Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

das Zeichen, wann es an der Zeit ist. Denn die
Propheten werden auch meinen todten Staub nicht
ungerührt lassen, wenn sie erfahren, daß ich ihr
Geschlecht entdeckt habe. Von Einem derselben
weiß ich es wenigstens gewiß.

Die größten Verfolgungen, geliebte Erben, sind
von jeher über Diejenigen ergangen, welche im
Lehrstuhl, auf der Kanzel, im Staatsrath und im
Heerbefehl die alten Weiber ausfindig machten!

Ich bete dich an, Vernunft, Tochter Gottes,
Schirmherrin der Männer, Athem der Seele! Ich
bete dich an im Geist und in der Wahrheit. Du
erschütterst mir Herz und Nieren; führe mich, bleibe
bei mir bis an das Ende meiner Tage! -- Ein
schlichtes, farbloses Gebet, ein Gebet in Knechts-
gestalt! Ich will damit auszukommen suchen.

Vorstehendes ist mein letzter Wille ohne Ort
und Datum, denn ich wünschte, daß er aller Orten
und zu jeder Zeit gälte.

Jodocus Zebedäus Schnotterbaum.

A. A. L. L. M.

Requiescat anima mea in pace!"



das Zeichen, wann es an der Zeit iſt. Denn die
Propheten werden auch meinen todten Staub nicht
ungerührt laſſen, wenn ſie erfahren, daß ich ihr
Geſchlecht entdeckt habe. Von Einem derſelben
weiß ich es wenigſtens gewiß.

Die größten Verfolgungen, geliebte Erben, ſind
von jeher über Diejenigen ergangen, welche im
Lehrſtuhl, auf der Kanzel, im Staatsrath und im
Heerbefehl die alten Weiber ausfindig machten!

Ich bete dich an, Vernunft, Tochter Gottes,
Schirmherrin der Männer, Athem der Seele! Ich
bete dich an im Geiſt und in der Wahrheit. Du
erſchütterſt mir Herz und Nieren; führe mich, bleibe
bei mir bis an das Ende meiner Tage! — Ein
ſchlichtes, farbloſes Gebet, ein Gebet in Knechts-
geſtalt! Ich will damit auszukommen ſuchen.

Vorſtehendes iſt mein letzter Wille ohne Ort
und Datum, denn ich wünſchte, daß er aller Orten
und zu jeder Zeit gälte.

Jodocus Zebedäus Schnotterbaum.

A. A. L. L. M.

Requiescat anima mea in pace!“



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0366" n="348"/>
das Zeichen, wann es an der Zeit i&#x017F;t. Denn die<lb/>
Propheten werden auch meinen todten Staub nicht<lb/>
ungerührt la&#x017F;&#x017F;en, wenn &#x017F;ie erfahren, daß ich ihr<lb/>
Ge&#x017F;chlecht entdeckt habe. Von Einem der&#x017F;elben<lb/>
weiß ich es wenig&#x017F;tens gewiß.</p><lb/>
            <p>Die größten Verfolgungen, geliebte Erben, &#x017F;ind<lb/>
von jeher über Diejenigen ergangen, welche im<lb/>
Lehr&#x017F;tuhl, auf der Kanzel, im Staatsrath und im<lb/>
Heerbefehl die alten Weiber ausfindig machten!</p><lb/>
            <p>Ich bete dich an, Vernunft, Tochter Gottes,<lb/>
Schirmherrin der Männer, Athem der Seele! Ich<lb/>
bete dich an im Gei&#x017F;t und in der Wahrheit. Du<lb/>
er&#x017F;chütter&#x017F;t mir Herz und Nieren; führe mich, bleibe<lb/>
bei mir bis an das Ende meiner Tage! &#x2014; Ein<lb/>
&#x017F;chlichtes, farblo&#x017F;es Gebet, ein Gebet in Knechts-<lb/>
ge&#x017F;talt! Ich will damit auszukommen &#x017F;uchen.</p><lb/>
            <p>Vor&#x017F;tehendes i&#x017F;t mein letzter Wille ohne Ort<lb/>
und Datum, denn ich wün&#x017F;chte, daß er aller Orten<lb/>
und zu jeder Zeit gälte.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">Jodocus Zebedäus Schnotterbaum.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et">A. A. L. L. M.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Requiescat anima mea in pace!&#x201C;</hi> </hi> </p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0366] das Zeichen, wann es an der Zeit iſt. Denn die Propheten werden auch meinen todten Staub nicht ungerührt laſſen, wenn ſie erfahren, daß ich ihr Geſchlecht entdeckt habe. Von Einem derſelben weiß ich es wenigſtens gewiß. Die größten Verfolgungen, geliebte Erben, ſind von jeher über Diejenigen ergangen, welche im Lehrſtuhl, auf der Kanzel, im Staatsrath und im Heerbefehl die alten Weiber ausfindig machten! Ich bete dich an, Vernunft, Tochter Gottes, Schirmherrin der Männer, Athem der Seele! Ich bete dich an im Geiſt und in der Wahrheit. Du erſchütterſt mir Herz und Nieren; führe mich, bleibe bei mir bis an das Ende meiner Tage! — Ein ſchlichtes, farbloſes Gebet, ein Gebet in Knechts- geſtalt! Ich will damit auszukommen ſuchen. Vorſtehendes iſt mein letzter Wille ohne Ort und Datum, denn ich wünſchte, daß er aller Orten und zu jeder Zeit gälte. Jodocus Zebedäus Schnotterbaum. A. A. L. L. M. Requiescat anima mea in pace!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/366
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/366>, abgerufen am 28.03.2024.