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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Aemter und Gehalt.
Theil waren sie von der technisch-administrativen Klasse, der
Mehrzahl nach blosse Hofämter. Ihre Funktionen betrafen den
täglichen Dienst der Majestät und das Ceremoniell des Palastes.
Sie waren die bequemste Form, ihm Einkommenzuschüsse zu ge-
währen, und zugleich Ehrentitel, die einem Hofmann unentbehr-
lich sind, um seine gesellschaftliche Stellung zu festigen und zu
erhöhen. Man erinnert sich, dass schon Jan van Eyck bei Philipp
dem Guten varlet de chambre war. Zu jener Zeit war der Maler
Juan van der Hamen archero, d. h. von der burgundischen Leib-
wache; der florentiner Bildhauer Rutilio Gaxi einer der zwan-
zig acroys oder gentilhombres de la casa, welche den König in die
Kirche und bei Festen begleiteten 1).

Schon vor der italienischen Reise war er zum Ugier de camara
(Leibthürhüter) ernannt und als solcher (am 7. März 1627) beeidigt wor-
den. Der Gehalt betrug 428,000 maravedis. Nach Palomino war der
Posten höchst ehrenvoll, nach dem Parmenser Flavio Atti bedeutete er
etwas mehr als Portier und weniger als Unterkämmerer (ayuda de camara).
Ihr Stand war am Eingang der Antecamara im Westflügel des Alcazar.
Ein solches Amt gab Gelegenheit zu interessanten wie lästigen Bekannt-
schaften und Vertraulichkeiten. -- Hierauf folgten die S. 255 erwähnten
Vergünstigungen.

Durch königliches Dekret vom 18. Mai 1633 erhält er un paso de
vara de alguazil de casa y corte
, d. h. das Recht der Uebertragung des
Stabs oder Amts eines Gerichtsdieners des obersten Gerichtshofs von
Castilien. Nach Palomino wurde dieser paso auf 4000 Dukaten be-
rechnet; Vicencio Carducho war sein Gesuch um eine solche vara (13. Ok-
tober 1631) abgeschlagen worden. Das arabische Wort Alguazil be-
zeichnet den Träger des Gerichtsstabs (vara alta de justicia). Der Leser
kennt diese Schrecken der picaros aus dem Gil Blas von Santillana; aber
solche Häscher waren Alguazile niederer Ordnung (menores). Hier
haben wir den Alguazil mayor, ihrer vier gehörten zum Personal jener
corte, deren Präsident der oberste Justizbeamte des Staats war.

Im Jahre 1634 erhielt er tausend Dukaten für 18 von Francisco
de Rioja taxirte Gemälde, zu welcher ausser den S. 326 genannten, ein
Bildniss der Königin und des Prinzen, und mehrere Landschaften,
Blumen- und Küchenstücke gehörten.

Im Anfang desselben Jahres vermählte Velazquez seine einzige

1) Palomino, museo III, 318. 354. Rodriguez Vila, Etiquetes de la casa
de Austria. Madrid p. 42. Eine Anzahl der Dokumente veröffentlicht Zarco del
Valle, Documentos LV, 398 ff.

Aemter und Gehalt.
Theil waren sie von der technisch-administrativen Klasse, der
Mehrzahl nach blosse Hofämter. Ihre Funktionen betrafen den
täglichen Dienst der Majestät und das Ceremoniell des Palastes.
Sie waren die bequemste Form, ihm Einkommenzuschüsse zu ge-
währen, und zugleich Ehrentitel, die einem Hofmann unentbehr-
lich sind, um seine gesellschaftliche Stellung zu festigen und zu
erhöhen. Man erinnert sich, dass schon Jan van Eyck bei Philipp
dem Guten varlet de chambre war. Zu jener Zeit war der Maler
Juan van der Hamen archero, d. h. von der burgundischen Leib-
wache; der florentiner Bildhauer Rutilio Gaxi einer der zwan-
zig acroys oder gentilhombres de la casa, welche den König in die
Kirche und bei Festen begleiteten 1).

Schon vor der italienischen Reise war er zum Ugier de cámara
(Leibthürhüter) ernannt und als solcher (am 7. März 1627) beeidigt wor-
den. Der Gehalt betrug 428,000 maravedis. Nach Palomino war der
Posten höchst ehrenvoll, nach dem Parmenser Flavio Atti bedeutete er
etwas mehr als Portier und weniger als Unterkämmerer (ayuda de cámara).
Ihr Stand war am Eingang der Antecámara im Westflügel des Alcazar.
Ein solches Amt gab Gelegenheit zu interessanten wie lästigen Bekannt-
schaften und Vertraulichkeiten. — Hierauf folgten die S. 255 erwähnten
Vergünstigungen.

