Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





immer mehr und mehr von Unruhe, Schmertz und
Verdrießlichkeiten abgezogen und entfernet.

§. 12.

Da nun GOtt bey der SchöpffungGott will,
daß die
vernünff-
tigen Ge-
schöpffe
an Ver-
nunfft zu-
nehmen.

hauptsächlich auf die vernünftigen Crea-
turen seine Absicht gerichtet, und sein gnä-
diger Wille gewesen, sie durch ihre Erschaf-
fung glücklich zu machen, und ihnen eine
Wohlthat zu erweisen: so muß auch sein
ernster Wille seyn, daß sie zum Gebrauch
ihrer Vernunfft kommen, und eine bessere
und genauere Einsicht von den Dingen
der Welt erlangen als die Thiere, und ins
besondere diejenigen Handlungen kennen
und ausüben lernen, welche zu ihrer Voll-
kommenheit etwas beytragen. Soll aber
dieses geschehen, so ist nöthig, daß sie ver-
nünfftig und weise werden, und hierinne
beständig zunehmen. Sucht der Mensch
nicht vernünfftig zu werden, und diese
Vernunft auch in seinen freyen Hand-
lungen sehen zu lassen, so ziehet er sich
viele Schmertzen und Verdrießlichkeiten
übern Hals, wird mißvergnügt, kommt
von einer Unseligkeit zur andern. Weil
nun aber GOtt will, daß die vernünfftigen
Creaturen zu einer wahren Glückseligkeit
gelangen mögen, so muß auch sein Wille

seyn,





immer mehr und mehr von Unruhe, Schmertz und
Verdrießlichkeiten abgezogen und entfernet.

§. 12.

Da nun GOtt bey der SchoͤpffungGott will,
daß die
vernuͤnff-
tigen Ge-
ſchoͤpffe
an Ver-
nunfft zu-
nehmen.

hauptſaͤchlich auf die vernuͤnftigen Crea-
turen ſeine Abſicht gerichtet, und ſein gnaͤ-
diger Wille geweſen, ſie durch ihre Erſchaf-
fung gluͤcklich zu machen, und ihnen eine
Wohlthat zu erweiſen: ſo muß auch ſein
ernſter Wille ſeyn, daß ſie zum Gebrauch
ihrer Vernunfft kommen, und eine beſſere
und genauere Einſicht von den Dingen
der Welt erlangen als die Thiere, und ins
beſondere diejenigen Handlungen kennen
und ausuͤben lernen, welche zu ihrer Voll-
kommenheit etwas beytragen. Soll aber
dieſes geſchehen, ſo iſt noͤthig, daß ſie ver-
nuͤnfftig und weiſe werden, und hierinne
beſtaͤndig zunehmen. Sucht der Menſch
nicht vernuͤnfftig zu werden, und dieſe
Vernunft auch in ſeinen freyen Hand-
lungen ſehen zu laſſen, ſo ziehet er ſich
viele Schmertzen und Verdrießlichkeiten
uͤbern Hals, wird mißvergnuͤgt, kommt
von einer Unſeligkeit zur andern. Weil
nun aber GOtt will, daß die vernuͤnfftigen
Creaturen zu einer wahren Gluͤckſeligkeit
gelangen moͤgen, ſo muß auch ſein Wille

ſeyn,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0067" n="31"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
immer mehr und mehr von Unruhe, Schmertz und<lb/>
Verdrießlichkeiten abgezogen und entfernet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 12.</head><lb/>
            <p>Da nun GOtt bey der Scho&#x0364;pffung<note place="right">Gott will,<lb/>
daß die<lb/>
vernu&#x0364;nff-<lb/>
tigen Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pffe<lb/>
an Ver-<lb/>
nunfft zu-<lb/>
nehmen.</note><lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich auf die vernu&#x0364;nftigen Crea-<lb/>
turen &#x017F;eine Ab&#x017F;icht gerichtet, und &#x017F;ein gna&#x0364;-<lb/>
diger Wille gewe&#x017F;en, &#x017F;ie durch ihre Er&#x017F;chaf-<lb/>
fung glu&#x0364;cklich zu machen, und ihnen eine<lb/>
Wohlthat zu erwei&#x017F;en: &#x017F;o muß auch &#x017F;ein<lb/>
ern&#x017F;ter Wille &#x017F;eyn, daß &#x017F;ie zum Gebrauch<lb/>
ihrer Vernunfft kommen, und eine be&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
und genauere Ein&#x017F;icht von den Dingen<lb/>
der Welt erlangen als die Thiere, und ins<lb/>
be&#x017F;ondere diejenigen Handlungen kennen<lb/>
und ausu&#x0364;ben lernen, welche zu ihrer Voll-<lb/>
kommenheit etwas beytragen. Soll aber<lb/>
die&#x017F;es ge&#x017F;chehen, &#x017F;o i&#x017F;t no&#x0364;thig, daß &#x017F;ie ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftig und wei&#x017F;e werden, und hierinne<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig zunehmen. Sucht der Men&#x017F;ch<lb/>
nicht vernu&#x0364;nfftig zu werden, und die&#x017F;e<lb/>
Vernunft auch in &#x017F;einen freyen Hand-<lb/>
lungen &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o ziehet er &#x017F;ich<lb/>
viele Schmertzen und Verdrießlichkeiten<lb/>
u&#x0364;bern Hals, wird mißvergnu&#x0364;gt, kommt<lb/>
von einer Un&#x017F;eligkeit zur andern. Weil<lb/>
nun aber GOtt will, daß die vernu&#x0364;nfftigen<lb/>
Creaturen zu einer wahren Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
gelangen mo&#x0364;gen, &#x017F;o muß auch &#x017F;ein Wille<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0067] immer mehr und mehr von Unruhe, Schmertz und Verdrießlichkeiten abgezogen und entfernet. §. 12. Da nun GOtt bey der Schoͤpffung hauptſaͤchlich auf die vernuͤnftigen Crea- turen ſeine Abſicht gerichtet, und ſein gnaͤ- diger Wille geweſen, ſie durch ihre Erſchaf- fung gluͤcklich zu machen, und ihnen eine Wohlthat zu erweiſen: ſo muß auch ſein ernſter Wille ſeyn, daß ſie zum Gebrauch ihrer Vernunfft kommen, und eine beſſere und genauere Einſicht von den Dingen der Welt erlangen als die Thiere, und ins beſondere diejenigen Handlungen kennen und ausuͤben lernen, welche zu ihrer Voll- kommenheit etwas beytragen. Soll aber dieſes geſchehen, ſo iſt noͤthig, daß ſie ver- nuͤnfftig und weiſe werden, und hierinne beſtaͤndig zunehmen. Sucht der Menſch nicht vernuͤnfftig zu werden, und dieſe Vernunft auch in ſeinen freyen Hand- lungen ſehen zu laſſen, ſo ziehet er ſich viele Schmertzen und Verdrießlichkeiten uͤbern Hals, wird mißvergnuͤgt, kommt von einer Unſeligkeit zur andern. Weil nun aber GOtt will, daß die vernuͤnfftigen Creaturen zu einer wahren Gluͤckſeligkeit gelangen moͤgen, ſo muß auch ſein Wille ſeyn, Gott will, daß die vernuͤnff- tigen Ge- ſchoͤpffe an Ver- nunfft zu- nehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/67
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/67>, abgerufen am 18.04.2024.