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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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Einleitung.

XXII. Die Aufgabe des vorliegenden Buchs besteht in der
Charakteristik des spezifisch römischen oder strengen Rechtssy-
stems (jus strictum). Es braucht wohl nicht erst daran erin-
nert zu werden, wie sich unsere Aufgabe zu der der römischen
Rechtsgeschichte verhält, 1) daß es uns nämlich nicht abgesehen
ist auf eine Darstellung der einzelnen Rechtsinstitute, nicht
darauf, das Werden, die allmählige Entwicklung des Einzelnen
wie des Ganzen, kurz die historische Bewegung innerhalb des
Systems zu verfolgen. Wir erfassen vielmehr das System in
seiner Totalität und als fertige Thatsache und werden nur ver-
suchen, die leitenden Ideen, oder um einen frühern Ausdruck
zu gebrauchen, den psychischen Organismus desselben zu ermit-
teln. Darum müssen wir denn hier, wie überall, auf die römi-
sche Rechtsgeschichte als auf eine wesentliche Ergänzung unseres
Versuchs verweisen.

1) Es ist nicht meine Schuld, wenn das Verhältniß der von mir in die-
sem Werk verfolgten Aufgabe zu der der römischen Rechtsgeschichte nicht Je-
dem klar geworden ist z. B. nicht meinem Recensenten in den Heidelb. Jahr-
büchern (Herrn Brackenhoeft). Ich habe jenes Verhältniß in der Einleitung
möglichst deutlich angegeben, für den genannten Herrn scheint aber noch ein
höherer Grad von Deutlichkeit nöthig zu sein, als man ihn füglich, ohne
seine Leser zu beleidigen, anwenden darf.
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Einleitung.

XXII. Die Aufgabe des vorliegenden Buchs beſteht in der
Charakteriſtik des ſpezifiſch römiſchen oder ſtrengen Rechtsſy-
ſtems (jus strictum). Es braucht wohl nicht erſt daran erin-
nert zu werden, wie ſich unſere Aufgabe zu der der römiſchen
Rechtsgeſchichte verhält, 1) daß es uns nämlich nicht abgeſehen
iſt auf eine Darſtellung der einzelnen Rechtsinſtitute, nicht
darauf, das Werden, die allmählige Entwicklung des Einzelnen
wie des Ganzen, kurz die hiſtoriſche Bewegung innerhalb des
Syſtems zu verfolgen. Wir erfaſſen vielmehr das Syſtem in
ſeiner Totalität und als fertige Thatſache und werden nur ver-
ſuchen, die leitenden Ideen, oder um einen frühern Ausdruck
zu gebrauchen, den pſychiſchen Organismus deſſelben zu ermit-
teln. Darum müſſen wir denn hier, wie überall, auf die römi-
ſche Rechtsgeſchichte als auf eine weſentliche Ergänzung unſeres
Verſuchs verweiſen.

1) Es iſt nicht meine Schuld, wenn das Verhältniß der von mir in die-
ſem Werk verfolgten Aufgabe zu der der römiſchen Rechtsgeſchichte nicht Je-
dem klar geworden iſt z. B. nicht meinem Recenſenten in den Heidelb. Jahr-
büchern (Herrn Brackenhoeft). Ich habe jenes Verhältniß in der Einleitung
möglichſt deutlich angegeben, für den genannten Herrn ſcheint aber noch ein
höherer Grad von Deutlichkeit nöthig zu ſein, als man ihn füglich, ohne
ſeine Leſer zu beleidigen, anwenden darf.
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[[3]/0017] Einleitung. XXII. Die Aufgabe des vorliegenden Buchs beſteht in der Charakteriſtik des ſpezifiſch römiſchen oder ſtrengen Rechtsſy- ſtems (jus strictum). Es braucht wohl nicht erſt daran erin- nert zu werden, wie ſich unſere Aufgabe zu der der römiſchen Rechtsgeſchichte verhält, 1) daß es uns nämlich nicht abgeſehen iſt auf eine Darſtellung der einzelnen Rechtsinſtitute, nicht darauf, das Werden, die allmählige Entwicklung des Einzelnen wie des Ganzen, kurz die hiſtoriſche Bewegung innerhalb des Syſtems zu verfolgen. Wir erfaſſen vielmehr das Syſtem in ſeiner Totalität und als fertige Thatſache und werden nur ver- ſuchen, die leitenden Ideen, oder um einen frühern Ausdruck zu gebrauchen, den pſychiſchen Organismus deſſelben zu ermit- teln. Darum müſſen wir denn hier, wie überall, auf die römi- ſche Rechtsgeſchichte als auf eine weſentliche Ergänzung unſeres Verſuchs verweiſen. 1) Es iſt nicht meine Schuld, wenn das Verhältniß der von mir in die- ſem Werk verfolgten Aufgabe zu der der römiſchen Rechtsgeſchichte nicht Je- dem klar geworden iſt z. B. nicht meinem Recenſenten in den Heidelb. Jahr- büchern (Herrn Brackenhoeft). Ich habe jenes Verhältniß in der Einleitung möglichſt deutlich angegeben, für den genannten Herrn ſcheint aber noch ein höherer Grad von Deutlichkeit nöthig zu ſein, als man ihn füglich, ohne ſeine Leſer zu beleidigen, anwenden darf. 1*

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/17>, abgerufen am 28.03.2024.