Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





er aber mit sich selbst nicht kan uneinig
seyn, so kan er auch kein trockenes Naß
und andere dergleichen Dinge schaffen,
welche sich selbst widersprechen.

§. 15.

Der zweyte Satz, welchen ich aus derZweyter
Vorbe-
reitungs-
Satz:
Es sind
keine
zwey voll-
kommen
ähnliche
Dinge
möglich.

Philosophie hier muß einschalten, ist die-
ser: Die Würcklichkeit zweyer vollkom-
men ähnlicher und gleicher Dinge hält ei-
nen Widerspruch in sich, und folglich
kan der Wille GOttes keine zwey Dinge
darstellen, welche einander in allen Stü-
cken vollkommen gleich wären. Man
hat verschiedene Beweise von diesem Sa-
tze. Mir scheinet derjenige am deutlich-
sten zu seyn, welchen man findet in des
Herrn IO. PET. REVSCHII, Prof.
Ien. Systemate metaphysico
§. 568. 569.
570. Er ist aber dennoch höher, als daß
er von einem Ungelehrten könte begriffen
werden. Jch will ihn also hier nicht her-
setzen, sondern den angeführten Satz nur
durch die Erfahrung in etwas wahr-
scheinlich machen. Die Erfahrung aber
lehret, daß kein menschlich Gesicht, kein
Blat, kein Ey, ja nichts, welches wir
nur mit unsern Augen ein wenig genau
betrachten können, dem andern vollkom-
men ähnlich sey. Man kan alles, was
nur durch die Vergrösserungsgläser grös-

ser





er aber mit ſich ſelbſt nicht kan uneinig
ſeyn, ſo kan er auch kein trockenes Naß
und andere dergleichen Dinge ſchaffen,
welche ſich ſelbſt widerſprechen.

§. 15.

Der zweyte Satz, welchen ich aus derZweyter
Vorbe-
reitungs-
Satz:
Es ſind
keine
zwey voll-
kommen
aͤhnliche
Dinge
moͤglich.

Philoſophie hier muß einſchalten, iſt die-
ſer: Die Wuͤrcklichkeit zweyer vollkom-
men aͤhnlicher und gleicher Dinge haͤlt ei-
nen Widerſpruch in ſich, und folglich
kan der Wille GOttes keine zwey Dinge
darſtellen, welche einander in allen Stuͤ-
cken vollkommen gleich waͤren. Man
hat verſchiedene Beweiſe von dieſem Sa-
tze. Mir ſcheinet derjenige am deutlich-
ſten zu ſeyn, welchen man findet in des
Herrn IO. PET. REVSCHII, Prof.
Ien. Syſtemate metaphyſico
§. 568. 569.
570. Er iſt aber dennoch hoͤher, als daß
er von einem Ungelehrten koͤnte begriffen
werden. Jch will ihn alſo hier nicht her-
ſetzen, ſondern den angefuͤhrten Satz nur
durch die Erfahrung in etwas wahr-
ſcheinlich machen. Die Erfahrung aber
lehret, daß kein menſchlich Geſicht, kein
Blat, kein Ey, ja nichts, welches wir
nur mit unſern Augen ein wenig genau
betrachten koͤnnen, dem andern vollkom-
men aͤhnlich ſey. Man kan alles, was
nur durch die Vergroͤſſerungsglaͤſer groͤſ-

ſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0335" n="303[299]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
er aber mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht kan uneinig<lb/>
&#x017F;eyn, &#x017F;o kan er auch kein trockenes Naß<lb/>
und andere dergleichen Dinge &#x017F;chaffen,<lb/>
welche &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wider&#x017F;prechen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 15.</head><lb/>
            <p>Der zweyte Satz, welchen ich aus der<note place="right">Zweyter<lb/>
Vorbe-<lb/>
reitungs-<lb/>
Satz:<lb/>
Es &#x017F;ind<lb/>
keine<lb/>
zwey voll-<lb/>
kommen<lb/>
a&#x0364;hnliche<lb/>
Dinge<lb/>
mo&#x0364;glich.</note><lb/>
Philo&#x017F;ophie hier muß ein&#x017F;chalten, i&#x017F;t die-<lb/>
&#x017F;er: Die Wu&#x0364;rcklichkeit zweyer vollkom-<lb/>
men a&#x0364;hnlicher und gleicher Dinge ha&#x0364;lt ei-<lb/>
nen Wider&#x017F;pruch in &#x017F;ich, und folglich<lb/>
kan der Wille GOttes keine zwey Dinge<lb/>
dar&#x017F;tellen, welche einander in allen Stu&#x0364;-<lb/>
cken vollkommen gleich wa&#x0364;ren. Man<lb/>
hat ver&#x017F;chiedene Bewei&#x017F;e von die&#x017F;em Sa-<lb/>
tze. Mir &#x017F;cheinet derjenige am deutlich-<lb/>
&#x017F;ten zu &#x017F;eyn, welchen man findet in des<lb/>
Herrn <hi rendition="#aq">IO. PET. REVSCHII, Prof.<lb/>
Ien. Sy&#x017F;temate metaphy&#x017F;ico</hi> §. 568. 569.<lb/>
570. Er i&#x017F;t aber dennoch ho&#x0364;her, als daß<lb/>
er von einem Ungelehrten ko&#x0364;nte begriffen<lb/>
werden. Jch will ihn al&#x017F;o hier nicht her-<lb/>
&#x017F;etzen, &#x017F;ondern den angefu&#x0364;hrten Satz nur<lb/>
durch die Erfahrung in etwas wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich machen. Die Erfahrung aber<lb/>
lehret, daß kein men&#x017F;chlich Ge&#x017F;icht, kein<lb/>
Blat, kein Ey, ja nichts, welches wir<lb/>
nur mit un&#x017F;ern Augen ein wenig genau<lb/>
betrachten ko&#x0364;nnen, dem andern vollkom-<lb/>
men a&#x0364;hnlich &#x017F;ey. Man kan alles, was<lb/>
nur durch die Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungsgla&#x0364;&#x017F;er gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;er</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303[299]/0335] er aber mit ſich ſelbſt nicht kan uneinig ſeyn, ſo kan er auch kein trockenes Naß und andere dergleichen Dinge ſchaffen, welche ſich ſelbſt widerſprechen. §. 15. Der zweyte Satz, welchen ich aus der Philoſophie hier muß einſchalten, iſt die- ſer: Die Wuͤrcklichkeit zweyer vollkom- men aͤhnlicher und gleicher Dinge haͤlt ei- nen Widerſpruch in ſich, und folglich kan der Wille GOttes keine zwey Dinge darſtellen, welche einander in allen Stuͤ- cken vollkommen gleich waͤren. Man hat verſchiedene Beweiſe von dieſem Sa- tze. Mir ſcheinet derjenige am deutlich- ſten zu ſeyn, welchen man findet in des Herrn IO. PET. REVSCHII, Prof. Ien. Syſtemate metaphyſico §. 568. 569. 570. Er iſt aber dennoch hoͤher, als daß er von einem Ungelehrten koͤnte begriffen werden. Jch will ihn alſo hier nicht her- ſetzen, ſondern den angefuͤhrten Satz nur durch die Erfahrung in etwas wahr- ſcheinlich machen. Die Erfahrung aber lehret, daß kein menſchlich Geſicht, kein Blat, kein Ey, ja nichts, welches wir nur mit unſern Augen ein wenig genau betrachten koͤnnen, dem andern vollkom- men aͤhnlich ſey. Man kan alles, was nur durch die Vergroͤſſerungsglaͤſer groͤſ- ſer Zweyter Vorbe- reitungs- Satz: Es ſind keine zwey voll- kommen aͤhnliche Dinge moͤglich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/335
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 303[299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/335>, abgerufen am 28.03.2024.