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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Nach Italien.
Person zu verschaffen und ihr Misstrauen zu beseitigen, zumal
da er ja mit der Galere des spanischen Generals gekommen
war, so fügten die Gesandten ihren Depeschen noch gleich-
zeitige vertrauliche Informationen bei, von welchen eine schon be-
kannt war1), die venezianische; die für Parma und Florenz be-
finden sich im farnesischen und mediceischen Archiv. Die De-
pesche des Residenten von Parma, Flavio Atti beweist, dass man
ihn wirklich im Verdacht hatte, neben seiner Kunst zugleich
Spionengeschäfte zu betreiben2).

Serenissima Madama Signora Patrona mia perpetua..

An diesem selben Tage habe ich an den Herzog meinen Herrn
einen Begleitbrief geschrieben für Diego Velasquez Vscero und Kammer-
maler S. M., der nach Italien geht um (wie er sagt) sich in seiner Kunst
als Maler zu vervollkommnen. Er nimmt Briefe mit vom Nuntius für Rom
und von allen andern Gesandten. -- [chiffrirt:] Ich behaupte, er kommt
als Kundschafter, ebenso wie Carlo Pu . . ghin (?), der ebenfalls Diener des
Königs ist und nach Mailand geht; dessen Geschäft ist in der That Spio-
niren
. -- Sie reisen mit dem Marchese Spinola nächsten Sonntag. Das
Billet, welches der Herr Graf von Olivares an Don Gio: de Vilela
schrieb, damit dieser ihm Briefe von allen Ministern der Mächte für den
genannten Diego Velasquez besorge, habe ich gesehen. -- [chiffrirt:]
Immerhin mag sich hinter dieser List auch die Absicht verbergen, dem Ma-
ler eine kleine Ernte zuzuwenden, indem er von Jedem Geschenke bekommen
soll. Wahr ist freilich
-- er malt in den Gemächern S. M., und ich
habe ihn da oftmals malen sehen, und seine Specialkunst ist die Bild-
nissmalerei. Vscero di Camera bedeutet etwas mehr als Portier und we-
niger als agiutante di camera, denn das ist er nicht und mit diesem Amt
hat er nichts zu thun. Er geht vor dem Becher des Königs her, wenn
dieser zu Mittag oder zu Abend speist. S. M. sieht ihm oft zu beim
Malen. Diess ist die Information, welche ich geben kann, damit man
wisse, wie er zu behandeln ist. Ich weiss nicht, ob der Maler Amidano
ihn kennt; der könnte seine Bekanntschaft machen -- [chiffrirt:]
wobei man dem Amidano zu verstehen geben kann, dass er in seinen Reden
klug sei
-- womit ich in demüthiger Ehrerbietung verharre

[Spaltenumbruch] Di V. A. S.
Madrid den 26. Juni 1629.
[Spaltenumbruch] beständiger Diener
Flavio Atti.


1) Zarco del Valle, Documentos ineditos 1870. S. 400.
2) Depesche Flavio Atti's vom 26. Juli 1626 im farnesischen Archiv zu
Neapel.

Nach Italien.
Person zu verschaffen und ihr Misstrauen zu beseitigen, zumal
da er ja mit der Galere des spanischen Generals gekommen
war, so fügten die Gesandten ihren Depeschen noch gleich-
zeitige vertrauliche Informationen bei, von welchen eine schon be-
kannt war1), die venezianische; die für Parma und Florenz be-
finden sich im farnesischen und mediceischen Archiv. Die De-
pesche des Residenten von Parma, Flavio Atti beweist, dass man
ihn wirklich im Verdacht hatte, neben seiner Kunst zugleich
Spionengeschäfte zu betreiben2).

Serenissima Madama Signora Patrona mia perpetua..

