Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite


§. 6.

Was die Geburths-Glieder der Men-Widerle-
gung des
Zweifels,
der aus
den Ge-
burths-
Gliedern
solcher Ge-
schöpfe ge-
zogen
wird, die
ohne Zeu-
gung ster-
ben.

schen und Thiere betrifft, welche hinweg
sterben, ohne gezeuget und gebohren zu ha-
ben, so beweise man mir erst, daß alle Ge-
burths-Glieder sonst keinen andern End-
zweck haben, als daß dadurch die Geschlech-
ter sollen fortgepflantzet werden. Können
sie nicht auch andern Nutzen haben? Die
Lunge dienet zur Sprache. Jst dieses
aber die eintzige Absicht derselben? Die
Erfahrung lehret, daß die Geburths-Glie-
der mehr Nutzen haben. Sie haben einen
grossen Einfluß in den Cörper und die
Handlungen der lebendigen Geschöpfe.
Nimmt man ihnen, was zur Zeugung nö-
thig, so werden sie gantz träge und schläfrig,
übermäßig fett, und bey den Menschen ha-
ben diese Dinge so gar ihren Einfluß in die
Stimme. Was unter den Thieren sehr
jung geschnitten wird, bekommt auch ein
gantz ander Gewächse. Der Hals eines
jung geschnittenen Ochsen oder Pferdes

gleicht
Teutsch aufgesetzt. Hohe Gönner aber,
welchen unterthänig zu gehorchen, verbun-
den bin, haben wichtige Ursachen gehabt, mir
anzurathen, diese Materie auf eine verdeck-
tere Art vorzutragen.
S 3


§. 6.

Was die Geburths-Glieder der Men-Widerle-
gung des
Zweifels,
der aus
den Ge-
burths-
Gliedern
ſolcher Ge-
ſchoͤpfe ge-
zogen
wird, die
ohne Zeu-
gung ſter-
ben.

ſchen und Thiere betrifft, welche hinweg
ſterben, ohne gezeuget und gebohren zu ha-
ben, ſo beweiſe man mir erſt, daß alle Ge-
burths-Glieder ſonſt keinen andern End-
zweck haben, als daß dadurch die Geſchlech-
ter ſollen fortgepflantzet werden. Koͤnnen
ſie nicht auch andern Nutzen haben? Die
Lunge dienet zur Sprache. Jſt dieſes
aber die eintzige Abſicht derſelben? Die
Erfahrung lehret, daß die Geburths-Glie-
der mehr Nutzen haben. Sie haben einen
groſſen Einfluß in den Coͤrper und die
Handlungen der lebendigen Geſchoͤpfe.
Nimmt man ihnen, was zur Zeugung noͤ-
thig, ſo werden ſie gantz traͤge und ſchlaͤfrig,
uͤbermaͤßig fett, und bey den Menſchen ha-
ben dieſe Dinge ſo gar ihren Einfluß in die
Stimme. Was unter den Thieren ſehr
jung geſchnitten wird, bekommt auch ein
gantz ander Gewaͤchſe. Der Hals eines
jung geſchnittenen Ochſen oder Pferdes

