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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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gen gelangen. Unter diesen Sätzen stehet
der Grund-Satz aller Demonstrationen,
daß ein Ding nicht zugleich seyn und
auch nicht seyn könne,
oben an, und
alle Erfahrungen durch die äussern Sinne
stehen unmittelbar drunter. Alle diese
Sätze muß mir derjenige schencken, dem
ich etwas beweisen soll, und ja nicht fodern,
daß ich ihm einen zuverläßigen Grund von
der Richtigkeit der innern und äussern Em-
pfindungen gesunder Menschen angeben
soll. Jch habe zwar die Beweise der scharf-
sinnigsten Philosophen wider die Zweifeler.
Allein ich muß bekennen, daß ich zu furcht-
sam bin, mit diesen Beweisen wider solche
Leute zu stehen. Wenn ein Jdealist oder
gar ein Egoist auf mich losgehet, so ziehe
ich gewiß aus. Denn wer so hartnäckigt
ist, daß er zweifelt, ob ein Stock würcklich
in der Welt sey, wenn man ihn selbigen
vor die Nase hält, sondern glaubt, er habe
nur einen deutlichen Traum davon, der
wird gewiß auch alle meine Beweise für
Träume halten. Ausser diesen kan ich
auch niemanden die Allgemeinheit derjeni-
gen Sätze beweisen, welche aus eintzelnen
Erfahrungen gezogen werden. Der an-

dere
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gen gelangen. Unter dieſen Saͤtzen ſtehet
der Grund-Satz aller Demonſtrationen,
daß ein Ding nicht zugleich ſeyn und
auch nicht ſeyn koͤnne,
oben an, und
alle Erfahrungen durch die aͤuſſern Sinne
ſtehen unmittelbar drunter. Alle dieſe
Saͤtze muß mir derjenige ſchencken, dem
ich etwas beweiſen ſoll, und ja nicht fodern,
daß ich ihm einen zuverlaͤßigen Grund von
der Richtigkeit der innern und aͤuſſern Em-
pfindungen geſunder Menſchen angeben
ſoll. Jch habe zwar die Beweiſe der ſcharf-
ſinnigſten Philoſophen wider die Zweifeler.
Allein ich muß bekennen, daß ich zu furcht-
ſam bin, mit dieſen Beweiſen wider ſolche
Leute zu ſtehen. Wenn ein Jdealiſt oder
gar ein Egoiſt auf mich losgehet, ſo ziehe
ich gewiß aus. Denn wer ſo hartnaͤckigt
iſt, daß er zweifelt, ob ein Stock wuͤrcklich
in der Welt ſey, wenn man ihn ſelbigen
vor die Naſe haͤlt, ſondern glaubt, er habe
nur einen deutlichen Traum davon, der
wird gewiß auch alle meine Beweiſe fuͤr
Traͤume halten. Auſſer dieſen kan ich
auch niemanden die Allgemeinheit derjeni-
gen Saͤtze beweiſen, welche aus eintzelnen
Erfahrungen gezogen werden. Der an-

dere
B 2
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[19/0037] gen gelangen. Unter dieſen Saͤtzen ſtehet der Grund-Satz aller Demonſtrationen, daß ein Ding nicht zugleich ſeyn und auch nicht ſeyn koͤnne, oben an, und alle Erfahrungen durch die aͤuſſern Sinne ſtehen unmittelbar drunter. Alle dieſe Saͤtze muß mir derjenige ſchencken, dem ich etwas beweiſen ſoll, und ja nicht fodern, daß ich ihm einen zuverlaͤßigen Grund von der Richtigkeit der innern und aͤuſſern Em- pfindungen geſunder Menſchen angeben ſoll. Jch habe zwar die Beweiſe der ſcharf- ſinnigſten Philoſophen wider die Zweifeler. Allein ich muß bekennen, daß ich zu furcht- ſam bin, mit dieſen Beweiſen wider ſolche Leute zu ſtehen. Wenn ein Jdealiſt oder gar ein Egoiſt auf mich losgehet, ſo ziehe ich gewiß aus. Denn wer ſo hartnaͤckigt iſt, daß er zweifelt, ob ein Stock wuͤrcklich in der Welt ſey, wenn man ihn ſelbigen vor die Naſe haͤlt, ſondern glaubt, er habe nur einen deutlichen Traum davon, der wird gewiß auch alle meine Beweiſe fuͤr Traͤume halten. Auſſer dieſen kan ich auch niemanden die Allgemeinheit derjeni- gen Saͤtze beweiſen, welche aus eintzelnen Erfahrungen gezogen werden. Der an- dere B 2

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/37>, abgerufen am 29.03.2024.