Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





Absicht gerichtet? Wir können hier die
Creaturen füglich in lebendige und leblose
oder todte eintheilen. Denen todten und
leblosen Geschöpffen kann nichts zum besten
geschehen, denn selbige haben keine Em-
pfindung, sie sind sich ihrer nicht bewust, sie
können sich über nichts freuen und über
nichts betrüben. Es ist einem Holtze,
Steine und Klumpen Erde gleich viel, ob
sie sind oder nicht, ob sie bleiben oder wie-
der in ein Nichts verwandelt werden. Es
gilt ihnen gleich, ob sie zu Aufrichtung ei-
nes schönen Gebäudes gebraucht, oder ob
sie durch ein Feuer in falbe Asche, Kalck
und Staub aufgelöset und durch den Wind
verstreuet werden. Da also GOtt Crea-
turen zum besten etwas machen wollen, so
muß seine Absicht auf die lebendigen Ge-
schöpffe gegangen seyn. Denn diese haben
Empfindungen, sind sich ihrer bewust und
können einer Glückseligkeit und eines Ver-
gnügens theilhafftig werden, und diesen
zum besten kann also GOtt schaffen und
etwas machen.

§. 10.

Unter den lebendigen Geschöpffen tref-Sondern
zum Vor-
theil der
lebendi-
gen und

fen wir wiederum einen grossen Haupt-
Unterschied an, wodurch sie in zwey grosse

Ge-
B 5





Abſicht gerichtet? Wir koͤnnen hier die
Creaturen fuͤglich in lebendige und lebloſe
oder todte eintheilen. Denen todten und
lebloſen Geſchoͤpffen kann nichts zum beſten
geſchehen, denn ſelbige haben keine Em-
pfindung, ſie ſind ſich ihrer nicht bewuſt, ſie
koͤnnen ſich uͤber nichts freuen und uͤber
nichts betruͤben. Es iſt einem Holtze,
Steine und Klumpen Erde gleich viel, ob
ſie ſind oder nicht, ob ſie bleiben oder wie-
der in ein Nichts verwandelt werden. Es
gilt ihnen gleich, ob ſie zu Aufrichtung ei-
nes ſchoͤnen Gebaͤudes gebraucht, oder ob
ſie durch ein Feuer in falbe Aſche, Kalck
und Staub aufgeloͤſet und durch den Wind
verſtreuet werden. Da alſo GOtt Crea-
turen zum beſten etwas machen wollen, ſo
muß ſeine Abſicht auf die lebendigen Ge-
ſchoͤpffe gegangen ſeyn. Denn dieſe haben
Empfindungen, ſind ſich ihrer bewuſt und
koͤnnen einer Gluͤckſeligkeit und eines Ver-
gnuͤgens theilhafftig werden, und dieſen
zum beſten kann alſo GOtt ſchaffen und
etwas machen.

§. 10.

Unter den lebendigen Geſchoͤpffen tref-Sondern
zum Vor-
theil der
lebendi-
gen und

fen wir wiederum einen groſſen Haupt-
Unterſchied an, wodurch ſie in zwey groſſe

Ge-
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="25"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Ab&#x017F;icht gerichtet? Wir ko&#x0364;nnen hier die<lb/>
Creaturen fu&#x0364;glich in lebendige und leblo&#x017F;e<lb/>
oder todte e<hi rendition="#aq">i</hi>ntheilen. Denen todten und<lb/>
leblo&#x017F;en Ge&#x017F;cho&#x0364;pffen kann nichts zum be&#x017F;ten<lb/>
ge&#x017F;chehen, denn &#x017F;elbige haben keine Em-<lb/>
pfindung, &#x017F;ie &#x017F;ind &#x017F;ich ihrer nicht bewu&#x017F;t, &#x017F;ie<lb/>
ko&#x0364;nnen &#x017F;ich u&#x0364;ber nichts freuen und u&#x0364;ber<lb/>
nichts betru&#x0364;ben. Es i&#x017F;t einem Holtze,<lb/>
Steine und Klumpen Erde gleich viel, ob<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ind oder nicht, ob &#x017F;ie bleiben oder wie-<lb/>
der in ein Nichts verwandelt werden. Es<lb/>
gilt ihnen gleich, ob &#x017F;ie zu Aufrichtung ei-<lb/>
nes &#x017F;cho&#x0364;nen Geba&#x0364;udes gebraucht, oder ob<lb/>
&#x017F;ie durch ein Feuer in falbe A&#x017F;che, Kalck<lb/>
und Staub aufgelo&#x0364;&#x017F;et und durch den Wind<lb/>
ver&#x017F;treuet werden. Da al&#x017F;o GOtt Crea-<lb/>
turen zum be&#x017F;ten etwas machen wollen, &#x017F;o<lb/>
muß &#x017F;eine Ab&#x017F;icht auf die lebendigen Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pffe gegangen &#x017F;eyn. Denn die&#x017F;e haben<lb/>
Empfindungen, &#x017F;ind &#x017F;ich ihrer bewu&#x017F;t und<lb/>
ko&#x0364;nnen einer Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit und eines Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gens theilhafftig werden, und die&#x017F;en<lb/>
zum be&#x017F;ten kann al&#x017F;o GOtt &#x017F;chaffen und<lb/>
etwas machen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 10.</head><lb/>
            <p>Unter den lebendigen Ge&#x017F;cho&#x0364;pffen tref-<note place="right">Sondern<lb/>
zum Vor-<lb/>
theil der<lb/>
lebendi-<lb/>
gen und</note><lb/>
fen wir wiederum einen gro&#x017F;&#x017F;en Haupt-<lb/>
Unter&#x017F;chied an, wodurch &#x017F;ie in zwey gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0061] Abſicht gerichtet? Wir koͤnnen hier die Creaturen fuͤglich in lebendige und lebloſe oder todte eintheilen. Denen todten und lebloſen Geſchoͤpffen kann nichts zum beſten geſchehen, denn ſelbige haben keine Em- pfindung, ſie ſind ſich ihrer nicht bewuſt, ſie koͤnnen ſich uͤber nichts freuen und uͤber nichts betruͤben. Es iſt einem Holtze, Steine und Klumpen Erde gleich viel, ob ſie ſind oder nicht, ob ſie bleiben oder wie- der in ein Nichts verwandelt werden. Es gilt ihnen gleich, ob ſie zu Aufrichtung ei- nes ſchoͤnen Gebaͤudes gebraucht, oder ob ſie durch ein Feuer in falbe Aſche, Kalck und Staub aufgeloͤſet und durch den Wind verſtreuet werden. Da alſo GOtt Crea- turen zum beſten etwas machen wollen, ſo muß ſeine Abſicht auf die lebendigen Ge- ſchoͤpffe gegangen ſeyn. Denn dieſe haben Empfindungen, ſind ſich ihrer bewuſt und koͤnnen einer Gluͤckſeligkeit und eines Ver- gnuͤgens theilhafftig werden, und dieſen zum beſten kann alſo GOtt ſchaffen und etwas machen. §. 10. Unter den lebendigen Geſchoͤpffen tref- fen wir wiederum einen groſſen Haupt- Unterſchied an, wodurch ſie in zwey groſſe Ge- Sondern zum Vor- theil der lebendi- gen und B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/61
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/61>, abgerufen am 28.03.2024.