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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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indessen meine Hand. Er scheint mir dennoch ein
guter Kerl zu seyn, und spricht vermuthlich so
dummes Zeug, weil Er auch nicht geschlafen hat,
denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte
dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieser ergriff
sie seufzend und drückte mit den halblauten Wor-
ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller
nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der
Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen
vergoß. Er befahl hierauf seinem Verehrer, den
Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit
diesem sprechen müsse, und er solle auch wieder
mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller-
treppe hinab und murrte: Das weiß ich schon,
auf all mein Glück legt der Teufel seinen Schwanz;
wo soll ich nun in Zukunft meine stillen Mahlzeiten
halten?

Er suchte seinen Herrn in der Stube, im Hofe;
endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube
hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte
Münchhausen, um dem unermüdlichen Sägen des
Schulmeisters zu entrinnen, seinen Kaffee getrunken,
und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt.
Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges

indeſſen meine Hand. Er ſcheint mir dennoch ein
guter Kerl zu ſeyn, und ſpricht vermuthlich ſo
dummes Zeug, weil Er auch nicht geſchlafen hat,
denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte
dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieſer ergriff
ſie ſeufzend und drückte mit den halblauten Wor-
ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller
nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der
Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen
vergoß. Er befahl hierauf ſeinem Verehrer, den
Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit
dieſem ſprechen müſſe, und er ſolle auch wieder
mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller-
treppe hinab und murrte: Das weiß ich ſchon,
auf all mein Glück legt der Teufel ſeinen Schwanz;
wo ſoll ich nun in Zukunft meine ſtillen Mahlzeiten
halten?

Er ſuchte ſeinen Herrn in der Stube, im Hofe;
endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube
hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte
Münchhauſen, um dem unermüdlichen Sägen des
Schulmeiſters zu entrinnen, ſeinen Kaffee getrunken,
und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt.
Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges

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[94/0112] indeſſen meine Hand. Er ſcheint mir dennoch ein guter Kerl zu ſeyn, und ſpricht vermuthlich ſo dummes Zeug, weil Er auch nicht geſchlafen hat, denn die Nacht war unruhig. Der Alte reichte dem Bedienten die Hand zum Kuß, dieſer ergriff ſie ſeufzend und drückte mit den halblauten Wor- ten: Was hilft mir die Hand, wenn ich den Söller nicht behalte? einen Kuß darauf, worüber der Schloßherr gerührt wurde und einige Thränen vergoß. Er befahl hierauf ſeinem Verehrer, den Herrn zu ihm zu rufen, da er nothwendig mit dieſem ſprechen müſſe, und er ſolle auch wieder mitkommen. Karl Buttervogel ging die Söller- treppe hinab und murrte: Das weiß ich ſchon, auf all mein Glück legt der Teufel ſeinen Schwanz; wo ſoll ich nun in Zukunft meine ſtillen Mahlzeiten halten? Er ſuchte ſeinen Herrn in der Stube, im Hofe; endlich fand er ihn im Garten in der Taxuslaube hinter dem Genius des Schweigens. Dort hatte Münchhauſen, um dem unermüdlichen Sägen des Schulmeiſters zu entrinnen, ſeinen Kaffee getrunken, und war dann auf der Moosbank etwas eingenickt. Abermals erweckt, machte er ein erbarmenswürdiges

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/112>, abgerufen am 29.03.2024.