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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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hervorsprudelte und an diesem ihrem Ursprunge
von einigen der schönsten Lorbeern überstanden war.
Ich ahnete, daß es mit diesem Wasser eine eigene
Bewandniß haben müsse, denn Gewalt und Klar-
heit wohnten in ihm so nahe bei einander, daß es
kein gewöhnlicher Spring seyn konnte. Zischend
und schäumend drang der Strahl unter dem moo-
sigen bekräuterten Steine an das Licht, als koche er,
und einen Schritt weiter floß schon das klarste
beryllgrünste Naß ohne Unruhe, Schaumblasen,
Wirbel in seinem Rinnsaale.

Ich bückte mich zur Quelle und netzte meine
Lippen, aber wie wurde mir da! In meinen Ein-
geweiden that es ein Grimmen, in meinem Blute
ein Wallen, in meinen Gliedern ein Glühen, in
meinem Herzen ein Klopfen, in meinem Haupte
ein Schwärmen! Die wundersamsten Phantastereien
begannen mir vor den Sinnen umherzugehen. Meine
rothe Janitscharencadettenuniform kam mir vor
wie das rothe Meer, meine weißen Pumphöschen
leuchteten mir wie der Schnee der Alpen und mein
kleiner blecherner Säbel gemahnte mich wie das
Schwert des Alexander. Ich öffnete die Lippen,
und sie sprachen unwillkührlich:


hervorſprudelte und an dieſem ihrem Urſprunge
von einigen der ſchönſten Lorbeern überſtanden war.
Ich ahnete, daß es mit dieſem Waſſer eine eigene
Bewandniß haben müſſe, denn Gewalt und Klar-
heit wohnten in ihm ſo nahe bei einander, daß es
kein gewöhnlicher Spring ſeyn konnte. Ziſchend
und ſchäumend drang der Strahl unter dem moo-
ſigen bekräuterten Steine an das Licht, als koche er,
und einen Schritt weiter floß ſchon das klarſte
beryllgrünſte Naß ohne Unruhe, Schaumblaſen,
Wirbel in ſeinem Rinnſaale.

Ich bückte mich zur Quelle und netzte meine
Lippen, aber wie wurde mir da! In meinen Ein-
geweiden that es ein Grimmen, in meinem Blute
ein Wallen, in meinen Gliedern ein Glühen, in
meinem Herzen ein Klopfen, in meinem Haupte
ein Schwärmen! Die wunderſamſten Phantaſtereien
begannen mir vor den Sinnen umherzugehen. Meine
rothe Janitſcharencadettenuniform kam mir vor
wie das rothe Meer, meine weißen Pumphöschen
leuchteten mir wie der Schnee der Alpen und mein
kleiner blecherner Säbel gemahnte mich wie das
Schwert des Alexander. Ich öffnete die Lippen,
und ſie ſprachen unwillkührlich:


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[122/0140] hervorſprudelte und an dieſem ihrem Urſprunge von einigen der ſchönſten Lorbeern überſtanden war. Ich ahnete, daß es mit dieſem Waſſer eine eigene Bewandniß haben müſſe, denn Gewalt und Klar- heit wohnten in ihm ſo nahe bei einander, daß es kein gewöhnlicher Spring ſeyn konnte. Ziſchend und ſchäumend drang der Strahl unter dem moo- ſigen bekräuterten Steine an das Licht, als koche er, und einen Schritt weiter floß ſchon das klarſte beryllgrünſte Naß ohne Unruhe, Schaumblaſen, Wirbel in ſeinem Rinnſaale. Ich bückte mich zur Quelle und netzte meine Lippen, aber wie wurde mir da! In meinen Ein- geweiden that es ein Grimmen, in meinem Blute ein Wallen, in meinen Gliedern ein Glühen, in meinem Herzen ein Klopfen, in meinem Haupte ein Schwärmen! Die wunderſamſten Phantaſtereien begannen mir vor den Sinnen umherzugehen. Meine rothe Janitſcharencadettenuniform kam mir vor wie das rothe Meer, meine weißen Pumphöschen leuchteten mir wie der Schnee der Alpen und mein kleiner blecherner Säbel gemahnte mich wie das Schwert des Alexander. Ich öffnete die Lippen, und ſie ſprachen unwillkührlich:

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/140>, abgerufen am 29.03.2024.