Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

unglücklich machet, so ist dieses eine Gele-
genheit recht herzlich zu lachen. Man sa-
get, der Verführer kann dieserwegen nicht
leiden, denn die Verführte giebet ihre Ein-
willigung dazu. Wenn aber jemand ei-
nen Soldaten zum Weglaufen verleitet, so
gilt diese Einwendung nichts. Jch muß
meinen Gedanken Einhalt thun und abbre-
chen, um mich nicht zu vergehen.

§. 16.

Man saget: der Trieb der Natur zuFortsetzung
des vori-
gen.

diesen Vergehungen ist zu stark, wer kann
ihm widerstehen? Jch antworte: der
Trieb zum Leben ist noch stärker, und man
weiß ihn dennoch zu überwinden, und man
hat Mittel gefunden, Menschen dahin zu
bringen, daß sie ihr Leben, wie nichts
achten. Man hat einen andern Trieb,
nämlich die Ehrbegierde erhöhet, und die
Menschen überredet, die Furcht in gewis-
sen Fällen sein Leben zu verlieren, sey die
äusserste Schande, deren sich ein ehrlicher
Mann theilhaftig machen könne, und
hiermit hat man seinen Zweck erreichet.
Der weiseste Schöpfer, welcher die wich-
tigsten Ursachen gehabt, einem gewissen
Triebe eine besondere Stärke zu geben, hat
neben demselben den Menschen auch ande-
re Triebe eingeflösset, welche den Unord-
nungen desselben gerade entgegen stehen,
und zu einer ordentlichen Ehe natürlicher

Weise
T 3

ungluͤcklich machet, ſo iſt dieſes eine Gele-
genheit recht herzlich zu lachen. Man ſa-
get, der Verfuͤhrer kann dieſerwegen nicht
leiden, denn die Verfuͤhrte giebet ihre Ein-
willigung dazu. Wenn aber jemand ei-
nen Soldaten zum Weglaufen verleitet, ſo
gilt dieſe Einwendung nichts. Jch muß
meinen Gedanken Einhalt thun und abbre-
chen, um mich nicht zu vergehen.

§. 16.

Man ſaget: der Trieb der Natur zuFortſetzung
des vori-
gen.

dieſen Vergehungen iſt zu ſtark, wer kann
ihm widerſtehen? Jch antworte: der
Trieb zum Leben iſt noch ſtaͤrker, und man
weiß ihn dennoch zu uͤberwinden, und man
hat Mittel gefunden, Menſchen dahin zu
bringen, daß ſie ihr Leben, wie nichts
achten. Man hat einen andern Trieb,
naͤmlich die Ehrbegierde erhoͤhet, und die
Menſchen uͤberredet, die Furcht in gewiſ-
ſen Faͤllen ſein Leben zu verlieren, ſey die
aͤuſſerſte Schande, deren ſich ein ehrlicher
Mann theilhaftig machen koͤnne, und
hiermit hat man ſeinen Zweck erreichet.
Der weiſeſte Schoͤpfer, welcher die wich-
tigſten Urſachen gehabt, einem gewiſſen
Triebe eine beſondere Staͤrke zu geben, hat
neben demſelben den Menſchen auch ande-
re Triebe eingefloͤſſet, welche den Unord-
nungen deſſelben gerade entgegen ſtehen,
und zu einer ordentlichen Ehe natuͤrlicher

