Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn sie sich vollgeladen, sie sich mit Ge-
walt entledigten, um sich von neuen füllen
zu können *). Die Ursachen sind dero-
wegen sehr unerheblich, um welcher willen
man die Unzucht fast von aller Schande
frey zu machen suchet.

§. 17.

Wie die Schamhaftigkeit der UnzuchtWeitere
Fortsetzung.

widerstehet, so sind ändere Triebe in der
Natur des Menschen, welche, wenn sie
nicht entkräftet und ersticket werden, or-
dentliche Ehen befördern. Dergleichen
sind, wieschon angezeiget worden, die Ei-
fersucht, die Begierde Nachkommen zu
haben, die unser Geschlecht fortsetzen, und
uns beerben, und die natürliche Liebe ge-
gen solche Kinder. Die Eifersucht ist bey
Manns- und Frauenspersonen gleich stark
und will diejenige Liebe des andern, von
welcher hier die Rede ist, allein besitzen.
Jhre Gewalt ist so groß, daß diejenigen
Männer, welche bey andern Völkern in
der Vielweiberey leben, den Wirkungen
derselben bey ihren Frauen nicht anders,
als durch die härteste Gefangenschaft, und
durch eine starke Wache von Verschnitte-
nen Einhalt thun können. Und oft helfen
auch diese Mittel nicht einmal, sie in

Schran-
*) Plutarchus Tract. de Sanitate tuenda pag.
134. Edit. Xylandri.
1620.

wenn ſie ſich vollgeladen, ſie ſich mit Ge-
walt entledigten, um ſich von neuen fuͤllen
zu koͤnnen *). Die Urſachen ſind dero-
wegen ſehr unerheblich, um welcher willen
man die Unzucht faſt von aller Schande
frey zu machen ſuchet.

§. 17.

Wie die Schamhaftigkeit der UnzuchtWeitere
Fortſetzung.

widerſtehet, ſo ſind aͤndere Triebe in der
Natur des Menſchen, welche, wenn ſie
nicht entkraͤftet und erſticket werden, or-
dentliche Ehen befoͤrdern. Dergleichen
ſind, wieſchon angezeiget worden, die Ei-
ferſucht, die Begierde Nachkommen zu
haben, die unſer Geſchlecht fortſetzen, und
uns beerben, und die natuͤrliche Liebe ge-
gen ſolche Kinder. Die Eiferſucht iſt bey
Manns- und Frauensperſonen gleich ſtark
und will diejenige Liebe des andern, von
welcher hier die Rede iſt, allein beſitzen.
Jhre Gewalt iſt ſo groß, daß diejenigen
Maͤnner, welche bey andern Voͤlkern in
der Vielweiberey leben, den Wirkungen
derſelben bey ihren Frauen nicht anders,
als durch die haͤrteſte Gefangenſchaft, und
durch eine ſtarke Wache von Verſchnitte-
nen Einhalt thun koͤnnen. Und oft helfen
auch dieſe Mittel nicht einmal, ſie in

Schran-
*) Plutarchus Tract. de Sanitate tuenda pag.
134. Edit. Xylandri.
1620.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="299"/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich vollgeladen, &#x017F;ie &#x017F;ich mit Ge-<lb/>
walt entledigten, um &#x017F;ich von neuen fu&#x0364;llen<lb/>
zu ko&#x0364;nnen <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Plutarchus</hi> Tract. de Sanitate tuenda pag.<lb/>
134. Edit. Xylandri.</hi> 1620.</note>. Die Ur&#x017F;achen &#x017F;ind dero-<lb/>
wegen &#x017F;ehr unerheblich, um welcher willen<lb/>
man die Unzucht fa&#x017F;t von aller Schande<lb/>
frey zu machen &#x017F;uchet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 17.</head><lb/>
          <p>Wie die Schamhaftigkeit der Unzucht<note place="right">Weitere<lb/>
Fort&#x017F;etzung.</note><lb/>
wider&#x017F;tehet, &#x017F;o &#x017F;ind a&#x0364;ndere Triebe in der<lb/>
Natur des Men&#x017F;chen, welche, wenn &#x017F;ie<lb/>
nicht entkra&#x0364;ftet und er&#x017F;ticket werden, or-<lb/>
dentliche Ehen befo&#x0364;rdern. Dergleichen<lb/>
&#x017F;ind, wie&#x017F;chon angezeiget worden, die Ei-<lb/>
fer&#x017F;ucht, die Begierde Nachkommen zu<lb/>
haben, die un&#x017F;er Ge&#x017F;chlecht fort&#x017F;etzen, und<lb/>
uns beerben, und die natu&#x0364;rliche Liebe ge-<lb/>
gen &#x017F;olche Kinder. Die Eifer&#x017F;ucht i&#x017F;t bey<lb/>
Manns- und Frauensper&#x017F;onen gleich &#x017F;tark<lb/>
und will diejenige Liebe des andern, von<lb/>
welcher hier die Rede i&#x017F;t, allein be&#x017F;itzen.<lb/>
Jhre Gewalt i&#x017F;t &#x017F;o groß, daß diejenigen<lb/>
Ma&#x0364;nner, welche bey andern Vo&#x0364;lkern in<lb/>
der Vielweiberey leben, den Wirkungen<lb/>
der&#x017F;elben bey ihren Frauen nicht anders,<lb/>
als durch die ha&#x0364;rte&#x017F;te Gefangen&#x017F;chaft, und<lb/>
durch eine &#x017F;tarke Wache von Ver&#x017F;chnitte-<lb/>
nen Einhalt thun ko&#x0364;nnen. Und oft helfen<lb/>
auch die&#x017F;e Mittel nicht einmal, &#x017F;ie in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schran-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0319] wenn ſie ſich vollgeladen, ſie ſich mit Ge- walt entledigten, um ſich von neuen fuͤllen zu koͤnnen *). Die Urſachen ſind dero- wegen ſehr unerheblich, um welcher willen man die Unzucht faſt von aller Schande frey zu machen ſuchet. §. 17. Wie die Schamhaftigkeit der Unzucht widerſtehet, ſo ſind aͤndere Triebe in der Natur des Menſchen, welche, wenn ſie nicht entkraͤftet und erſticket werden, or- dentliche Ehen befoͤrdern. Dergleichen ſind, wieſchon angezeiget worden, die Ei- ferſucht, die Begierde Nachkommen zu haben, die unſer Geſchlecht fortſetzen, und uns beerben, und die natuͤrliche Liebe ge- gen ſolche Kinder. Die Eiferſucht iſt bey Manns- und Frauensperſonen gleich ſtark und will diejenige Liebe des andern, von welcher hier die Rede iſt, allein beſitzen. Jhre Gewalt iſt ſo groß, daß diejenigen Maͤnner, welche bey andern Voͤlkern in der Vielweiberey leben, den Wirkungen derſelben bey ihren Frauen nicht anders, als durch die haͤrteſte Gefangenſchaft, und durch eine ſtarke Wache von Verſchnitte- nen Einhalt thun koͤnnen. Und oft helfen auch dieſe Mittel nicht einmal, ſie in Schran- Weitere Fortſetzung. *) Plutarchus Tract. de Sanitate tuenda pag. 134. Edit. Xylandri. 1620.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/319
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/319>, abgerufen am 25.04.2024.