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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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daß Jesus gestorben und am dritten Tage
wieder lebendig worden.

§. 20.
Noch ein
Einwurf
wird geho-
ben.

Man suchet diese grosse Geschichte noch
dadurch verdächtig zu machen, daß man
saget: Dinge, wovon man anjetzt keine
Exempel mehr hat, und dergleichen in vie-
len Jahrhunderten nicht geschehen, verdie-
nen keinen Glauben, wenn sie auch noch so
viele Zeugen vor sich haben. Jst dieser
Schluß richtig, so müssen auch nie Men-
schen ohne Eltern entstanden seyn, und ih-
ren ersten Ursprung von Gott gehabt ha-
ben, denn gar Niemand hat dergleichen
gesehen. Nie muß ein solches Gebirge,
wie die Schweizerschen Alpen sind, ent-
standen seyn, denn Niemand hat jemals
ein solches Gebirge entstehen sehen. Jn-
dessen zeugen doch die vielen Ueberbleibsel
von Meerthieren in denselben, daß ein
Theil derselben ehmals im Meere gewesen.
Man bemerke hierbey, daß dieser Schluß
insonderheit bey göttlichen Werken hinweg
fällt. Wer hat eine Schöpfung gesehen?
Rousseau sagt in seinem Lettre a M. de Beau-
mont p.
101. so müsset ihr auch Wampy-
ren, das ist verstorbene Leute glauben, die
lebenden Menschen das Blut aussaugen,
denn es sey durch sehr viele Zeugen bekräf-
tiget. Jch antworte: was glaubwürdige
Zeugen hiervon gesehen haben, nehme ich

an,

daß Jeſus geſtorben und am dritten Tage
wieder lebendig worden.

§. 20.
Noch ein
Einwurf
wird geho-
ben.

Man ſuchet dieſe groſſe Geſchichte noch
dadurch verdaͤchtig zu machen, daß man
ſaget: Dinge, wovon man anjetzt keine
Exempel mehr hat, und dergleichen in vie-
len Jahrhunderten nicht geſchehen, verdie-
nen keinen Glauben, wenn ſie auch noch ſo
viele Zeugen vor ſich haben. Jſt dieſer
Schluß richtig, ſo muͤſſen auch nie Men-
ſchen ohne Eltern entſtanden ſeyn, und ih-
ren erſten Urſprung von Gott gehabt ha-
ben, denn gar Niemand hat dergleichen
geſehen. Nie muß ein ſolches Gebirge,
wie die Schweizerſchen Alpen ſind, ent-
ſtanden ſeyn, denn Niemand hat jemals
ein ſolches Gebirge entſtehen ſehen. Jn-
deſſen zeugen doch die vielen Ueberbleibſel
von Meerthieren in denſelben, daß ein
Theil derſelben ehmals im Meere geweſen.
Man bemerke hierbey, daß dieſer Schluß
inſonderheit bey goͤttlichen Werken hinweg
faͤllt. Wer hat eine Schoͤpfung geſehen?
Rouſſeau ſagt in ſeinem Lettre a M. de Beau-
mont p.
101. ſo muͤſſet ihr auch Wampy-
ren, das iſt verſtorbene Leute glauben, die
lebenden Menſchen das Blut ausſaugen,
denn es ſey durch ſehr viele Zeugen bekraͤf-
tiget. Jch antworte: was glaubwuͤrdige
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[170/0190] daß Jeſus geſtorben und am dritten Tage wieder lebendig worden. §. 20. Man ſuchet dieſe groſſe Geſchichte noch dadurch verdaͤchtig zu machen, daß man ſaget: Dinge, wovon man anjetzt keine Exempel mehr hat, und dergleichen in vie- len Jahrhunderten nicht geſchehen, verdie- nen keinen Glauben, wenn ſie auch noch ſo viele Zeugen vor ſich haben. Jſt dieſer Schluß richtig, ſo muͤſſen auch nie Men- ſchen ohne Eltern entſtanden ſeyn, und ih- ren erſten Urſprung von Gott gehabt ha- ben, denn gar Niemand hat dergleichen geſehen. Nie muß ein ſolches Gebirge, wie die Schweizerſchen Alpen ſind, ent- ſtanden ſeyn, denn Niemand hat jemals ein ſolches Gebirge entſtehen ſehen. Jn- deſſen zeugen doch die vielen Ueberbleibſel von Meerthieren in denſelben, daß ein Theil derſelben ehmals im Meere geweſen. Man bemerke hierbey, daß dieſer Schluß inſonderheit bey goͤttlichen Werken hinweg faͤllt. Wer hat eine Schoͤpfung geſehen? Rouſſeau ſagt in ſeinem Lettre a M. de Beau- mont p. 101. ſo muͤſſet ihr auch Wampy- ren, das iſt verſtorbene Leute glauben, die lebenden Menſchen das Blut ausſaugen, denn es ſey durch ſehr viele Zeugen bekraͤf- tiget. Jch antworte: was glaubwuͤrdige Zeugen hiervon geſehen haben, nehme ich an,

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/190>, abgerufen am 25.04.2024.