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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Zweites Buch.
Vater, dem Alcalden von Abiles in Asturien nach der Haupt-
stadt. Er wollte Maler werden und wurde dem als Lehrer be-
liebten Pedro de las Cuevas übergeben. Vierzig Jahre später
ist er der Nachfolger des Velazquez geworden: Juan Carrenno
de Miranda.

Velazquez malte das Bildniss seines Gönners Figueroa, das
verschollen ist. Noch am Abend des Tages, wo es vollendet
wurde, nahm es der junge Graf Pennaranda, der Kämmerer des
Infanten D. Ferdinand mit ins Schloss. "In einer Stunde sah es
der ganze Palast", die Infanten und der König, "eine seltene
Anerkennung" (calificacion). Es wurde beschlossen, dass er D.
Ferdinand aufnehmen sollte; in der Folge aber schien es pas-
sender, dass er erst S. Majestät selbst male. Diese Aufnahme wurde
indess durch die wichtigen Geschäfte (grandes ocupaciones) des
Königs verzögert, -- wahrscheinlich ist der Besuch des Prinzen
von Wales gemeint.

Erst am 30. August fand der König Zeit zu sitzen, für eine
Reiterfigur in natürlicher Grösse. Dies Werk fand den Beifall
S. M., der Infanten und des Olivares, der in seinem energischen
Stil erklärte, der König sei bis dahin noch nicht porträtirt worden.
"Seine Excellenz der Graf Herzog unterhielt sich zum erstenmal
mit ihm, feuerte ihn an, indem er ihn an die Ehre des Vater-
landes erinnerte, und versprach ihm, dass er allein S. M. por-
trätiren solle, und dass alle anderen Bildnisse weggenommen
werden würden. Er hiess ihn sein Haus nach Madrid bringen".

Hierauf führte Velazquez das Bild aus. "Alles war nach
der Natur gemalt, auch die Landschaft". Es war fünf Ellen
hoch, ungefähr 31/2 breit. In der Calle mayor, gegenüber S. Fe-
lipe wurde es öffentlich ausgestellt, "zur Bewunderung der Re-
sidenz, und dem Neide derer von der Kunst, wovon ich Zeuge
bin" 1). Pacheco dichtete ein Sonett darauf, und ein langes Elo-
gio der Sevillaner Jeronimo Gonzalez de Villanueva.

Es scheint, dass das Gemälde später, als es durch andere
Reiterbilder des Rubens und des Urhebers selbst verdunkelt
worden war, wenig mehr geachtet wurde, vielleicht am wenig-
sten von letzterem, der an dem etwas trockenen und harten Stil
seiner Anfänge keinen Geschmack mehr finden mochte. Im
Jahre 1686 finden wir es aus den königlichen Gemächern entfernt,
in die Amtswohnung des Hofmarschalls (aposentador de palacio)

1) Pacheco, Arte de la Pintura I, 134 ff. Die vara beträgt 3 castilische Fuss.

Zweites Buch.
Vater, dem Alcalden von Abilés in Asturien nach der Haupt-
stadt. Er wollte Maler werden und wurde dem als Lehrer be-
liebten Pedro de las Cuevas übergeben. Vierzig Jahre später
ist er der Nachfolger des Velazquez geworden: Juan Carreño
de Miranda.

Velazquez malte das Bildniss seines Gönners Figueroa, das
verschollen ist. Noch am Abend des Tages, wo es vollendet
wurde, nahm es der junge Graf Peñaranda, der Kämmerer des
Infanten D. Ferdinand mit ins Schloss. „In einer Stunde sah es
der ganze Palast“, die Infanten und der König, „eine seltene
Anerkennung“ (calificacion). Es wurde beschlossen, dass er D.
Ferdinand aufnehmen sollte; in der Folge aber schien es pas-
sender, dass er erst S. Majestät selbst male. Diese Aufnahme wurde
indess durch die wichtigen Geschäfte (grandes ocupaciones) des
Königs verzögert, — wahrscheinlich ist der Besuch des Prinzen
von Wales gemeint.

Erst am 30. August fand der König Zeit zu sitzen, für eine
Reiterfigur in natürlicher Grösse. Dies Werk fand den Beifall
S. M., der Infanten und des Olivares, der in seinem energischen
Stil erklärte, der König sei bis dahin noch nicht porträtirt worden.
„Seine Excellenz der Graf Herzog unterhielt sich zum erstenmal
mit ihm, feuerte ihn an, indem er ihn an die Ehre des Vater-
landes erinnerte, und versprach ihm, dass er allein S. M. por-
trätiren solle, und dass alle anderen Bildnisse weggenommen
werden würden. Er hiess ihn sein Haus nach Madrid bringen“.

