Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

zu schaffen, auf dem die Luftsteine zur nächsten
großen Handelsstraße geschafft werden könnten,
denn das Land war ringsumher überaus uneben
und höckricht. Nachdem er die Pfade, die der
großen Straße zuliefen, gründlich an mehreren
Stellen untersucht hatte, entschied er sich kurzweg
für Anlegung einer Eisenbahn mit etwa zwölf Tun-
nels und fünfzehn gewölbten Brücken. Denn,
sagte er, wer gewinnen will, muß sich vor den
ersten Auslagen nicht scheuen. Er überschlug, daß
der Personentransport die Kosten mit einbringen
helfen werde, denn natürlich kommen, sagte er,
Jahraus Jahrein viele tausend Reisende, um diese
so sehr merkwürdige Fabrik zu besuchen, die Sehens-
würdigkeiten meines Schlosses gar nicht einmal in
Anschlag gebracht.

Nichts war ihm verdrießlicher, als daß die
Fabrik nicht bereits stand. Erst gegen Abend kam
er in die Burg seiner Väter zurück, ermüdet, schweiß-
triefend, aber im Herzen fröhlich. Den ganzen
Tag über hatte er an Speise und Trank nicht
gedacht, und nun mußte er mit einem ziemlich
oberflächlich behandelten Rührei nebst einem ver-
sottenen halben Grashechte fürlieb nehmen. -- Wer

zu ſchaffen, auf dem die Luftſteine zur nächſten
großen Handelsſtraße geſchafft werden könnten,
denn das Land war ringsumher überaus uneben
und höckricht. Nachdem er die Pfade, die der
großen Straße zuliefen, gründlich an mehreren
Stellen unterſucht hatte, entſchied er ſich kurzweg
für Anlegung einer Eiſenbahn mit etwa zwölf Tun-
nels und fünfzehn gewölbten Brücken. Denn,
ſagte er, wer gewinnen will, muß ſich vor den
erſten Auslagen nicht ſcheuen. Er überſchlug, daß
der Perſonentransport die Koſten mit einbringen
helfen werde, denn natürlich kommen, ſagte er,
Jahraus Jahrein viele tauſend Reiſende, um dieſe
ſo ſehr merkwürdige Fabrik zu beſuchen, die Sehens-
würdigkeiten meines Schloſſes gar nicht einmal in
Anſchlag gebracht.

Nichts war ihm verdrießlicher, als daß die
Fabrik nicht bereits ſtand. Erſt gegen Abend kam
er in die Burg ſeiner Väter zurück, ermüdet, ſchweiß-
triefend, aber im Herzen fröhlich. Den ganzen
Tag über hatte er an Speiſe und Trank nicht
gedacht, und nun mußte er mit einem ziemlich
oberflächlich behandelten Rührei nebſt einem ver-
ſottenen halben Grashechte fürlieb nehmen. — Wer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="107"/>
zu &#x017F;chaffen, auf dem die Luft&#x017F;teine zur näch&#x017F;ten<lb/>
großen Handels&#x017F;traße ge&#x017F;chafft werden könnten,<lb/>
denn das Land war ringsumher überaus uneben<lb/>
und höckricht. Nachdem er die Pfade, die der<lb/>
großen Straße zuliefen, gründlich an mehreren<lb/>
Stellen unter&#x017F;ucht hatte, ent&#x017F;chied er &#x017F;ich kurzweg<lb/>
für Anlegung einer Ei&#x017F;enbahn mit etwa zwölf Tun-<lb/>
nels und fünfzehn gewölbten Brücken. Denn,<lb/>
&#x017F;agte er, wer gewinnen will, muß &#x017F;ich vor den<lb/>
er&#x017F;ten Auslagen nicht &#x017F;cheuen. Er über&#x017F;chlug, daß<lb/>
der Per&#x017F;onentransport die Ko&#x017F;ten mit einbringen<lb/>
helfen werde, denn natürlich kommen, &#x017F;agte er,<lb/>
Jahraus Jahrein viele tau&#x017F;end Rei&#x017F;ende, um die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr merkwürdige Fabrik zu be&#x017F;uchen, die Sehens-<lb/>
würdigkeiten meines Schlo&#x017F;&#x017F;es gar nicht einmal in<lb/>
An&#x017F;chlag gebracht.</p><lb/>
          <p>Nichts war ihm verdrießlicher, als daß die<lb/>
Fabrik nicht bereits &#x017F;tand. Er&#x017F;t gegen Abend kam<lb/>
er in die Burg &#x017F;einer Väter zurück, ermüdet, &#x017F;chweiß-<lb/>
triefend, aber im Herzen fröhlich. Den ganzen<lb/>
Tag über hatte er an Spei&#x017F;e und Trank nicht<lb/>
gedacht, und nun mußte er mit einem ziemlich<lb/>
oberflächlich behandelten Rührei neb&#x017F;t einem ver-<lb/>
&#x017F;ottenen halben Grashechte fürlieb nehmen. &#x2014; Wer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0125] zu ſchaffen, auf dem die Luftſteine zur nächſten großen Handelsſtraße geſchafft werden könnten, denn das Land war ringsumher überaus uneben und höckricht. Nachdem er die Pfade, die der großen Straße zuliefen, gründlich an mehreren Stellen unterſucht hatte, entſchied er ſich kurzweg für Anlegung einer Eiſenbahn mit etwa zwölf Tun- nels und fünfzehn gewölbten Brücken. Denn, ſagte er, wer gewinnen will, muß ſich vor den erſten Auslagen nicht ſcheuen. Er überſchlug, daß der Perſonentransport die Koſten mit einbringen helfen werde, denn natürlich kommen, ſagte er, Jahraus Jahrein viele tauſend Reiſende, um dieſe ſo ſehr merkwürdige Fabrik zu beſuchen, die Sehens- würdigkeiten meines Schloſſes gar nicht einmal in Anſchlag gebracht. Nichts war ihm verdrießlicher, als daß die Fabrik nicht bereits ſtand. Erſt gegen Abend kam er in die Burg ſeiner Väter zurück, ermüdet, ſchweiß- triefend, aber im Herzen fröhlich. Den ganzen Tag über hatte er an Speiſe und Trank nicht gedacht, und nun mußte er mit einem ziemlich oberflächlich behandelten Rührei nebſt einem ver- ſottenen halben Grashechte fürlieb nehmen. — Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/125
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/125>, abgerufen am 18.04.2024.