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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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sicht nach ist hiebey sehr viel zu erinnern.
Jst es erstlich möglich, daß der Concubinat
unter den Römern so gar gemein gewesen?
Der Concubinat ist eine ehliche Verbindung
eines Vornehmen mit einer Geringern. Wie
viel waren denn der Vornehmen gegen die
vom geringen Stande? Es sind derselben
allezeit wenig gegen die von gemeinem Stan-
de. Bey den Geringern aber hatte der Con-
cubinat gar keine Statt. Er kan aber auch
unter den Vornehmern so gar häufig nicht
gewesen seyn. Viele werden eine Person
von Stande genommen haben, um einen gu-
ten Brautschatz zu bekommen. Mancher
wird auch eine Frau vom Stande haben hei-
rathen müssen, um zu gewissen Ehren-Stel-
len zu gelangen. Kan man sich einbilden,
daß die vornehmen Römer, so Töchter hat-
ten, nicht auch werden getrachtet haben, sel-
bige an Männer von gleichem Stande zu
bringen? Endlich aber wehlten auch ver-
schiedene, wie bekannt ist, an statt der Con-
cubinen hübsche Knaben, oder giengen in die
öffentlichen Hurhäuser. Conf. Joseph.
Lavrentii
Tractat. de Adulteriis & Me-
retricibus, Tom. VIII. Thesauri Antiqui-
tat. Graecar. Gronovii insertus, nec
non Pitisci Lexicon Antiqu. Rom. Tom.
II. p.
187. 188.
Der Concubinat war also bey weiten so
häufig nicht, als man sich einbildet. Man
überlege aber ferner, wie viel von solchen
Vornehmen in den allerersten Zeiten des
Christenthums Christen worden? Es ist ja
bekannt, daß die ersten Christen mehrentheils
Personen vom geringern Stande gewesen.
Wie ist es denn möglich, daß viele mit Con-
cubinen


ſicht nach iſt hiebey ſehr viel zu erinnern.
Jſt es erſtlich moͤglich, daß der Concubinat
unter den Roͤmern ſo gar gemein geweſen?
Der Concubinat iſt eine ehliche Verbindung
eines Vornehmen mit einer Geringern. Wie
viel waren denn der Vornehmen gegen die
vom geringen Stande? Es ſind derſelben
allezeit wenig gegen die von gemeinem Stan-
de. Bey den Geringern aber hatte der Con-
cubinat gar keine Statt. Er kan aber auch
unter den Vornehmern ſo gar haͤufig nicht
geweſen ſeyn. Viele werden eine Perſon
von Stande genommen haben, um einen gu-
ten Brautſchatz zu bekommen. Mancher
wird auch eine Frau vom Stande haben hei-
rathen muͤſſen, um zu gewiſſen Ehren-Stel-
len zu gelangen. Kan man ſich einbilden,
daß die vornehmen Roͤmer, ſo Toͤchter hat-
ten, nicht auch werden getrachtet haben, ſel-
bige an Maͤnner von gleichem Stande zu
bringen? Endlich aber wehlten auch ver-
ſchiedene, wie bekannt iſt, an ſtatt der Con-
cubinen huͤbſche Knaben, oder giengen in die
oͤffentlichen Hurhaͤuſer. Conf. Joſeph.
Lavrentii
Tractat. de Adulteriis & Me-
retricibus, Tom. VIII. Theſauri Antiqui-
tat. Græcar. Gronovii inſertus, nec
non Pitiſci Lexicon Antiqu. Rom. Tom.
II. p.
187. 188.
Der Concubinat war alſo bey weiten ſo
haͤufig nicht, als man ſich einbildet. Man
uͤberlege aber ferner, wie viel von ſolchen
Vornehmen in den allererſten Zeiten des
Chriſtenthums Chriſten worden? Es iſt ja
bekannt, daß die erſten Chriſten mehrentheils
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Wie iſt es denn moͤglich, daß viele mit Con-
cubinen
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[182/0200] (*) (*) ſicht nach iſt hiebey ſehr viel zu erinnern. Jſt es erſtlich moͤglich, daß der Concubinat unter den Roͤmern ſo gar gemein geweſen? Der Concubinat iſt eine ehliche Verbindung eines Vornehmen mit einer Geringern. Wie viel waren denn der Vornehmen gegen die vom geringen Stande? Es ſind derſelben allezeit wenig gegen die von gemeinem Stan- de. Bey den Geringern aber hatte der Con- cubinat gar keine Statt. Er kan aber auch unter den Vornehmern ſo gar haͤufig nicht geweſen ſeyn. Viele werden eine Perſon von Stande genommen haben, um einen gu- ten Brautſchatz zu bekommen. Mancher wird auch eine Frau vom Stande haben hei- rathen muͤſſen, um zu gewiſſen Ehren-Stel- len zu gelangen. Kan man ſich einbilden, daß die vornehmen Roͤmer, ſo Toͤchter hat- ten, nicht auch werden getrachtet haben, ſel- bige an Maͤnner von gleichem Stande zu bringen? Endlich aber wehlten auch ver- ſchiedene, wie bekannt iſt, an ſtatt der Con- cubinen huͤbſche Knaben, oder giengen in die oͤffentlichen Hurhaͤuſer. Conf. Joſeph. Lavrentii Tractat. de Adulteriis & Me- retricibus, Tom. VIII. Theſauri Antiqui- tat. Græcar. Gronovii inſertus, nec non Pitiſci Lexicon Antiqu. Rom. Tom. II. p. 187. 188. Der Concubinat war alſo bey weiten ſo haͤufig nicht, als man ſich einbildet. Man uͤberlege aber ferner, wie viel von ſolchen Vornehmen in den allererſten Zeiten des Chriſtenthums Chriſten worden? Es iſt ja bekannt, daß die erſten Chriſten mehrentheils Perſonen vom geringern Stande geweſen. Wie iſt es denn moͤglich, daß viele mit Con- cubinen

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/200>, abgerufen am 16.04.2024.