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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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über welche du bewußtlos klettertest! Wie hatte
Kernbeißer's Blässe Recht, wie hatte der schwarze
Rabe Recht, wie hatte ich Recht, als ich von der
Möglichkeit eines dritten Falls reden wollte!

Das Testament des Magisters Schnotterbaum
enthielt folgende Bestimmungen und Aufschlüsse.

"Da der Tod eine gewisse, Zeit und Stunde
desselben aber eine ungewisse Sache ist, so habe ich
mich entschlossen, bei allbereits merklicher Abnahme
meiner Kräfte, jedoch völlig gesundem Verstande
meinen letzten Willen aufzurichten. Ich habe im-
mer zu den Leuten gehört, welche auf Erden ihren
Willen nicht haben sollten, aber meinen letzten will
ich haben und durchsetzen.

Blutarm bin ich in die Welt gekommen, blut-
arm bin ich auf derselben gewallt und blutarm
werde ich sie aller Wahrscheinlichkeit nach verlassen.
Aber ein Testament darf auch der Aermste machen,
und daran kann ihn kein Tyrann verhindern. Ich
hoffe nicht mißverstanden zu werden, wenn ich
daran erinnere, daß des Menschen Sohn, welcher
nicht hatte, da er sein Haupt hinlegen sollte, ein
Testament errichtete, aus welchem die Geschlechter
zweier Jahrtausende Erbgenahmen worden sind.

über welche du bewußtlos kletterteſt! Wie hatte
Kernbeißer’s Bläſſe Recht, wie hatte der ſchwarze
Rabe Recht, wie hatte ich Recht, als ich von der
Möglichkeit eines dritten Falls reden wollte!

Das Teſtament des Magiſters Schnotterbaum
enthielt folgende Beſtimmungen und Aufſchlüſſe.

„Da der Tod eine gewiſſe, Zeit und Stunde
deſſelben aber eine ungewiſſe Sache iſt, ſo habe ich
mich entſchloſſen, bei allbereits merklicher Abnahme
meiner Kräfte, jedoch völlig geſundem Verſtande
meinen letzten Willen aufzurichten. Ich habe im-
mer zu den Leuten gehört, welche auf Erden ihren
Willen nicht haben ſollten, aber meinen letzten will
ich haben und durchſetzen.

Blutarm bin ich in die Welt gekommen, blut-
arm bin ich auf derſelben gewallt und blutarm
werde ich ſie aller Wahrſcheinlichkeit nach verlaſſen.
Aber ein Teſtament darf auch der Aermſte machen,
und daran kann ihn kein Tyrann verhindern. Ich
hoffe nicht mißverſtanden zu werden, wenn ich
daran erinnere, daß des Menſchen Sohn, welcher
nicht hatte, da er ſein Haupt hinlegen ſollte, ein
Teſtament errichtete, aus welchem die Geſchlechter
zweier Jahrtauſende Erbgenahmen worden ſind.

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[338/0356] über welche du bewußtlos kletterteſt! Wie hatte Kernbeißer’s Bläſſe Recht, wie hatte der ſchwarze Rabe Recht, wie hatte ich Recht, als ich von der Möglichkeit eines dritten Falls reden wollte! Das Teſtament des Magiſters Schnotterbaum enthielt folgende Beſtimmungen und Aufſchlüſſe. „Da der Tod eine gewiſſe, Zeit und Stunde deſſelben aber eine ungewiſſe Sache iſt, ſo habe ich mich entſchloſſen, bei allbereits merklicher Abnahme meiner Kräfte, jedoch völlig geſundem Verſtande meinen letzten Willen aufzurichten. Ich habe im- mer zu den Leuten gehört, welche auf Erden ihren Willen nicht haben ſollten, aber meinen letzten will ich haben und durchſetzen. Blutarm bin ich in die Welt gekommen, blut- arm bin ich auf derſelben gewallt und blutarm werde ich ſie aller Wahrſcheinlichkeit nach verlaſſen. Aber ein Teſtament darf auch der Aermſte machen, und daran kann ihn kein Tyrann verhindern. Ich hoffe nicht mißverſtanden zu werden, wenn ich daran erinnere, daß des Menſchen Sohn, welcher nicht hatte, da er ſein Haupt hinlegen ſollte, ein Teſtament errichtete, aus welchem die Geſchlechter zweier Jahrtauſende Erbgenahmen worden ſind.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/356>, abgerufen am 24.04.2024.