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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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zu bekannt, als daß ich nöthig hätte selbige
erst zu beweisen. Nach und nach ver-
schlang zwar ein kleiner Staat den andern,
allein es dauerte doch noch sehr lange, ehe
einige recht grosse und mächtige Königrei-
che entstunden. Alle glaubwürdige Nach-
richten von den Geschichten der Welt be-
stätigen dieses. Alle grosse Reiche, davon
die heilige, und weltliche Historie etwas
weiß, sind nach und nach aus kleinen Staa-
ten zusammen gewachsen. Ein jeder klei-
ner Staat aber hatte die Begierde seine
Herrschafft zu erweitern. Ein jeder trach-
tete den andern zu verschlingen. Weil nun
der kleinen Staaten so gar viel waren, so
war immer eine grosse Menge Schwerdter
gezuckt, und einer lag gegen die andern zu
Felde. Diese Kriege waren ungemein
blutig, und dieses aus zwo Ursachen. Erst-
lich war nach der Grösse eines jeden Staats
die Menge derer, welche stritten, weit grös-
ser als jetzt. Denn ein jeder Bürger, den
das Alter oder Schwachheit nicht die Er-
laubniß gab zu Hause zu bleiben, war
Soldat und muste ins Feld und auf die
Mauren. Wir finden daher, daß mittel-
mäßige Staaten so viel und mannigmahl

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zu bekannt, als daß ich noͤthig haͤtte ſelbige
erſt zu beweiſen. Nach und nach ver-
ſchlang zwar ein kleiner Staat den andern,
allein es dauerte doch noch ſehr lange, ehe
einige recht groſſe und maͤchtige Koͤnigrei-
che entſtunden. Alle glaubwuͤrdige Nach-
richten von den Geſchichten der Welt be-
ſtaͤtigen dieſes. Alle groſſe Reiche, davon
die heilige, und weltliche Hiſtorie etwas
weiß, ſind nach und nach aus kleinen Staa-
ten zuſammen gewachſen. Ein jeder klei-
ner Staat aber hatte die Begierde ſeine
Herrſchafft zu erweitern. Ein jeder trach-
tete den andern zu verſchlingen. Weil nun
der kleinen Staaten ſo gar viel waren, ſo
war immer eine groſſe Menge Schwerdter
gezuckt, und einer lag gegen die andern zu
Felde. Dieſe Kriege waren ungemein
blutig, und dieſes aus zwo Urſachen. Erſt-
lich war nach der Groͤſſe eines jeden Staats
die Menge derer, welche ſtritten, weit groͤſ-
ſer als jetzt. Denn ein jeder Buͤrger, den
das Alter oder Schwachheit nicht die Er-
laubniß gab zu Hauſe zu bleiben, war
Soldat und muſte ins Feld und auf die
Mauren. Wir finden daher, daß mittel-
maͤßige Staaten ſo viel und mannigmahl

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[187/0205] zu bekannt, als daß ich noͤthig haͤtte ſelbige erſt zu beweiſen. Nach und nach ver- ſchlang zwar ein kleiner Staat den andern, allein es dauerte doch noch ſehr lange, ehe einige recht groſſe und maͤchtige Koͤnigrei- che entſtunden. Alle glaubwuͤrdige Nach- richten von den Geſchichten der Welt be- ſtaͤtigen dieſes. Alle groſſe Reiche, davon die heilige, und weltliche Hiſtorie etwas weiß, ſind nach und nach aus kleinen Staa- ten zuſammen gewachſen. Ein jeder klei- ner Staat aber hatte die Begierde ſeine Herrſchafft zu erweitern. Ein jeder trach- tete den andern zu verſchlingen. Weil nun der kleinen Staaten ſo gar viel waren, ſo war immer eine groſſe Menge Schwerdter gezuckt, und einer lag gegen die andern zu Felde. Dieſe Kriege waren ungemein blutig, und dieſes aus zwo Urſachen. Erſt- lich war nach der Groͤſſe eines jeden Staats die Menge derer, welche ſtritten, weit groͤſ- ſer als jetzt. Denn ein jeder Buͤrger, den das Alter oder Schwachheit nicht die Er- laubniß gab zu Hauſe zu bleiben, war Soldat und muſte ins Feld und auf die Mauren. Wir finden daher, daß mittel- maͤßige Staaten ſo viel und mannigmahl mehr

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/205>, abgerufen am 25.04.2024.