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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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dern Orte mit ausdrücklichen Worten das
Geschlecht, woraus derjenige entspringen
werde, der die Welt in eine andere Verfas-
sung setzen solle. Wir lesen Jes. c. 11 v.
1. 10. gantz deutlich vorher verkündiget, daß
er aus den Nachkommen Davids seinen
Ursprung nehmen solle. Es wird, spricht
daselbst der HErr, eine Ruthe (ein Sprös-
lein
) aufgehen von dem Stamm Jsai, und
ein Zweig aus seiner Wurtzel Frucht brin-
gen. Von diesem Zweig heisset es v. 10.
und wird geschehen zu der Zeit, daß die
Wurtzel Jsai, die da stehet zum Panier(*)
den Völckern, nach der werden die Heiden
fragen. Und seine Ruhe wird Ehre seyn.
(Seine Ruhe d. i. sein sanfftes Regiment
wird mit vieler Ehre verknüpfft seyn).
Wir bemercken hiebey, daß wenn hier ste-
het, die Heiden werden nach der Wurtzel
Jsai fragen, eigentlich ein solches Fragen
verstanden werden muß, daß sie sich zu der-
selben halten. Und da von ihr gesagt wird,
daß unter ihrer Regierung das Land voll
Erkänntniß des HErrn seyn würde, und nie-
mand den heiligen Berg, das ist, den Got-
tesdienst angreiffen und aufheben würde,
hiemit aber als eine Ursach verknüpft wird,

weil
(*) Ein Panier war eine Fahne, welche man im
Kriege aussteckte, daß die Soldaten sich nach
derselben richten, zu ihr versammlen und zu
ihr halten konnten. Wenn derowegen hier
gesagt wird, ein Zweig Davids werde selber
den Heiden ein Panier seyn, so heisset dieses so
viel: Es werden die Heiden sich zu ihm ver-
sammlen, und es mit ihm halten. Die
vorhergehende Erzehlung der wunderbaren
Vereinigung der zahmen mit den wilden
Thieren, zeiget an, daß das Volck GOt-
tes und die Heiden endlich eine Heerde aus-
machen würden. Bey dem Ezechiel finden
wir die deutlichste Erklärung dieser Worte,
wenn es daselbst c. 34. v. 28. vom Volcke GOt-
tes heißt: Sie sollen nicht mehr den Heiden
zum Raube werden, und kein Thier auf Er-
den soll sie mehr fressen, sondern sollen sicher
wohnen, ohne alle Furcht.



dern Orte mit ausdruͤcklichen Worten das
Geſchlecht, woraus derjenige entſpringen
werde, der die Welt in eine andere Verfaſ-
ſung ſetzen ſolle. Wir leſen Jeſ. c. 11 v.
1. 10. gantz deutlich vorher verkuͤndiget, daß
er aus den Nachkommen Davids ſeinen
Urſprung nehmen ſolle. Es wird, ſpricht
daſelbſt der HErr, eine Ruthe (ein Sproͤs-
lein
) aufgehen von dem Stamm Jſai, und
ein Zweig aus ſeiner Wurtzel Frucht brin-
gen. Von dieſem Zweig heiſſet es v. 10.
und wird geſchehen zu der Zeit, daß die
Wurtzel Jſai, die da ſtehet zum Panier(*)
den Voͤlckern, nach der werden die Heiden
fragen. Und ſeine Ruhe wird Ehre ſeyn.
(Seine Ruhe d. i. ſein ſanfftes Regiment
wird mit vieler Ehre verknuͤpfft ſeyn).
Wir bemercken hiebey, daß wenn hier ſte-
het, die Heiden werden nach der Wurtzel
Jſai fragen, eigentlich ein ſolches Fragen
verſtanden werden muß, daß ſie ſich zu der-
ſelben halten. Und da von ihr geſagt wird,
daß unter ihrer Regierung das Land voll
Erkaͤnntniß des HErrn ſeyn wuͤrde, und nie-
mand den heiligen Berg, das iſt, den Got-
tesdienſt angreiffen und aufheben wuͤrde,
hiemit aber als eine Urſach verknuͤpft wird,

