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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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zu beurtheilen, ob etwas weißlich und nütz-
lich, oder aber vergeblich und eine Geburth
eines eingeschränckten Verstandes sey. Jn
beiden Fällen müsse man den Zusammen-
hang der Dinge kennen, und übersehen kön-
nen, ob etwas mit demselben übereinstimme
oder nicht. Wenn derowegen unser Ver-
stand zu kurtzsichtig zu urtheilen, daß dieses
und jenes vergeblich und mit dem grossen
Zusammenhange der Welt nicht überein-
stimme, so sey er auch zu schwach zu bestim-
men, was mit demselben wohl zusammen-
stimme und darinnen Nutzen schaffe.
Man könne derowegen mit eben dem Grun-
de dasjenige, was ich für die unumschränck-
te Weißheit GOttes vorgebracht, als un-
erheblich zurück geben, womit ich die Zwei-
fel wider diese göttliche Vollkommenheit
abweisen wollen. Man bemercke aber,
daß wir in unserm Beweise für die Allwis-
senheit des Schöpfers uns nicht unterstan-
den aus der Uebereinstimmung dieses und
jenes Dinges mit dem grossen Zusammen-
hange der Welt Schlüsse zu machen, son-
dern wir haben nur die Uebereinstimmung ge-
wisser eintzelner Theile mit einander und die
Weißheit, die darinnen liegt, bemercket und

also



zu beurtheilen, ob etwas weißlich und nuͤtz-
lich, oder aber vergeblich und eine Geburth
eines eingeſchraͤnckten Verſtandes ſey. Jn
beiden Faͤllen muͤſſe man den Zuſammen-
hang der Dinge kennen, und uͤberſehen koͤn-
nen, ob etwas mit demſelben uͤbereinſtimme
oder nicht. Wenn derowegen unſer Ver-
ſtand zu kurtzſichtig zu urtheilen, daß dieſes
und jenes vergeblich und mit dem groſſen
Zuſammenhange der Welt nicht uͤberein-
ſtimme, ſo ſey er auch zu ſchwach zu beſtim-
men, was mit demſelben wohl zuſammen-
ſtimme und darinnen Nutzen ſchaffe.
Man koͤnne derowegen mit eben dem Grun-
de dasjenige, was ich fuͤr die unumſchraͤnck-
te Weißheit GOttes vorgebracht, als un-
erheblich zuruͤck geben, womit ich die Zwei-
fel wider dieſe goͤttliche Vollkommenheit
abweiſen wollen. Man bemercke aber,
daß wir in unſerm Beweiſe fuͤr die Allwiſ-
ſenheit des Schoͤpfers uns nicht unterſtan-
den aus der Uebereinſtimmung dieſes und
jenes Dinges mit dem groſſen Zuſammen-
hange der Welt Schluͤſſe zu machen, ſon-
dern wir haben nur die Uebereinſtim̃ung ge-
wiſſer eintzelner Theile mit einander und die
Weißheit, die darinnen liegt, bemercket und

alſo
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[324/0342] zu beurtheilen, ob etwas weißlich und nuͤtz- lich, oder aber vergeblich und eine Geburth eines eingeſchraͤnckten Verſtandes ſey. Jn beiden Faͤllen muͤſſe man den Zuſammen- hang der Dinge kennen, und uͤberſehen koͤn- nen, ob etwas mit demſelben uͤbereinſtimme oder nicht. Wenn derowegen unſer Ver- ſtand zu kurtzſichtig zu urtheilen, daß dieſes und jenes vergeblich und mit dem groſſen Zuſammenhange der Welt nicht uͤberein- ſtimme, ſo ſey er auch zu ſchwach zu beſtim- men, was mit demſelben wohl zuſammen- ſtimme und darinnen Nutzen ſchaffe. Man koͤnne derowegen mit eben dem Grun- de dasjenige, was ich fuͤr die unumſchraͤnck- te Weißheit GOttes vorgebracht, als un- erheblich zuruͤck geben, womit ich die Zwei- fel wider dieſe goͤttliche Vollkommenheit abweiſen wollen. Man bemercke aber, daß wir in unſerm Beweiſe fuͤr die Allwiſ- ſenheit des Schoͤpfers uns nicht unterſtan- den aus der Uebereinſtimmung dieſes und jenes Dinges mit dem groſſen Zuſammen- hange der Welt Schluͤſſe zu machen, ſon- dern wir haben nur die Uebereinſtim̃ung ge- wiſſer eintzelner Theile mit einander und die Weißheit, die darinnen liegt, bemercket und alſo

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/342>, abgerufen am 25.04.2024.