Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>



zu thun. Da nun aber aus den Be-
wegungen eines Kindes zu schliessen ist,
daß es nicht lange nach seiner Gebuhrt
ziemlich klare Vorstellungen haben muß,
indem es gar bald anfänget der Mutter
Brust zu suchen, und was dergleichen
mehr ist; so ist wahrscheinlich, daß die
Seele vorher erst gantz dunckele und nach
und nach immer klärere Vorstellungen ge-
habt, und daß dieses im Mutterleibe sei-
nen Anfang genommen.

§. 17.

Nachdem ich mir nun den Weg zuBesonde-
re Exem-
pel von
einer
fortgeerb-
ten Ab-
neigung-
einiger Erklärung der Art und Weise,
wie Neigungen und also auch böse Nei-
gungen mögen fortgepflantzet werden,
gebahnet, so will ich meine Muthmas-
sung davon dem geneigten Leser zur Be-
urtheilung vorlegen. Jch will aber erst
an einem besondern Exempel zeigen,
wie man die Fortpflantzung einer Nei-
gung aus den obigen Gründen begreif-
fen könne, und alsdenn will ich eben
dieselben anwenden, die unselige Erb-
schaft böser Neigungen zu erklären. Jch
habe eine Mutter gekannt, welche, da sie
mit einem Sohne schwanger war, durch
einen sehr starcken Donnerschlag in
ein grosses Schrecken gesetzet wurde.
Jhren Sohn, den sie hernach zur Welt

brach-



zu thun. Da nun aber aus den Be-
wegungen eines Kindes zu ſchlieſſen iſt,
daß es nicht lange nach ſeiner Gebuhrt
ziemlich klare Vorſtellungen haben muß,
indem es gar bald anfaͤnget der Mutter
Bruſt zu ſuchen, und was dergleichen
mehr iſt; ſo iſt wahrſcheinlich, daß die
Seele vorher erſt gantz dunckele und nach
und nach immer klaͤrere Vorſtellungen ge-
habt, und daß dieſes im Mutterleibe ſei-
nen Anfang genommen.

§. 17.

Nachdem ich mir nun den Weg zuBeſonde-
re Exem-
pel von
einer
fortgeerb-
ten Ab-
neigung-
einiger Erklaͤrung der Art und Weiſe,
wie Neigungen und alſo auch boͤſe Nei-
gungen moͤgen fortgepflantzet werden,
gebahnet, ſo will ich meine Muthmaſ-
ſung davon dem geneigten Leſer zur Be-
urtheilung vorlegen. Jch will aber erſt
an einem beſondern Exempel zeigen,
wie man die Fortpflantzung einer Nei-
gung aus den obigen Gruͤnden begreif-
fen koͤnne, und alsdenn will ich eben
dieſelben anwenden, die unſelige Erb-
ſchaft boͤſer Neigungen zu erklaͤren. Jch
habe eine Mutter gekannt, welche, da ſie
mit einem Sohne ſchwanger war, durch
einen ſehr ſtarcken Donnerſchlag in
ein groſſes Schrecken geſetzet wurde.
Jhren Sohn, den ſie hernach zur Welt

brach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0299" n="267[263]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
zu thun. Da nun aber aus den Be-<lb/>
wegungen eines Kindes zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t,<lb/>
daß es nicht lange nach &#x017F;einer Gebuhrt<lb/>
ziemlich klare Vor&#x017F;tellungen haben muß,<lb/>
indem es gar bald anfa&#x0364;nget der Mutter<lb/>
Bru&#x017F;t zu &#x017F;uchen, und was dergleichen<lb/>
mehr i&#x017F;t; &#x017F;o i&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, daß die<lb/>
Seele vorher er&#x017F;t gantz dunckele und nach<lb/>
und nach immer kla&#x0364;rere Vor&#x017F;tellungen ge-<lb/>
habt, und daß die&#x017F;es im Mutterleibe &#x017F;ei-<lb/>
nen Anfang genommen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 17.</head><lb/>
            <p>Nachdem ich mir nun den Weg zu<note place="right">Be&#x017F;onde-<lb/>
re Exem-<lb/>
pel von<lb/>
einer<lb/>
fortgeerb-<lb/>
ten Ab-<lb/>
neigung-</note><lb/>
einiger Erkla&#x0364;rung der Art und Wei&#x017F;e,<lb/>
wie Neigungen und al&#x017F;o auch bo&#x0364;&#x017F;e Nei-<lb/>
gungen mo&#x0364;gen fortgepflantzet werden,<lb/>
gebahnet, &#x017F;o will ich meine Muthma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung davon dem geneigten Le&#x017F;er zur Be-<lb/>
urtheilung vorlegen. Jch will aber er&#x017F;t<lb/>
an einem be&#x017F;ondern Exempel zeigen,<lb/>
wie man die Fortpflantzung einer Nei-<lb/>
gung aus den obigen Gru&#x0364;nden begreif-<lb/>
fen ko&#x0364;nne, und alsdenn will ich eben<lb/>
die&#x017F;elben anwenden, die un&#x017F;elige Erb-<lb/>
&#x017F;chaft bo&#x0364;&#x017F;er Neigungen zu erkla&#x0364;ren. Jch<lb/>
habe eine Mutter gekannt, welche, da &#x017F;ie<lb/>
mit einem Sohne &#x017F;chwanger war, durch<lb/>
einen &#x017F;ehr &#x017F;tarcken Donner&#x017F;chlag in<lb/>
ein gro&#x017F;&#x017F;es Schrecken ge&#x017F;etzet wurde.<lb/>
Jhren Sohn, den &#x017F;ie hernach zur Welt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">brach-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267[263]/0299] zu thun. Da nun aber aus den Be- wegungen eines Kindes zu ſchlieſſen iſt, daß es nicht lange nach ſeiner Gebuhrt ziemlich klare Vorſtellungen haben muß, indem es gar bald anfaͤnget der Mutter Bruſt zu ſuchen, und was dergleichen mehr iſt; ſo iſt wahrſcheinlich, daß die Seele vorher erſt gantz dunckele und nach und nach immer klaͤrere Vorſtellungen ge- habt, und daß dieſes im Mutterleibe ſei- nen Anfang genommen. §. 17. Nachdem ich mir nun den Weg zu einiger Erklaͤrung der Art und Weiſe, wie Neigungen und alſo auch boͤſe Nei- gungen moͤgen fortgepflantzet werden, gebahnet, ſo will ich meine Muthmaſ- ſung davon dem geneigten Leſer zur Be- urtheilung vorlegen. Jch will aber erſt an einem beſondern Exempel zeigen, wie man die Fortpflantzung einer Nei- gung aus den obigen Gruͤnden begreif- fen koͤnne, und alsdenn will ich eben dieſelben anwenden, die unſelige Erb- ſchaft boͤſer Neigungen zu erklaͤren. Jch habe eine Mutter gekannt, welche, da ſie mit einem Sohne ſchwanger war, durch einen ſehr ſtarcken Donnerſchlag in ein groſſes Schrecken geſetzet wurde. Jhren Sohn, den ſie hernach zur Welt brach- Beſonde- re Exem- pel von einer fortgeerb- ten Ab- neigung-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/299
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 267[263]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/299>, abgerufen am 16.04.2024.