſen/ So ſchliſſet Schimpff und Schand anitzt ihr Wappen ein: So wird/ was mich zuerſt vor Goͤttlich hat geprieſen/ Durch Kriepel der Vernunfft mein Spott und Tadel ſeyn. Es kan gantz Indien nicht ſo viel Affen hecken/ Als wie der Hundes-Stern Poeten-Wuͤrmer zeugt: Die friſche Saat kan nicht ſo voller Haſen ſtecken/ Als eine groſſe Zahl in meinen Garten ſteigt. Da ſol vor Kraut und Kohl der Weißheit-Blume gruͤnen/ Die ihnen Thorheit doch/ wie Kroͤten-Gifft gewehrt/ Wie kan Minervens Koſt in dem Gehirne dienen/ Das ſteten Aberwitz/ wie Raupen-Neſter nehrt? Ein Schul-Fuchs/ welcher ſich ſtatt Rom und Griechenlandes/ Nur in der Untern-Welt der Jungen uͤmgeſehn/ Schmiert mich vors A. B. C. als ihm was gar bekantes/ Der Knaben Blaſebalg muß ihm die Geiſter wehn. Ein Kerl/ der offtermahls die trefflichſten Geſchichte Von Huren-Wirthen nur und allen Weibern zehlt: Der vor den rechten Kern ſcharffſinniger Gedichte Nur der Pedanterey unnuͤtze Schaalen wehlt: Der

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Zitationshilfe: Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/96>, abgerufen am 25.04.2024.