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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Sie kommt gewiß, sagte die zweite Brautjungfer,
an so einem Tage macht sich ja kein Mensch etwas
daraus, wenn ihm auch etwas schlimm ist. -- Und
was wollt Ihr mit mir wetten, rief die Erste,
daß sie nicht kommt? Ich weiß, was ich weiß,
weiß, mit den Schmerzen ist es so weit nicht her,
aber der Verdruß ist zu groß, und sie kann sich
nicht zwingen; das hat ihr von je her gefehlt.

Ei Gott, sagte die Braut, welche hier zum
erstenmale ihre Sprache fand, ängstlich, das wäre
ja ein erschreckliches Unglück, und wenn sie aus-
bliebe, so würde aus der ganzen Hochzeit nichts. --
Sie würde lieber den Bräutigam gemißt, als die
dritte Brautjungfer entbehrt haben.

Wenn du mir folgen willst, Kordelchen, so laß
uns auf den Nothfall denken, sprach die zweite
Brautjungfer, ein flinkes, anstelliges Mädchen. Ich
pack' deinen zweiten Feiertagsanzug aus, wir war-
ten noch ein Stückchen, und wenn die Sibyll' dann
nicht da ist, so kleid' ich die Stellvertreterin für
sie ein.

Ohne die Antwort der Braut abzuwarten,
hatte das Mädchen eine der Laden aufgethan und
aus derselben den saubern neuen Staat mit allem

Sie kommt gewiß, ſagte die zweite Brautjungfer,
an ſo einem Tage macht ſich ja kein Menſch etwas
daraus, wenn ihm auch etwas ſchlimm iſt. — Und
was wollt Ihr mit mir wetten, rief die Erſte,
daß ſie nicht kommt? Ich weiß, was ich weiß,
weiß, mit den Schmerzen iſt es ſo weit nicht her,
aber der Verdruß iſt zu groß, und ſie kann ſich
nicht zwingen; das hat ihr von je her gefehlt.

Ei Gott, ſagte die Braut, welche hier zum
erſtenmale ihre Sprache fand, ängſtlich, das wäre
ja ein erſchreckliches Unglück, und wenn ſie aus-
bliebe, ſo würde aus der ganzen Hochzeit nichts. —
Sie würde lieber den Bräutigam gemißt, als die
dritte Brautjungfer entbehrt haben.

Wenn du mir folgen willſt, Kordelchen, ſo laß
uns auf den Nothfall denken, ſprach die zweite
Brautjungfer, ein flinkes, anſtelliges Mädchen. Ich
pack’ deinen zweiten Feiertagsanzug aus, wir war-
ten noch ein Stückchen, und wenn die Sibyll’ dann
nicht da iſt, ſo kleid’ ich die Stellvertreterin für
ſie ein.

Ohne die Antwort der Braut abzuwarten,
hatte das Mädchen eine der Laden aufgethan und
aus derſelben den ſaubern neuen Staat mit allem

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[25/0039] Sie kommt gewiß, ſagte die zweite Brautjungfer, an ſo einem Tage macht ſich ja kein Menſch etwas daraus, wenn ihm auch etwas ſchlimm iſt. — Und was wollt Ihr mit mir wetten, rief die Erſte, daß ſie nicht kommt? Ich weiß, was ich weiß, weiß, mit den Schmerzen iſt es ſo weit nicht her, aber der Verdruß iſt zu groß, und ſie kann ſich nicht zwingen; das hat ihr von je her gefehlt. Ei Gott, ſagte die Braut, welche hier zum erſtenmale ihre Sprache fand, ängſtlich, das wäre ja ein erſchreckliches Unglück, und wenn ſie aus- bliebe, ſo würde aus der ganzen Hochzeit nichts. — Sie würde lieber den Bräutigam gemißt, als die dritte Brautjungfer entbehrt haben. Wenn du mir folgen willſt, Kordelchen, ſo laß uns auf den Nothfall denken, ſprach die zweite Brautjungfer, ein flinkes, anſtelliges Mädchen. Ich pack’ deinen zweiten Feiertagsanzug aus, wir war- ten noch ein Stückchen, und wenn die Sibyll’ dann nicht da iſt, ſo kleid’ ich die Stellvertreterin für ſie ein. Ohne die Antwort der Braut abzuwarten, hatte das Mädchen eine der Laden aufgethan und aus derſelben den ſaubern neuen Staat mit allem

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/39>, abgerufen am 28.03.2024.