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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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Gründe zusammen gezogen, welche den
Stoff zu verschiedenen| ordentlichen und
förmlichen Schlüssen darreichen. Wir
wollen sie nach einander hersetzen und be-
trachten. Der erste würde ohngefehr die-
ser seyn:

Was die Vollkommenheit nicht
erreichet, die andere seines glei-
chen erreichen, dessen Schicksal
ist dem Schöpfer unbekannt
gewesen.
Viele Eyer und ihre Brut gedei-
hen nicht zu der Vollkommen-
heit, zu welcher andere kom-
men; Derowegen ist ihr Schick-
sal dem Schöpfer unbekannt
gewesen.

Es ist nöthig, daß der erste Satz erwie-
sen werde. Womit will man aber selbi-
gen erhärten? Jch weiß keinen Grund
dazu, habe auch noch nirgend einen gefun-
den. Folget etwa aus dem Begriff ei-
nes Allwissenden, daß er müsse in seinen
Einrichtungen alle ähnliche Dinge zu ei-
ner gleichen Vollkommenheit bringen? Jch
wenigstens begreife es nicht. Man kan

aus



Gruͤnde zuſammen gezogen, welche den
Stoff zu verſchiedenen| ordentlichen und
foͤrmlichen Schluͤſſen darreichen. Wir
wollen ſie nach einander herſetzen und be-
trachten. Der erſte wuͤrde ohngefehr die-
ſer ſeyn:

Was die Vollkommenheit nicht
erreichet, die andere ſeines glei-
chen erreichen, deſſen Schickſal
iſt dem Schoͤpfer unbekannt
geweſen.
Viele Eyer und ihre Brut gedei-
hen nicht zu der Vollkommen-
heit, zu welcher andere kom-
men; Derowegen iſt ihr Schick-
ſal dem Schoͤpfer unbekannt
geweſen.

Es iſt noͤthig, daß der erſte Satz erwie-
ſen werde. Womit will man aber ſelbi-
gen erhaͤrten? Jch weiß keinen Grund
dazu, habe auch noch nirgend einen gefun-
den. Folget etwa aus dem Begriff ei-
nes Allwiſſenden, daß er muͤſſe in ſeinen
Einrichtungen alle aͤhnliche Dinge zu ei-
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[286/0304] Gruͤnde zuſammen gezogen, welche den Stoff zu verſchiedenen| ordentlichen und foͤrmlichen Schluͤſſen darreichen. Wir wollen ſie nach einander herſetzen und be- trachten. Der erſte wuͤrde ohngefehr die- ſer ſeyn: Was die Vollkommenheit nicht erreichet, die andere ſeines glei- chen erreichen, deſſen Schickſal iſt dem Schoͤpfer unbekannt geweſen. Viele Eyer und ihre Brut gedei- hen nicht zu der Vollkommen- heit, zu welcher andere kom- men; Derowegen iſt ihr Schick- ſal dem Schoͤpfer unbekannt geweſen. Es iſt noͤthig, daß der erſte Satz erwie- ſen werde. Womit will man aber ſelbi- gen erhaͤrten? Jch weiß keinen Grund dazu, habe auch noch nirgend einen gefun- den. Folget etwa aus dem Begriff ei- nes Allwiſſenden, daß er muͤſſe in ſeinen Einrichtungen alle aͤhnliche Dinge zu ei- ner gleichen Vollkommenheit bringen? Jch wenigſtens begreife es nicht. Man kan aus

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/304>, abgerufen am 25.04.2024.