An diesem selben Tage habe ich an den Herzog meinen Herrn
einen Begleitbrief geschrieben für Diego Velasquez Vscero und Kammer-
maler S. M., der nach Italien geht um (wie er sagt) sich in seiner Kunst
als Maler zu vervollkommnen. Er nimmt Briefe mit vom Nuntius für Rom
und von allen andern Gesandten. — [chiffrirt:] Ich behaupte, er kommt
als Kundschafter, ebenso wie Carlo Pu . . ghin (?), der ebenfalls Diener des
Königs ist und nach Mailand geht; dessen Geschäft ist in der That Spio-
niren
. — Sie reisen mit dem Marchese Spinola nächsten Sonntag. Das
Billet, welches der Herr Graf von Olivares an Don Gio: de Vilela
schrieb, damit dieser ihm Briefe von allen Ministern der Mächte für den
genannten Diego Velasquez besorge, habe ich gesehen. — [chiffrirt:]
Immerhin mag sich hinter dieser List auch die Absicht verbergen, dem Ma-
ler eine kleine Ernte zuzuwenden, indem er von Jedem Geschenke bekommen
soll. Wahr ist freilich
— er malt in den Gemächern S. M., und ich
habe ihn da oftmals malen sehen, und seine Specialkunst ist die Bild-
nissmalerei. Vscero di Camera bedeutet etwas mehr als Portier und we-
niger als agiutante di camera, denn das ist er nicht und mit diesem Amt
hat er nichts zu thun. Er geht vor dem Becher des Königs her, wenn
dieser zu Mittag oder zu Abend speist. S. M. sieht ihm oft zu beim
Malen. Diess ist die Information, welche ich geben kann, damit man
wisse, wie er zu behandeln ist. Ich weiss nicht, ob der Maler Amidano
ihn kennt; der könnte seine Bekanntschaft machen — [chiffrirt:]
wobei man dem Amidano zu verstehen geben kann, dass er in seinen Reden
klug sei
— womit ich in demüthiger Ehrerbietung verharre

[Spaltenumbruch] Di V. A. S.
Madrid den 26. Juni 1629.
[Spaltenumbruch] beständiger Diener
Flavio Atti.


1) Zarco del Valle, Documentos inéditos 1870. S. 400.
2) Depesche Flavio Atti’s vom 26. Juli 1626 im farnesischen Archiv zu
Neapel.
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[271/0297] Nach Italien. Person zu verschaffen und ihr Misstrauen zu beseitigen, zumal da er ja mit der Galere des spanischen Generals gekommen war, so fügten die Gesandten ihren Depeschen noch gleich- zeitige vertrauliche Informationen bei, von welchen eine schon be- kannt war 1), die venezianische; die für Parma und Florenz be- finden sich im farnesischen und mediceischen Archiv. Die De- pesche des Residenten von Parma, Flavio Atti beweist, dass man ihn wirklich im Verdacht hatte, neben seiner Kunst zugleich Spionengeschäfte zu betreiben 2). Serenissima Madama Signora Patrona mia perpetua.. An diesem selben Tage habe ich an den Herzog meinen Herrn einen Begleitbrief geschrieben für Diego Velasquez Vscero und Kammer- maler S. M., der nach Italien geht um (wie er sagt) sich in seiner Kunst als Maler zu vervollkommnen. Er nimmt Briefe mit vom Nuntius für Rom und von allen andern Gesandten. — [chiffrirt:] Ich behaupte, er kommt als Kundschafter, ebenso wie Carlo Pu . . ghin (?), der ebenfalls Diener des Königs ist und nach Mailand geht; dessen Geschäft ist in der That Spio- niren. — Sie reisen mit dem Marchese Spinola nächsten Sonntag. Das Billet, welches der Herr Graf von Olivares an Don Gio: de Vilela schrieb, damit dieser ihm Briefe von allen Ministern der Mächte für den genannten Diego Velasquez besorge, habe ich gesehen. — [chiffrirt:] Immerhin mag sich hinter dieser List auch die Absicht verbergen, dem Ma- ler eine kleine Ernte zuzuwenden, indem er von Jedem Geschenke bekommen soll. Wahr ist freilich — er malt in den Gemächern S. M., und ich habe ihn da oftmals malen sehen, und seine Specialkunst ist die Bild- nissmalerei. Vscero di Camera bedeutet etwas mehr als Portier und we- niger als agiutante di camera, denn das ist er nicht und mit diesem Amt hat er nichts zu thun. Er geht vor dem Becher des Königs her, wenn dieser zu Mittag oder zu Abend speist. S. M. sieht ihm oft zu beim Malen. Diess ist die Information, welche ich geben kann, damit man wisse, wie er zu behandeln ist. Ich weiss nicht, ob der Maler Amidano ihn kennt; der könnte seine Bekanntschaft machen — [chiffrirt:] wobei man dem Amidano zu verstehen geben kann, dass er in seinen Reden klug sei — womit ich in demüthiger Ehrerbietung verharre Di V. A. S. Madrid den 26. Juni 1629. beständiger Diener Flavio Atti. 1) Zarco del Valle, Documentos inéditos 1870. S. 400. 2) Depesche Flavio Atti’s vom 26. Juli 1626 im farnesischen Archiv zu Neapel.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/297>, abgerufen am 24.04.2024.