Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





einige
Dinge ist
veränder-
lich.
von vielen Dingen ist bey verschiedenen
Menschen unterschieden, ja äussere Um-
stände verursachen öfters, daß er bey ei-
ner eintzigen Person veränderlich ist.
Den einen vergnügen die Wissenschaf-
ten, den andern sind sie verdrießlich.
Der eine liebt eine gewisse Speise, dem
andern aber erweckt sie einen Eckel, und
anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker-
Bißgen, welches uns zu einer andern
Zeit zuwider ist. Es ist auch der Grad
dieser Lust und Unlust veränderlich, und
steigt und fällt, nachdem allerhand Um-
stände Gelegenheit darzu geben. Mein
jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich
alle Ursachen hiervon untersuche, sondern
es ist mir genug, wenn ich kürtzlich be-
mercke, wie viel unsere Einbildungskraft
darzu beyträget.

§. 6.
Wie die
Einbil-
dungs-
kraft
uns eine
Sache
ange-
nehm o-
der unan-
genehm
mache.

Es ist bekant und ein jeder nimmt bey
sich selbst wahr, wenn er auf die Wür-
ckungen seiner Seele Achtung giebt, daß
das Vermögen, welches wir die Einbil-
dungskraft nennen, Dinge mit einan-
der verknüpft, deren Bilder ehemals in
der Seele zugleich gewesen, wenn nur
eins von diesen Bildern wieder in der
Seele hervorgebracht wird. Die Auf-
mercksamkeit auf das, was in unserer

Seele





einige
Dinge iſt
veraͤnder-
lich.
von vielen Dingen iſt bey verſchiedenen
Menſchen unterſchieden, ja aͤuſſere Um-
ſtaͤnde verurſachen oͤfters, daß er bey ei-
ner eintzigen Perſon veraͤnderlich iſt.
Den einen vergnuͤgen die Wiſſenſchaf-
ten, den andern ſind ſie verdrießlich.
Der eine liebt eine gewiſſe Speiſe, dem
andern aber erweckt ſie einen Eckel, und
anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker-
Bißgen, welches uns zu einer andern
Zeit zuwider iſt. Es iſt auch der Grad
dieſer Luſt und Unluſt veraͤnderlich, und
ſteigt und faͤllt, nachdem allerhand Um-
ſtaͤnde Gelegenheit darzu geben. Mein
jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich
alle Urſachen hiervon unterſuche, ſondern
es iſt mir genug, wenn ich kuͤrtzlich be-
mercke, wie viel unſere Einbildungskraft
darzu beytraͤget.

§. 6.
Wie die
Einbil-
dungs-
kraft
uns eine
Sache
ange-
nehm o-
der unan-
genehm
mache.

Es iſt bekant und ein jeder nimmt bey
ſich ſelbſt wahr, wenn er auf die Wuͤr-
ckungen ſeiner Seele Achtung giebt, daß
das Vermoͤgen, welches wir die Einbil-
dungskraft nennen, Dinge mit einan-
der verknuͤpft, deren Bilder ehemals in
der Seele zugleich geweſen, wenn nur
eins von dieſen Bildern wieder in der
Seele hervorgebracht wird. Die Auf-
merckſamkeit auf das, was in unſerer

Seele
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0282" n="250[246]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note place="left">einige<lb/>
Dinge i&#x017F;t<lb/>
vera&#x0364;nder-<lb/>
lich.</note>von vielen Dingen i&#x017F;t bey ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Men&#x017F;chen unter&#x017F;chieden, ja a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde verur&#x017F;achen o&#x0364;fters, daß er bey ei-<lb/>
ner eintzigen Per&#x017F;on vera&#x0364;nderlich i&#x017F;t.<lb/>
Den einen vergnu&#x0364;gen die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten, den andern &#x017F;ind &#x017F;ie verdrießlich.<lb/>
Der eine liebt eine gewi&#x017F;&#x017F;e Spei&#x017F;e, dem<lb/>
andern aber erweckt &#x017F;ie einen Eckel, und<lb/>
anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker-<lb/>
Bißgen, welches uns zu einer andern<lb/>
Zeit zuwider i&#x017F;t. Es i&#x017F;t auch der Grad<lb/>
die&#x017F;er Lu&#x017F;t und Unlu&#x017F;t vera&#x0364;nderlich, und<lb/>
&#x017F;teigt und fa&#x0364;llt, nachdem allerhand Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde Gelegenheit darzu geben. Mein<lb/>
jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich<lb/>
alle Ur&#x017F;achen hiervon unter&#x017F;uche, &#x017F;ondern<lb/>
es i&#x017F;t mir genug, wenn ich ku&#x0364;rtzlich be-<lb/>
mercke, wie viel un&#x017F;ere Einbildungskraft<lb/>
darzu beytra&#x0364;get.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 6.</head><lb/>
            <note place="left">Wie die<lb/>
Einbil-<lb/>
dungs-<lb/>
kraft<lb/>
uns eine<lb/>
Sache<lb/>
ange-<lb/>
nehm o-<lb/>
der unan-<lb/>
genehm<lb/>
mache.</note>
            <p>Es i&#x017F;t bekant und ein jeder nimmt bey<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wahr, wenn er auf die Wu&#x0364;r-<lb/>
ckungen &#x017F;einer Seele Achtung giebt, daß<lb/>
das Vermo&#x0364;gen, welches wir die Einbil-<lb/>
dungskraft nennen, Dinge mit einan-<lb/>
der verknu&#x0364;pft, deren Bilder ehemals in<lb/>
der Seele zugleich gewe&#x017F;en, wenn nur<lb/>
eins von die&#x017F;en Bildern wieder in der<lb/>
Seele hervorgebracht wird. Die Auf-<lb/>
merck&#x017F;amkeit auf das, was in un&#x017F;erer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Seele</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250[246]/0282] von vielen Dingen iſt bey verſchiedenen Menſchen unterſchieden, ja aͤuſſere Um- ſtaͤnde verurſachen oͤfters, daß er bey ei- ner eintzigen Perſon veraͤnderlich iſt. Den einen vergnuͤgen die Wiſſenſchaf- ten, den andern ſind ſie verdrießlich. Der eine liebt eine gewiſſe Speiſe, dem andern aber erweckt ſie einen Eckel, und anjetzo halten wir etwas vor ein Lecker- Bißgen, welches uns zu einer andern Zeit zuwider iſt. Es iſt auch der Grad dieſer Luſt und Unluſt veraͤnderlich, und ſteigt und faͤllt, nachdem allerhand Um- ſtaͤnde Gelegenheit darzu geben. Mein jetziger Endzweck erfordert nicht, daß ich alle Urſachen hiervon unterſuche, ſondern es iſt mir genug, wenn ich kuͤrtzlich be- mercke, wie viel unſere Einbildungskraft darzu beytraͤget. einige Dinge iſt veraͤnder- lich. §. 6. Es iſt bekant und ein jeder nimmt bey ſich ſelbſt wahr, wenn er auf die Wuͤr- ckungen ſeiner Seele Achtung giebt, daß das Vermoͤgen, welches wir die Einbil- dungskraft nennen, Dinge mit einan- der verknuͤpft, deren Bilder ehemals in der Seele zugleich geweſen, wenn nur eins von dieſen Bildern wieder in der Seele hervorgebracht wird. Die Auf- merckſamkeit auf das, was in unſerer Seele

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/282
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 250[246]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/282>, abgerufen am 19.04.2024.