Hierauf führte Velazquez das Bild aus. „Alles war nach
der Natur gemalt, auch die Landschaft“. Es war fünf Ellen
hoch, ungefähr 3½ breit. In der Calle mayor, gegenüber S. Fe-
lipe wurde es öffentlich ausgestellt, „zur Bewunderung der Re-
sidenz, und dem Neide derer von der Kunst, wovon ich Zeuge
bin“ 1). Pacheco dichtete ein Sonett darauf, und ein langes Elo-
gio der Sevillaner Jerónimo Gonzalez de Villanueva.

Es scheint, dass das Gemälde später, als es durch andere
Reiterbilder des Rubens und des Urhebers selbst verdunkelt
worden war, wenig mehr geachtet wurde, vielleicht am wenig-
sten von letzterem, der an dem etwas trockenen und harten Stil
seiner Anfänge keinen Geschmack mehr finden mochte. Im
Jahre 1686 finden wir es aus den königlichen Gemächern entfernt,
in die Amtswohnung des Hofmarschalls (aposentador de palacio)

1) Pacheco, Arte de la Pintura I, 134 ff. Die vara beträgt 3 castilische Fuss.
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[164/0184] Zweites Buch. Vater, dem Alcalden von Abilés in Asturien nach der Haupt- stadt. Er wollte Maler werden und wurde dem als Lehrer be- liebten Pedro de las Cuevas übergeben. Vierzig Jahre später ist er der Nachfolger des Velazquez geworden: Juan Carreño de Miranda. Velazquez malte das Bildniss seines Gönners Figueroa, das verschollen ist. Noch am Abend des Tages, wo es vollendet wurde, nahm es der junge Graf Peñaranda, der Kämmerer des Infanten D. Ferdinand mit ins Schloss. „In einer Stunde sah es der ganze Palast“, die Infanten und der König, „eine seltene Anerkennung“ (calificacion). Es wurde beschlossen, dass er D. Ferdinand aufnehmen sollte; in der Folge aber schien es pas- sender, dass er erst S. Majestät selbst male. Diese Aufnahme wurde indess durch die wichtigen Geschäfte (grandes ocupaciones) des Königs verzögert, — wahrscheinlich ist der Besuch des Prinzen von Wales gemeint. Erst am 30. August fand der König Zeit zu sitzen, für eine Reiterfigur in natürlicher Grösse. Dies Werk fand den Beifall S. M., der Infanten und des Olivares, der in seinem energischen Stil erklärte, der König sei bis dahin noch nicht porträtirt worden. „Seine Excellenz der Graf Herzog unterhielt sich zum erstenmal mit ihm, feuerte ihn an, indem er ihn an die Ehre des Vater- landes erinnerte, und versprach ihm, dass er allein S. M. por- trätiren solle, und dass alle anderen Bildnisse weggenommen werden würden. Er hiess ihn sein Haus nach Madrid bringen“. Hierauf führte Velazquez das Bild aus. „Alles war nach der Natur gemalt, auch die Landschaft“. Es war fünf Ellen hoch, ungefähr 3½ breit. In der Calle mayor, gegenüber S. Fe- lipe wurde es öffentlich ausgestellt, „zur Bewunderung der Re- sidenz, und dem Neide derer von der Kunst, wovon ich Zeuge bin“ 1). Pacheco dichtete ein Sonett darauf, und ein langes Elo- gio der Sevillaner Jerónimo Gonzalez de Villanueva. Es scheint, dass das Gemälde später, als es durch andere Reiterbilder des Rubens und des Urhebers selbst verdunkelt worden war, wenig mehr geachtet wurde, vielleicht am wenig- sten von letzterem, der an dem etwas trockenen und harten Stil seiner Anfänge keinen Geschmack mehr finden mochte. Im Jahre 1686 finden wir es aus den königlichen Gemächern entfernt, in die Amtswohnung des Hofmarschalls (aposentador de palacio) 1) Pacheco, Arte de la Pintura I, 134 ff. Die vara beträgt 3 castilische Fuss.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/184>, abgerufen am 25.04.2024.