Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Wegen seiner Regierung mit blöden Au-
gen nachgesehen, so viel erblicket, daß in
diesem, obwol schwachen Lichte, dennoch
die Zweifel einen Theil ihrer Kraft verlie-
ren und der Glaube desto leichter sieget.
Jch mache mir bey obiger schweren Frage
folgende Vorstellungen.

§. 11.
Wissen-
schaften
und feine
Sitten er-
fordern ein-
gerichtete
Staaten.

Eine wahre Tugend, eine Tugend, die
den Menschen glücklich und vergnügt und
seelig machen soll, leidet keinen gewaltsa-
men Zwang, sondern erfordert Freyheit, und
muß ohne Zwang vorzüglich aus einer leb-
haften Vorstellung der liebenswürdigsten
Eigenschaften, Rathschlüsse, Werke und
Wohlthaten Gottes, kurz aus dem Glau-
ben entstehen.*) Soll diese Erkänntniß,
dieser Glaube dem Menschen eingeflösset
werden und so viele Kraft erlangen, daß
er das Gemüth des Menschen zärtlich, edel,
tugendhaft und zu einem seeligem Leben ge-
schickt macht; so ist unumgänglich noth-
wendig, erstlich daß der Mensch durch eine
äusserliche Zucht und Regiment von der
aller äussersten Verwilderung zurück gehal-
ten werde, und zweytens, daß er einen
gewissen Unterricht erhalte, und oft zum
Guten ermahnet und gereizet werde.

Feh-
*) Man lese hiervon weitläuftiger in der sie-
benten Betrachtung.
§. 10. u. f.

Wegen ſeiner Regierung mit bloͤden Au-
gen nachgeſehen, ſo viel erblicket, daß in
dieſem, obwol ſchwachen Lichte, dennoch
die Zweifel einen Theil ihrer Kraft verlie-
ren und der Glaube deſto leichter ſieget.
Jch mache mir bey obiger ſchweren Frage
folgende Vorſtellungen.

§. 11.
Wiſſen-
ſchaften
und feine
Sitten er-
fordern ein-
gerichtete
Staaten.

Eine wahre Tugend, eine Tugend, die
den Menſchen gluͤcklich und vergnuͤgt und
ſeelig machen ſoll, leidet keinen gewaltſa-
men Zwang, ſondern erfordert Freyheit, und
muß ohne Zwang vorzuͤglich aus einer leb-
haften Vorſtellung der liebenswuͤrdigſten
Eigenſchaften, Rathſchluͤſſe, Werke und
Wohlthaten Gottes, kurz aus dem Glau-
ben entſtehen.*) Soll dieſe Erkaͤnntniß,
dieſer Glaube dem Menſchen eingefloͤſſet
werden und ſo viele Kraft erlangen, daß
er das Gemuͤth des Menſchen zaͤrtlich, edel,
tugendhaft und zu einem ſeeligem Leben ge-
ſchickt macht; ſo iſt unumgaͤnglich noth-
wendig, erſtlich daß der Menſch durch eine
aͤuſſerliche Zucht und Regiment von der
aller aͤuſſerſten Verwilderung zuruͤck gehal-
ten werde, und zweytens, daß er einen
gewiſſen Unterricht erhalte, und oft zum
Guten ermahnet und gereizet werde.

