Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





Gefängniß, mit welcher GOtt den Juden
gleichfals drohen ließ. Diese stand nicht
in der Juden freyen Willen, sondern
kam über sie, ob sie selbige gleich mit vie-
len Seuffzern beweineten, und ihre Ban-
den mit Thränen benetzten.

§. 5.
Es kön-
nen nicht
alle zu-
künfftige
Dinge
deutlich
vorher
verkündi-
get wer-
den.

Diese beyden Gattungen von künffti-
gen Dingen können nicht auf einerley Arth
und Weise vorher verkündiget werden.
Die letztere Gattung kann mit deutlichen
Worten und ohne Decke offenbahret wer-
den, und bleibet deßwegen nicht aussen, in-
dem sie nach unserer Aussage nicht von dem
freyen Willen derjenigen, denen die Weis-
sagung geschiehet, kann geändert werden.
Die erstere Gattung künfftiger Begeben-
heiten aber ist gantz anders beschaffen, be-
sonders wenn sie recht unangenehme Folgen
haben. Denn da sie bloß auf den freyen
Willen des Menschen ankommen, der sie
ändern kann, wenn er sie vorher weiß, so
dörffen sie, wenn anders die Weissagung
durch den Erfolg nicht soll zur Lügen ge-
macht werden, nicht allezeit mit klaren,
deutlichen und platten Worten vorher ver-
kündiget, sondern müssen nur gantz versteckt
und gleichsam von Ferne gezeiget werden.

Da-





Gefaͤngniß, mit welcher GOtt den Juden
gleichfals drohen ließ. Dieſe ſtand nicht
in der Juden freyen Willen, ſondern
kam uͤber ſie, ob ſie ſelbige gleich mit vie-
len Seuffzern beweineten, und ihre Ban-
den mit Thraͤnen benetzten.

§. 5.
Es koͤn-
nen nicht
alle zu-
kuͤnfftige
Dinge
deutlich
vorher
verkuͤndi-
get wer-
den.

Dieſe beyden Gattungen von kuͤnffti-
gen Dingen koͤnnen nicht auf einerley Arth
und Weiſe vorher verkuͤndiget werden.
Die letztere Gattung kann mit deutlichen
Worten und ohne Decke offenbahret wer-
den, und bleibet deßwegen nicht auſſen, in-
dem ſie nach unſerer Ausſage nicht von dem
freyen Willen derjenigen, denen die Weiſ-
ſagung geſchiehet, kann geaͤndert werden.
Die erſtere Gattung kuͤnfftiger Begeben-
heiten aber iſt gantz anders beſchaffen, be-
ſonders wenn ſie recht unangenehme Folgen
haben. Denn da ſie bloß auf den freyen
Willen des Menſchen ankommen, der ſie
aͤndern kann, wenn er ſie vorher weiß, ſo
doͤrffen ſie, wenn anders die Weiſſagung
durch den Erfolg nicht ſoll zur Luͤgen ge-
macht werden, nicht allezeit mit klaren,
deutlichen und platten Worten vorher ver-
kuͤndiget, ſondern muͤſſen nur gantz verſteckt
und gleichſam von Ferne gezeiget werden.

Da-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0104" n="68"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Gefa&#x0364;ngniß, mit welcher GOtt den Juden<lb/>
gleichfals drohen ließ. Die&#x017F;e &#x017F;tand nicht<lb/>
in der Juden freyen Willen, &#x017F;ondern<lb/>
kam u&#x0364;ber &#x017F;ie, ob &#x017F;ie &#x017F;elbige gleich mit vie-<lb/>
len Seuffzern beweineten, und ihre Ban-<lb/>
den mit Thra&#x0364;nen benetzten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 5.</head><lb/>
            <note place="left">Es ko&#x0364;n-<lb/>
nen nicht<lb/>
alle zu-<lb/>
ku&#x0364;nfftige<lb/>
Dinge<lb/>
deutlich<lb/>
vorher<lb/>
verku&#x0364;ndi-<lb/>
get wer-<lb/>
den.</note>
            <p>Die&#x017F;e beyden Gattungen von ku&#x0364;nffti-<lb/>
gen Dingen ko&#x0364;nnen nicht auf einerley Arth<lb/>
und Wei&#x017F;e vorher verku&#x0364;ndiget werden.<lb/>
Die letztere Gattung kann mit deutlichen<lb/>
Worten und ohne Decke offenbahret wer-<lb/>
den, und bleibet deßwegen nicht au&#x017F;&#x017F;en, in-<lb/>
dem &#x017F;ie nach un&#x017F;erer Aus&#x017F;age nicht von dem<lb/>
freyen Willen derjenigen, denen die Wei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;agung ge&#x017F;chiehet, kann gea&#x0364;ndert werden.<lb/>
Die er&#x017F;tere Gattung ku&#x0364;nfftiger Begeben-<lb/>
heiten aber i&#x017F;t gantz anders be&#x017F;chaffen, be-<lb/>
&#x017F;onders wenn &#x017F;ie recht unangenehme Folgen<lb/>
haben. Denn da &#x017F;ie bloß auf den freyen<lb/>
Willen des Men&#x017F;chen ankommen, der &#x017F;ie<lb/>
a&#x0364;ndern kann, wenn er &#x017F;ie vorher weiß, &#x017F;o<lb/>
do&#x0364;rffen &#x017F;ie, wenn anders die Wei&#x017F;&#x017F;agung<lb/>
durch den Erfolg nicht &#x017F;oll zur Lu&#x0364;gen ge-<lb/>
macht werden, nicht allezeit mit klaren,<lb/>
deutlichen und platten Worten vorher ver-<lb/>
ku&#x0364;ndiget, &#x017F;ondern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nur gantz ver&#x017F;teckt<lb/>
und gleich&#x017F;am von Ferne gezeiget werden.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Da-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0104] Gefaͤngniß, mit welcher GOtt den Juden gleichfals drohen ließ. Dieſe ſtand nicht in der Juden freyen Willen, ſondern kam uͤber ſie, ob ſie ſelbige gleich mit vie- len Seuffzern beweineten, und ihre Ban- den mit Thraͤnen benetzten. §. 5. Dieſe beyden Gattungen von kuͤnffti- gen Dingen koͤnnen nicht auf einerley Arth und Weiſe vorher verkuͤndiget werden. Die letztere Gattung kann mit deutlichen Worten und ohne Decke offenbahret wer- den, und bleibet deßwegen nicht auſſen, in- dem ſie nach unſerer Ausſage nicht von dem freyen Willen derjenigen, denen die Weiſ- ſagung geſchiehet, kann geaͤndert werden. Die erſtere Gattung kuͤnfftiger Begeben- heiten aber iſt gantz anders beſchaffen, be- ſonders wenn ſie recht unangenehme Folgen haben. Denn da ſie bloß auf den freyen Willen des Menſchen ankommen, der ſie aͤndern kann, wenn er ſie vorher weiß, ſo doͤrffen ſie, wenn anders die Weiſſagung durch den Erfolg nicht ſoll zur Luͤgen ge- macht werden, nicht allezeit mit klaren, deutlichen und platten Worten vorher ver- kuͤndiget, ſondern muͤſſen nur gantz verſteckt und gleichſam von Ferne gezeiget werden. Da-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/104
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/104>, abgerufen am 24.04.2024.