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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Quellen und Mündungen wohnten in den na¬
turfesten Landen forthin nur Deutsche Halbbrü¬
der. Mehr noch war er schmachvoll, weil frem¬
de Völker die Friedensbedingungen den Deut¬
schen zum Niederschreiben in die Feder vorsag¬
ten. Schändlich bleibt er, weil unsere eigenen
Bundesgenossen uns Länder abplünderten, und
Deutsche umherstanden, und nach ausgeworfe¬
nen Länderbrocken schnappten. Noch während
des großen Deutschen Krieges erschien ein weis¬
sagendes Titelkupfer zu der damahls Aufsehn er¬
regenden Schrift: Hippolitus a Lapide de ratio¬
ne status in imperio nostro R. G.
1640. Der
Deutsche Reichsadler zeigt sich in seiner tiefsten
Erniedrigung; am rechten Flügel hat ihn eine
starke Gestalt gefaßt, die eine Königskrone und
einen mit Lilien besäeten Mantel trägt, und
ihm die besten Schwungfedern ausreißt; in die
andere Seite schlägt ein hungriger Löwe seine
Klauen; und hinten droht ein Henkersgesicht mit
gezücktem Säbel, was mit Grinsen andeutet:
"Sperre Dich nicht, es geschieht ja Alles zu
Deinem Besten."

Vom Westphälischen bis zum Tilsiter Frie¬

Quellen und Mündungen wohnten in den na¬
turfeſten Landen forthin nur Deutſche Halbbrü¬
der. Mehr noch war er ſchmachvoll, weil frem¬
de Völker die Friedensbedingungen den Deut¬
ſchen zum Niederſchreiben in die Feder vorſag¬
ten. Schändlich bleibt er, weil unſere eigenen
Bundesgenoſſen uns Länder abplünderten, und
Deutſche umherſtanden, und nach ausgeworfe¬
nen Länderbrocken ſchnappten. Noch während
des großen Deutſchen Krieges erſchien ein weiſ¬
ſagendes Titelkupfer zu der damahls Aufſehn er¬
regenden Schrift: Hippolitus a Lapide de ratio¬
ne status in imperio nostro R. G.
1640. Der
Deutſche Reichsadler zeigt ſich in ſeiner tiefſten
Erniedrigung; am rechten Flügel hat ihn eine
ſtarke Geſtalt gefaßt, die eine Königskrone und
einen mit Lilien beſäeten Mantel trägt, und
ihm die beſten Schwungfedern ausreißt; in die
andere Seite ſchlägt ein hungriger Löwe ſeine
Klauen; und hinten droht ein Henkersgeſicht mit
gezücktem Säbel, was mit Grinſen andeutet:
„Sperre Dich nicht, es geſchieht ja Alles zu
Deinem Beſten.“

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[13/0043] 13 Quellen und Mündungen wohnten in den na¬ turfeſten Landen forthin nur Deutſche Halbbrü¬ der. Mehr noch war er ſchmachvoll, weil frem¬ de Völker die Friedensbedingungen den Deut¬ ſchen zum Niederſchreiben in die Feder vorſag¬ ten. Schändlich bleibt er, weil unſere eigenen Bundesgenoſſen uns Länder abplünderten, und Deutſche umherſtanden, und nach ausgeworfe¬ nen Länderbrocken ſchnappten. Noch während des großen Deutſchen Krieges erſchien ein weiſ¬ ſagendes Titelkupfer zu der damahls Aufſehn er¬ regenden Schrift: Hippolitus a Lapide de ratio¬ ne status in imperio nostro R. G. 1640. Der Deutſche Reichsadler zeigt ſich in ſeiner tiefſten Erniedrigung; am rechten Flügel hat ihn eine ſtarke Geſtalt gefaßt, die eine Königskrone und einen mit Lilien beſäeten Mantel trägt, und ihm die beſten Schwungfedern ausreißt; in die andere Seite ſchlägt ein hungriger Löwe ſeine Klauen; und hinten droht ein Henkersgeſicht mit gezücktem Säbel, was mit Grinſen andeutet: „Sperre Dich nicht, es geſchieht ja Alles zu Deinem Beſten.“ Vom Weſtphäliſchen bis zum Tilſiter Frie¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/43>, abgerufen am 29.03.2024.