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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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ich hab' die Wurst der Katz' abgejagt, die damit
aus der Küche sprang. -- Nun, dann sei Ihm
dieselbe gegönnt, antwortete der alte Baron, es
ist mir lieb, daß das Ungeheuer auch einmal
merkt, wie es thut, wenn Einem der Brocken vor
dem Munde weggeschnappt wird.

Karl'n war es gar nicht recht, daß der Söller
seine Einsamkeit verlieren sollte. Er stand, kratzte
sich im Kopfe, seufzte und sagte endlich: Werden
der gnädige Herr von nun an hier öfters sitzen?
Auf die bejahende Antwort des Alten seufzte der
bisher wohlverköstigte Prätendent noch lauter, so
daß der Schloßherr neugierig wurde die Ursache
dieses Grams zu erfahren, jedoch aus dem Bedien-
ten nur eine Rede von stiller Beschäftigung, gegen-
seitiger Störung, gutem Brode, vornehmer Liebe
und Heirathserbieten, wenn fernerweite Verkösti-
gung zugesagt werde, bringen konnte -- ein Ge-
mengsel, in welchem er sich nicht zurechtzufinden
wußte. -- Was will Er eigentlich und warum sieht
Er mich immer so sonderbar an? fragte er Karl'n,
der keinen Blick von ihm verwandte.

Gnädiger Herr, sagte der Schmetterling mit
der Wurst in der Tasche, es geht nun und nimmer

ich hab’ die Wurſt der Katz’ abgejagt, die damit
aus der Küche ſprang. — Nun, dann ſei Ihm
dieſelbe gegönnt, antwortete der alte Baron, es
iſt mir lieb, daß das Ungeheuer auch einmal
merkt, wie es thut, wenn Einem der Brocken vor
dem Munde weggeſchnappt wird.

Karl’n war es gar nicht recht, daß der Söller
ſeine Einſamkeit verlieren ſollte. Er ſtand, kratzte
ſich im Kopfe, ſeufzte und ſagte endlich: Werden
der gnädige Herr von nun an hier öfters ſitzen?
Auf die bejahende Antwort des Alten ſeufzte der
bisher wohlverköſtigte Prätendent noch lauter, ſo
daß der Schloßherr neugierig wurde die Urſache
dieſes Grams zu erfahren, jedoch aus dem Bedien-
ten nur eine Rede von ſtiller Beſchäftigung, gegen-
ſeitiger Störung, gutem Brode, vornehmer Liebe
und Heirathserbieten, wenn fernerweite Verköſti-
gung zugeſagt werde, bringen konnte — ein Ge-
mengſel, in welchem er ſich nicht zurechtzufinden
wußte. — Was will Er eigentlich und warum ſieht
Er mich immer ſo ſonderbar an? fragte er Karl’n,
der keinen Blick von ihm verwandte.

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der Wurſt in der Taſche, es geht nun und nimmer

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[92/0110] ich hab’ die Wurſt der Katz’ abgejagt, die damit aus der Küche ſprang. — Nun, dann ſei Ihm dieſelbe gegönnt, antwortete der alte Baron, es iſt mir lieb, daß das Ungeheuer auch einmal merkt, wie es thut, wenn Einem der Brocken vor dem Munde weggeſchnappt wird. Karl’n war es gar nicht recht, daß der Söller ſeine Einſamkeit verlieren ſollte. Er ſtand, kratzte ſich im Kopfe, ſeufzte und ſagte endlich: Werden der gnädige Herr von nun an hier öfters ſitzen? Auf die bejahende Antwort des Alten ſeufzte der bisher wohlverköſtigte Prätendent noch lauter, ſo daß der Schloßherr neugierig wurde die Urſache dieſes Grams zu erfahren, jedoch aus dem Bedien- ten nur eine Rede von ſtiller Beſchäftigung, gegen- ſeitiger Störung, gutem Brode, vornehmer Liebe und Heirathserbieten, wenn fernerweite Verköſti- gung zugeſagt werde, bringen konnte — ein Ge- mengſel, in welchem er ſich nicht zurechtzufinden wußte. — Was will Er eigentlich und warum ſieht Er mich immer ſo ſonderbar an? fragte er Karl’n, der keinen Blick von ihm verwandte. Gnädiger Herr, ſagte der Schmetterling mit der Wurſt in der Taſche, es geht nun und nimmer

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/110>, abgerufen am 18.04.2024.