gleicht
Teutſch aufgeſetzt. Hohe Goͤnner aber,
welchen unterthaͤnig zu gehorchen, verbun-
den bin, haben wichtige Urſachen gehabt, mir
anzurathen, dieſe Materie auf eine verdeck-
tere Art vorzutragen.
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0295" n="277"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note xml:id="a42" prev="#a41" place="foot" n="(*)">Teut&#x017F;ch aufge&#x017F;etzt. Hohe Go&#x0364;nner aber,<lb/>
welchen untertha&#x0364;nig zu gehorchen, verbun-<lb/>
den bin, haben wichtige Ur&#x017F;achen gehabt, mir<lb/>
anzurathen, die&#x017F;e Materie auf eine verdeck-<lb/>
tere Art vorzutragen.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 6.</head><lb/>
          <p>Was die Geburths-Glieder der Men-<note place="right">Widerle-<lb/>
gung des<lb/>
Zweifels,<lb/>
der aus<lb/>
den Ge-<lb/>
burths-<lb/>
Gliedern<lb/>
&#x017F;olcher Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfe ge-<lb/>
zogen<lb/>
wird, die<lb/>
ohne Zeu-<lb/>
gung &#x017F;ter-<lb/>
ben.</note><lb/>
&#x017F;chen und Thiere betrifft, welche hinweg<lb/>
&#x017F;terben, ohne gezeuget und gebohren zu ha-<lb/>
ben, &#x017F;o bewei&#x017F;e man mir er&#x017F;t, daß alle Ge-<lb/>
burths-Glieder &#x017F;on&#x017F;t keinen andern End-<lb/>
zweck haben, als daß dadurch die Ge&#x017F;chlech-<lb/>
ter &#x017F;ollen fortgepflantzet werden. Ko&#x0364;nnen<lb/>
&#x017F;ie nicht auch andern Nutzen haben? Die<lb/>
Lunge dienet zur Sprache. J&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
aber die eintzige Ab&#x017F;icht der&#x017F;elben? Die<lb/>
Erfahrung lehret, daß die Geburths-Glie-<lb/>
der mehr Nutzen haben. Sie haben einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Einfluß in den Co&#x0364;rper und die<lb/>
Handlungen der lebendigen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe.<lb/>
Nimmt man ihnen, was zur Zeugung no&#x0364;-<lb/>
thig, &#x017F;o werden &#x017F;ie gantz tra&#x0364;ge und &#x017F;chla&#x0364;frig,<lb/>
u&#x0364;berma&#x0364;ßig fett, und bey den Men&#x017F;chen ha-<lb/>
ben die&#x017F;e Dinge &#x017F;o gar ihren Einfluß in die<lb/>
Stimme. Was unter den Thieren &#x017F;ehr<lb/>
jung ge&#x017F;chnitten wird, bekommt auch ein<lb/>
gantz ander Gewa&#x0364;ch&#x017F;e. Der Hals eines<lb/>
jung ge&#x017F;chnittenen Och&#x017F;en oder Pferdes<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gleicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0295] (*) §. 6. Was die Geburths-Glieder der Men- ſchen und Thiere betrifft, welche hinweg ſterben, ohne gezeuget und gebohren zu ha- ben, ſo beweiſe man mir erſt, daß alle Ge- burths-Glieder ſonſt keinen andern End- zweck haben, als daß dadurch die Geſchlech- ter ſollen fortgepflantzet werden. Koͤnnen ſie nicht auch andern Nutzen haben? Die Lunge dienet zur Sprache. Jſt dieſes aber die eintzige Abſicht derſelben? Die Erfahrung lehret, daß die Geburths-Glie- der mehr Nutzen haben. Sie haben einen groſſen Einfluß in den Coͤrper und die Handlungen der lebendigen Geſchoͤpfe. Nimmt man ihnen, was zur Zeugung noͤ- thig, ſo werden ſie gantz traͤge und ſchlaͤfrig, uͤbermaͤßig fett, und bey den Menſchen ha- ben dieſe Dinge ſo gar ihren Einfluß in die Stimme. Was unter den Thieren ſehr jung geſchnitten wird, bekommt auch ein gantz ander Gewaͤchſe. Der Hals eines jung geſchnittenen Ochſen oder Pferdes gleicht Widerle- gung des Zweifels, der aus den Ge- burths- Gliedern ſolcher Ge- ſchoͤpfe ge- zogen wird, die ohne Zeu- gung ſter- ben. (*) Teutſch aufgeſetzt. Hohe Goͤnner aber, welchen unterthaͤnig zu gehorchen, verbun- den bin, haben wichtige Urſachen gehabt, mir anzurathen, dieſe Materie auf eine verdeck- tere Art vorzutragen. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/295
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/295>, abgerufen am 23.04.2024.