Durch königliches Dekret vom 18. Mai 1633 erhält er un paso de
vara de alguazil de casa y corte
, d. h. das Recht der Uebertragung des
Stabs oder Amts eines Gerichtsdieners des obersten Gerichtshofs von
Castilien. Nach Palomino wurde dieser paso auf 4000 Dukaten be-
rechnet; Vicencio Carducho war sein Gesuch um eine solche vara (13. Ok-
tober 1631) abgeschlagen worden. Das arabische Wort Alguazil be-
zeichnet den Träger des Gerichtsstabs (vara alta de justicia). Der Leser
kennt diese Schrecken der pícaros aus dem Gil Blas von Santillana; aber
solche Häscher waren Alguazile niederer Ordnung (menores). Hier
haben wir den Alguazil mayor, ihrer vier gehörten zum Personal jener
corte, deren Präsident der oberste Justizbeamte des Staats war.

Im Jahre 1634 erhielt er tausend Dukaten für 18 von Francisco
de Rioja taxirte Gemälde, zu welcher ausser den S. 326 genannten, ein
Bildniss der Königin und des Prinzen, und mehrere Landschaften,
Blumen- und Küchenstücke gehörten.

Im Anfang desselben Jahres vermählte Velazquez seine einzige

1) Palomino, museo III, 318. 354. Rodriguez Vila, Etiquetes de la casa
de Austria. Madrid p. 42. Eine Anzahl der Dokumente veröffentlicht Zarco del
Valle, Documentos LV, 398 ff.
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[331/0357] Aemter und Gehalt. Theil waren sie von der technisch-administrativen Klasse, der Mehrzahl nach blosse Hofämter. Ihre Funktionen betrafen den täglichen Dienst der Majestät und das Ceremoniell des Palastes. Sie waren die bequemste Form, ihm Einkommenzuschüsse zu ge- währen, und zugleich Ehrentitel, die einem Hofmann unentbehr- lich sind, um seine gesellschaftliche Stellung zu festigen und zu erhöhen. Man erinnert sich, dass schon Jan van Eyck bei Philipp dem Guten varlet de chambre war. Zu jener Zeit war der Maler Juan van der Hamen archero, d. h. von der burgundischen Leib- wache; der florentiner Bildhauer Rutilio Gaxi einer der zwan- zig acroys oder gentilhombres de la casa, welche den König in die Kirche und bei Festen begleiteten 1). Schon vor der italienischen Reise war er zum Ugier de cámara (Leibthürhüter) ernannt und als solcher (am 7. März 1627) beeidigt wor- den. Der Gehalt betrug 428,000 maravedis. Nach Palomino war der Posten höchst ehrenvoll, nach dem Parmenser Flavio Atti bedeutete er etwas mehr als Portier und weniger als Unterkämmerer (ayuda de cámara). Ihr Stand war am Eingang der Antecámara im Westflügel des Alcazar. Ein solches Amt gab Gelegenheit zu interessanten wie lästigen Bekannt- schaften und Vertraulichkeiten. — Hierauf folgten die S. 255 erwähnten Vergünstigungen. Durch königliches Dekret vom 18. Mai 1633 erhält er un paso de vara de alguazil de casa y corte, d. h. das Recht der Uebertragung des Stabs oder Amts eines Gerichtsdieners des obersten Gerichtshofs von Castilien. Nach Palomino wurde dieser paso auf 4000 Dukaten be- rechnet; Vicencio Carducho war sein Gesuch um eine solche vara (13. Ok- tober 1631) abgeschlagen worden. Das arabische Wort Alguazil be- zeichnet den Träger des Gerichtsstabs (vara alta de justicia). Der Leser kennt diese Schrecken der pícaros aus dem Gil Blas von Santillana; aber solche Häscher waren Alguazile niederer Ordnung (menores). Hier haben wir den Alguazil mayor, ihrer vier gehörten zum Personal jener corte, deren Präsident der oberste Justizbeamte des Staats war. Im Jahre 1634 erhielt er tausend Dukaten für 18 von Francisco de Rioja taxirte Gemälde, zu welcher ausser den S. 326 genannten, ein Bildniss der Königin und des Prinzen, und mehrere Landschaften, Blumen- und Küchenstücke gehörten. Im Anfang desselben Jahres vermählte Velazquez seine einzige 1) Palomino, museo III, 318. 354. Rodriguez Vila, Etiquetes de la casa de Austria. Madrid p. 42. Eine Anzahl der Dokumente veröffentlicht Zarco del Valle, Documentos LV, 398 ff.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/357>, abgerufen am 16.04.2024.