Feh-
*) Man leſe hiervon weitlaͤuftiger in der ſie-
benten Betrachtung.
§. 10. u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="36"/>
Wegen &#x017F;einer Regierung mit blo&#x0364;den Au-<lb/>
gen nachge&#x017F;ehen, &#x017F;o viel erblicket, daß in<lb/>
die&#x017F;em, obwol &#x017F;chwachen Lichte, dennoch<lb/>
die Zweifel einen Theil ihrer Kraft verlie-<lb/>
ren und der Glaube de&#x017F;to leichter &#x017F;ieget.<lb/>
Jch mache mir bey obiger &#x017F;chweren Frage<lb/>
folgende Vor&#x017F;tellungen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 11.</head><lb/>
          <note place="left">Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaften<lb/>
und feine<lb/>
Sitten er-<lb/>
fordern ein-<lb/>
gerichtete<lb/>
Staaten.</note>
          <p>Eine wahre Tugend, eine Tugend, die<lb/>
den Men&#x017F;chen glu&#x0364;cklich und vergnu&#x0364;gt und<lb/>
&#x017F;eelig machen &#x017F;oll, leidet keinen gewalt&#x017F;a-<lb/>
men Zwang, &#x017F;ondern erfordert Freyheit, und<lb/>
muß ohne Zwang vorzu&#x0364;glich aus einer leb-<lb/>
haften Vor&#x017F;tellung der liebenswu&#x0364;rdig&#x017F;ten<lb/>
Eigen&#x017F;chaften, Rath&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Werke und<lb/>
Wohlthaten Gottes, kurz aus dem Glau-<lb/>
ben ent&#x017F;tehen.<note place="foot" n="*)">Man le&#x017F;e hiervon weitla&#x0364;uftiger in der <hi rendition="#fr">&#x017F;ie-<lb/>
benten Betrachtung.</hi> §. 10. u. f.</note> Soll die&#x017F;e Erka&#x0364;nntniß,<lb/>
die&#x017F;er Glaube dem Men&#x017F;chen eingeflo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et<lb/>
werden und &#x017F;o viele Kraft erlangen, daß<lb/>
er das Gemu&#x0364;th des Men&#x017F;chen za&#x0364;rtlich, edel,<lb/>
tugendhaft und zu einem &#x017F;eeligem Leben ge-<lb/>
&#x017F;chickt macht; &#x017F;o i&#x017F;t unumga&#x0364;nglich noth-<lb/>
wendig, er&#x017F;tlich daß der Men&#x017F;ch durch eine<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Zucht und Regiment von der<lb/>
aller a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Verwilderung zuru&#x0364;ck gehal-<lb/>
ten werde, und zweytens, daß er einen<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Unterricht erhalte, und oft zum<lb/>
Guten ermahnet und gereizet werde.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Feh-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0056] Wegen ſeiner Regierung mit bloͤden Au- gen nachgeſehen, ſo viel erblicket, daß in dieſem, obwol ſchwachen Lichte, dennoch die Zweifel einen Theil ihrer Kraft verlie- ren und der Glaube deſto leichter ſieget. Jch mache mir bey obiger ſchweren Frage folgende Vorſtellungen. §. 11. Eine wahre Tugend, eine Tugend, die den Menſchen gluͤcklich und vergnuͤgt und ſeelig machen ſoll, leidet keinen gewaltſa- men Zwang, ſondern erfordert Freyheit, und muß ohne Zwang vorzuͤglich aus einer leb- haften Vorſtellung der liebenswuͤrdigſten Eigenſchaften, Rathſchluͤſſe, Werke und Wohlthaten Gottes, kurz aus dem Glau- ben entſtehen. *) Soll dieſe Erkaͤnntniß, dieſer Glaube dem Menſchen eingefloͤſſet werden und ſo viele Kraft erlangen, daß er das Gemuͤth des Menſchen zaͤrtlich, edel, tugendhaft und zu einem ſeeligem Leben ge- ſchickt macht; ſo iſt unumgaͤnglich noth- wendig, erſtlich daß der Menſch durch eine aͤuſſerliche Zucht und Regiment von der aller aͤuſſerſten Verwilderung zuruͤck gehal- ten werde, und zweytens, daß er einen gewiſſen Unterricht erhalte, und oft zum Guten ermahnet und gereizet werde. Feh- *) Man leſe hiervon weitlaͤuftiger in der ſie- benten Betrachtung. §. 10. u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/56
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/56>, abgerufen am 24.04.2024.