weil
(*) Ein Panier war eine Fahne, welche man im
Kriege ausſteckte, daß die Soldaten ſich nach
derſelben richten, zu ihr verſammlen und zu
ihr halten konnten. Wenn derowegen hier
geſagt wird, ein Zweig Davids werde ſelber
den Heiden ein Panier ſeyn, ſo heiſſet dieſes ſo
viel: Es werden die Heiden ſich zu ihm ver-
ſammlen, und es mit ihm halten. Die
vorhergehende Erzehlung der wunderbaren
Vereinigung der zahmen mit den wilden
Thieren, zeiget an, daß das Volck GOt-
tes und die Heiden endlich eine Heerde aus-
machen wuͤrden. Bey dem Ezechiel finden
wir die deutlichſte Erklaͤrung dieſer Worte,
wenn es daſelbſt c. 34. v. 28. vom Volcke GOt-
tes heißt: Sie ſollen nicht mehr den Heiden
zum Raube werden, und kein Thier auf Er-
den ſoll ſie mehr freſſen, ſondern ſollen ſicher
wohnen, ohne alle Furcht.
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[106/0124] dern Orte mit ausdruͤcklichen Worten das Geſchlecht, woraus derjenige entſpringen werde, der die Welt in eine andere Verfaſ- ſung ſetzen ſolle. Wir leſen Jeſ. c. 11 v. 1. 10. gantz deutlich vorher verkuͤndiget, daß er aus den Nachkommen Davids ſeinen Urſprung nehmen ſolle. Es wird, ſpricht daſelbſt der HErr, eine Ruthe (ein Sproͤs- lein) aufgehen von dem Stamm Jſai, und ein Zweig aus ſeiner Wurtzel Frucht brin- gen. Von dieſem Zweig heiſſet es v. 10. und wird geſchehen zu der Zeit, daß die Wurtzel Jſai, die da ſtehet zum Panier (*) den Voͤlckern, nach der werden die Heiden fragen. Und ſeine Ruhe wird Ehre ſeyn. (Seine Ruhe d. i. ſein ſanfftes Regiment wird mit vieler Ehre verknuͤpfft ſeyn). Wir bemercken hiebey, daß wenn hier ſte- het, die Heiden werden nach der Wurtzel Jſai fragen, eigentlich ein ſolches Fragen verſtanden werden muß, daß ſie ſich zu der- ſelben halten. Und da von ihr geſagt wird, daß unter ihrer Regierung das Land voll Erkaͤnntniß des HErrn ſeyn wuͤrde, und nie- mand den heiligen Berg, das iſt, den Got- tesdienſt angreiffen und aufheben wuͤrde, hiemit aber als eine Urſach verknuͤpft wird, weil (*) Ein Panier war eine Fahne, welche man im Kriege ausſteckte, daß die Soldaten ſich nach derſelben richten, zu ihr verſammlen und zu ihr halten konnten. Wenn derowegen hier geſagt wird, ein Zweig Davids werde ſelber den Heiden ein Panier ſeyn, ſo heiſſet dieſes ſo viel: Es werden die Heiden ſich zu ihm ver- ſammlen, und es mit ihm halten. Die vorhergehende Erzehlung der wunderbaren Vereinigung der zahmen mit den wilden Thieren, zeiget an, daß das Volck GOt- tes und die Heiden endlich eine Heerde aus- machen wuͤrden. Bey dem Ezechiel finden wir die deutlichſte Erklaͤrung dieſer Worte, wenn es daſelbſt c. 34. v. 28. vom Volcke GOt- tes heißt: Sie ſollen nicht mehr den Heiden zum Raube werden, und kein Thier auf Er- den ſoll ſie mehr freſſen, ſondern ſollen ſicher wohnen, ohne alle Furcht.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/124>, abgerufen am 20.04.2024.