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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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selber würde eine solche Scheidung zum
grösten Nachtheil gereichen. Auch kei-
nes von beyden Eltern, wenn sie anders
ein rechtes Gefühl von der Kinder-Liebe
hätten, würde die Kinder gerne fahren
lassen, und sie entweder einem Stief-Va-
ter oder Stief-Mutter übergeben. Es
würden daher auch alle solche Personen
von ihrer Bekehrung sehr zurück gezogen
werden. Da nun GOtt denen Gläubi-
gen altes Bundes die Vielweiberey nach-
gesehen, so wäre kein Zweifel, daß er sie
auch im neuen Bunde in einem solchen
ausserordentlichen Falle dulden würde.
Sie werden hinzufügen, es seyn wenige
Gesetze, welche nicht in besondern Fällen
Ausnahmen litten. Auch so gar von dem
Verboth des Todtschlages, und zwar in
so fern es Eltern gegen ihre leiblichen Kin-
der zu beobachten hätten, wären ehemahls
Ausnahmen gemacht worden, und ein
Prophet GOttes redete so davon, daß er
die Mutter die in der Verwüstung Juda
durch die Babylonier ihre eigene Kinder
geschlachtet, weil sie weder für selbige noch
für sich zu essen gehabt, keine straf bare

Mörde-



ſelber wuͤrde eine ſolche Scheidung zum
groͤſten Nachtheil gereichen. Auch kei-
nes von beyden Eltern, wenn ſie anders
ein rechtes Gefuͤhl von der Kinder-Liebe
haͤtten, wuͤrde die Kinder gerne fahren
laſſen, und ſie entweder einem Stief-Va-
ter oder Stief-Mutter uͤbergeben. Es
wuͤrden daher auch alle ſolche Perſonen
von ihrer Bekehrung ſehr zuruͤck gezogen
werden. Da nun GOtt denen Glaͤubi-
gen altes Bundes die Vielweiberey nach-
geſehen, ſo waͤre kein Zweifel, daß er ſie
auch im neuen Bunde in einem ſolchen
auſſerordentlichen Falle dulden wuͤrde.
Sie werden hinzufuͤgen, es ſeyn wenige
Geſetze, welche nicht in beſondern Faͤllen
Ausnahmen litten. Auch ſo gar von dem
Verboth des Todtſchlages, und zwar in
ſo fern es Eltern gegen ihre leiblichen Kin-
der zu beobachten haͤtten, waͤren ehemahls
Ausnahmen gemacht worden, und ein
Prophet GOttes redete ſo davon, daß er
die Mutter die in der Verwuͤſtung Juda
durch die Babylonier ihre eigene Kinder
geſchlachtet, weil ſie weder fuͤr ſelbige noch
fuͤr ſich zu eſſen gehabt, keine ſtraf bare

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[251/0269] ſelber wuͤrde eine ſolche Scheidung zum groͤſten Nachtheil gereichen. Auch kei- nes von beyden Eltern, wenn ſie anders ein rechtes Gefuͤhl von der Kinder-Liebe haͤtten, wuͤrde die Kinder gerne fahren laſſen, und ſie entweder einem Stief-Va- ter oder Stief-Mutter uͤbergeben. Es wuͤrden daher auch alle ſolche Perſonen von ihrer Bekehrung ſehr zuruͤck gezogen werden. Da nun GOtt denen Glaͤubi- gen altes Bundes die Vielweiberey nach- geſehen, ſo waͤre kein Zweifel, daß er ſie auch im neuen Bunde in einem ſolchen auſſerordentlichen Falle dulden wuͤrde. Sie werden hinzufuͤgen, es ſeyn wenige Geſetze, welche nicht in beſondern Faͤllen Ausnahmen litten. Auch ſo gar von dem Verboth des Todtſchlages, und zwar in ſo fern es Eltern gegen ihre leiblichen Kin- der zu beobachten haͤtten, waͤren ehemahls Ausnahmen gemacht worden, und ein Prophet GOttes redete ſo davon, daß er die Mutter die in der Verwuͤſtung Juda durch die Babylonier ihre eigene Kinder geſchlachtet, weil ſie weder fuͤr ſelbige noch fuͤr ſich zu eſſen gehabt, keine ſtraf bare Moͤrde-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/269>, abgerufen am 25.04.2024.