Weiſe
T 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="293"/>
unglu&#x0364;cklich machet, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;es eine Gele-<lb/>
genheit recht herzlich zu lachen. Man &#x017F;a-<lb/>
get, der Verfu&#x0364;hrer kann die&#x017F;erwegen nicht<lb/>
leiden, denn die Verfu&#x0364;hrte giebet ihre Ein-<lb/>
willigung dazu. Wenn aber jemand ei-<lb/>
nen Soldaten zum Weglaufen verleitet, &#x017F;o<lb/>
gilt die&#x017F;e Einwendung nichts. Jch muß<lb/>
meinen Gedanken Einhalt thun und abbre-<lb/>
chen, um mich nicht zu vergehen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 16.</head><lb/>
          <p>Man &#x017F;aget: der Trieb der Natur zu<note place="right">Fort&#x017F;etzung<lb/>
des vori-<lb/>
gen.</note><lb/>
die&#x017F;en Vergehungen i&#x017F;t zu &#x017F;tark, wer kann<lb/>
ihm wider&#x017F;tehen? Jch antworte: der<lb/>
Trieb zum Leben i&#x017F;t noch &#x017F;ta&#x0364;rker, und man<lb/>
weiß ihn dennoch zu u&#x0364;berwinden, und man<lb/>
hat Mittel gefunden, Men&#x017F;chen dahin zu<lb/>
bringen, daß &#x017F;ie ihr Leben, wie nichts<lb/>
achten. Man hat einen andern Trieb,<lb/>
na&#x0364;mlich die Ehrbegierde erho&#x0364;het, und die<lb/>
Men&#x017F;chen u&#x0364;berredet, die Furcht in gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Fa&#x0364;llen &#x017F;ein Leben zu verlieren, &#x017F;ey die<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Schande, deren &#x017F;ich ein ehrlicher<lb/>
Mann theilhaftig machen ko&#x0364;nne, und<lb/>
hiermit hat man &#x017F;einen Zweck erreichet.<lb/>
Der wei&#x017F;e&#x017F;te Scho&#x0364;pfer, welcher die wich-<lb/>
tig&#x017F;ten Ur&#x017F;achen gehabt, einem gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Triebe eine be&#x017F;ondere Sta&#x0364;rke zu geben, hat<lb/>
neben dem&#x017F;elben den Men&#x017F;chen auch ande-<lb/>
re Triebe eingeflo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, welche den Unord-<lb/>
nungen de&#x017F;&#x017F;elben gerade entgegen &#x017F;tehen,<lb/>
und zu einer ordentlichen Ehe natu&#x0364;rlicher<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Wei&#x017F;e</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0313] ungluͤcklich machet, ſo iſt dieſes eine Gele- genheit recht herzlich zu lachen. Man ſa- get, der Verfuͤhrer kann dieſerwegen nicht leiden, denn die Verfuͤhrte giebet ihre Ein- willigung dazu. Wenn aber jemand ei- nen Soldaten zum Weglaufen verleitet, ſo gilt dieſe Einwendung nichts. Jch muß meinen Gedanken Einhalt thun und abbre- chen, um mich nicht zu vergehen. §. 16. Man ſaget: der Trieb der Natur zu dieſen Vergehungen iſt zu ſtark, wer kann ihm widerſtehen? Jch antworte: der Trieb zum Leben iſt noch ſtaͤrker, und man weiß ihn dennoch zu uͤberwinden, und man hat Mittel gefunden, Menſchen dahin zu bringen, daß ſie ihr Leben, wie nichts achten. Man hat einen andern Trieb, naͤmlich die Ehrbegierde erhoͤhet, und die Menſchen uͤberredet, die Furcht in gewiſ- ſen Faͤllen ſein Leben zu verlieren, ſey die aͤuſſerſte Schande, deren ſich ein ehrlicher Mann theilhaftig machen koͤnne, und hiermit hat man ſeinen Zweck erreichet. Der weiſeſte Schoͤpfer, welcher die wich- tigſten Urſachen gehabt, einem gewiſſen Triebe eine beſondere Staͤrke zu geben, hat neben demſelben den Menſchen auch ande- re Triebe eingefloͤſſet, welche den Unord- nungen deſſelben gerade entgegen ſtehen, und zu einer ordentlichen Ehe natuͤrlicher Weiſe Fortſetzung des vori- gen. T 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/313
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/313>, abgerufen am 19.04.2024.