Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



deutlichsten Worte vorhanden, die einen
andern Sinn recht erzwingen, so musten sie
so lange gedrehet werden, bis sie mit dieser
Philosophie überein stimmten. Wie fein
ist nicht diese Art die Schrift zu erklären?
Es blühet aber diese Art zu erklären noch
bis auf den heutigen Tag.

§. XVI.

Aus dem, was bisher gesagt worden,Weitere
Ausfüh-
rung des
vorigen.

schliesse man, wie weit diese Regel zu ge-
brauchen: Was mit der Vernunft
streitet, kan in der Offenbarung nicht
stehen, und eine Erklärung, so einem
Satz der Vernunft zuwider ist, kan
nicht die rechte seyn.
Es ist dieser Satz
in einem gewissen Verstande richtig, in
einem andern aber nicht. Wenn dieser
Satz also eingeschräncket wird: Was
mit der wahren Vernunft streitet,
kan in der Schrift nicht befindlich
seyn, und eine Erklärung die wahr-
haftig einen wahren Satz der Ver-
nunft auf hebet, kan nicht die rechte
seyn,
so hat er seine völlige Richtigkeit,
aber er ist wenig brauchbar. Wer ihn in
seiner völligen Ausdehnung, in welcher er

genom-
C 4



deutlichſten Worte vorhanden, die einen
andern Sinn recht erzwingen, ſo muſten ſie
ſo lange gedrehet werden, bis ſie mit dieſer
Philoſophie uͤberein ſtimmten. Wie fein
iſt nicht dieſe Art die Schrift zu erklaͤren?
Es bluͤhet aber dieſe Art zu erklaͤren noch
bis auf den heutigen Tag.

§. XVI.

Aus dem, was bisher geſagt worden,Weitere
Ausfuͤh-
rung des
vorigen.

ſchlieſſe man, wie weit dieſe Regel zu ge-
brauchen: Was mit der Vernunft
ſtreitet, kan in der Offenbarung nicht
ſtehen, und eine Erklaͤrung, ſo einem
Satz der Vernunft zuwider iſt, kan
nicht die rechte ſeyn.
Es iſt dieſer Satz
in einem gewiſſen Verſtande richtig, in
einem andern aber nicht. Wenn dieſer
Satz alſo eingeſchraͤncket wird: Was
mit der wahren Vernunft ſtreitet,
kan in der Schrift nicht befindlich
ſeyn, und eine Erklaͤrung die wahr-
haftig einen wahren Satz der Ver-
nunft auf hebet, kan nicht die rechte
ſeyn,
ſo hat er ſeine voͤllige Richtigkeit,
aber er iſt wenig brauchbar. Wer ihn in
ſeiner voͤlligen Ausdehnung, in welcher er

genom-
C 4
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="39"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
deutlich&#x017F;ten Worte vorhanden, die einen<lb/>
andern Sinn recht erzwingen, &#x017F;o mu&#x017F;ten &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o lange gedrehet werden, bis &#x017F;ie mit die&#x017F;er<lb/>
Philo&#x017F;ophie u&#x0364;berein &#x017F;timmten. Wie fein<lb/>
i&#x017F;t nicht die&#x017F;e Art die Schrift zu erkla&#x0364;ren?<lb/>
Es blu&#x0364;het aber die&#x017F;e Art zu erkla&#x0364;ren noch<lb/>
bis auf den heutigen Tag.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. <hi rendition="#aq">XVI.</hi></head><lb/>
          <p>Aus dem, was bisher ge&#x017F;agt worden,<note place="right">Weitere<lb/>
Ausfu&#x0364;h-<lb/>
rung des<lb/>
vorigen.</note><lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e man, wie weit die&#x017F;e Regel zu ge-<lb/>
brauchen: <hi rendition="#fr">Was mit der Vernunft<lb/>
&#x017F;treitet, kan in der Offenbarung nicht<lb/>
&#x017F;tehen, und eine Erkla&#x0364;rung, &#x017F;o einem<lb/>
Satz der Vernunft zuwider i&#x017F;t, kan<lb/>
nicht die rechte &#x017F;eyn.</hi> Es i&#x017F;t die&#x017F;er Satz<lb/>
in einem gewi&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;tande richtig, in<lb/>
einem andern aber nicht. Wenn die&#x017F;er<lb/>
Satz al&#x017F;o einge&#x017F;chra&#x0364;ncket wird: <hi rendition="#fr">Was<lb/>
mit der wahren Vernunft &#x017F;treitet,<lb/>
kan in der Schrift nicht befindlich<lb/>
&#x017F;eyn, und eine Erkla&#x0364;rung die wahr-<lb/>
haftig einen wahren Satz der Ver-<lb/>
nunft auf hebet, kan nicht die rechte<lb/>
&#x017F;eyn,</hi> &#x017F;o hat er &#x017F;eine vo&#x0364;llige Richtigkeit,<lb/>
aber er i&#x017F;t wenig brauchbar. Wer ihn in<lb/>
&#x017F;einer vo&#x0364;lligen Ausdehnung, in welcher er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><fw place="bottom" type="catch">genom-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[39/0057] deutlichſten Worte vorhanden, die einen andern Sinn recht erzwingen, ſo muſten ſie ſo lange gedrehet werden, bis ſie mit dieſer Philoſophie uͤberein ſtimmten. Wie fein iſt nicht dieſe Art die Schrift zu erklaͤren? Es bluͤhet aber dieſe Art zu erklaͤren noch bis auf den heutigen Tag. §. XVI. Aus dem, was bisher geſagt worden, ſchlieſſe man, wie weit dieſe Regel zu ge- brauchen: Was mit der Vernunft ſtreitet, kan in der Offenbarung nicht ſtehen, und eine Erklaͤrung, ſo einem Satz der Vernunft zuwider iſt, kan nicht die rechte ſeyn. Es iſt dieſer Satz in einem gewiſſen Verſtande richtig, in einem andern aber nicht. Wenn dieſer Satz alſo eingeſchraͤncket wird: Was mit der wahren Vernunft ſtreitet, kan in der Schrift nicht befindlich ſeyn, und eine Erklaͤrung die wahr- haftig einen wahren Satz der Ver- nunft auf hebet, kan nicht die rechte ſeyn, ſo hat er ſeine voͤllige Richtigkeit, aber er iſt wenig brauchbar. Wer ihn in ſeiner voͤlligen Ausdehnung, in welcher er genom- Weitere Ausfuͤh- rung des vorigen. C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/57
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/57>, abgerufen am 25.04.2024.