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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Das Reiterbildniss Philipp IV.
sich auch zum Theile daraus, dass ein Pferd, welches der König
einmal geritten, nicht mehr von Andern bestiegen werden
durfte; daher "die königlichen Rosse in Folge ihres Müssig-
gangs im Marstall vor Fett barsten".

Das Reiterbildniss Philipp IV.

Als der Schöpfer von Buen Retiro dessen künstlerische
Ausstattung entwarf, war er auch auf ein Denkmal verfallen, für
welches in Spanien eine ausführende Kraft nicht zu finden war.
Wer jene Feldherrngallerie der Gegenwart im Salon betrachtete,
wo die welche während seiner Leitung der spanischen Politik
in der alten und neuen Welt Lorbeern gesammelt, in monumen-
talen Gemälden vereinigt waren, konnte die Frage aufwerfen, ob
der König selbst hier nicht durch etwas mehr als ein Reiter-
gemälde vertreten sein sollte. Der Ruhm der Spinola, Feria,
Gonzalo de Cordoba, war ja der seinige. Im Hinblick auf jene
Erfolge, bei der Zukunft auf Credit borgend, hatte Olivares seinem
Philipp, den die Dramatiker den "grössten König der Welt"
nannten, den Beinamen "des Grossen" ertheilt1). Zu den Krie-
gen am Rhein und am Po, mit Holland und England kam nun
auch der Bruch mit Frankreich, wo ja der Hauptheerd des Wi-
derstands gegen die Pläne des Hauses war.

Für seinen Monarchen eine Statue zu schaffen, diese Auf-
gabe musste dem Minister bei jedem Blick aus dem Schloss auf
den darunter sich ausbreitenden Park, die Casa del Campo, aufs
Gewissen fallen. Hier ragte das überlebensgrosse Bild des Hoch-
seligen, ein Geschenk des Grossherzogs von Toscana, das den
Minister aber zugleich an seinen Vorgänger Lerma erinnerte,
auf dessen Ruin er seine privanza aufgebaut hatte. Ein ähn-
liches Werk und von demselben Pietro Tacca sollte nun am Ostende
Madrids in einen der Höfe von Buen Retiro zu stehen kommen.

Am 2. Mai 1634 schrieb Olivares aus Aranjuez an den floren-
tinischen Gesandten Serrano ein Billet, in welchem er seine Ab-
sicht aussprach, eine Bronzestatue S. M. (medalla, o efigie a
caballo
nannte er sie) von dem besten Künstler (oficial) dieses
Fachs in Florenz ausführen zu lassen. In Uebereinstimmung mit
Bildnissen von Pedro Pablo Rubens und nach dem Muster der

1) Im Jahre 1636. Der Name erschien zuerst auf den neuen Stempelbogen
(papel sellado), daher man sofort S. Maj. el grande tributador nannte.

Das Reiterbildniss Philipp IV.
sich auch zum Theile daraus, dass ein Pferd, welches der König
einmal geritten, nicht mehr von Andern bestiegen werden
durfte; daher „die königlichen Rosse in Folge ihres Müssig-
gangs im Marstall vor Fett barsten“.

Das Reiterbildniss Philipp IV.

Als der Schöpfer von Buen Retiro dessen künstlerische
Ausstattung entwarf, war er auch auf ein Denkmal verfallen, für
welches in Spanien eine ausführende Kraft nicht zu finden war.
Wer jene Feldherrngallerie der Gegenwart im Salon betrachtete,
wo die welche während seiner Leitung der spanischen Politik
in der alten und neuen Welt Lorbeern gesammelt, in monumen-
talen Gemälden vereinigt waren, konnte die Frage aufwerfen, ob
der König selbst hier nicht durch etwas mehr als ein Reiter-
gemälde vertreten sein sollte. Der Ruhm der Spinola, Feria,
Gonzalo de Cordoba, war ja der seinige. Im Hinblick auf jene
Erfolge, bei der Zukunft auf Credit borgend, hatte Olivares seinem
Philipp, den die Dramatiker den „grössten König der Welt“
nannten, den Beinamen „des Grossen“ ertheilt1). Zu den Krie-
gen am Rhein und am Po, mit Holland und England kam nun
auch der Bruch mit Frankreich, wo ja der Hauptheerd des Wi-
derstands gegen die Pläne des Hauses war.

Für seinen Monarchen eine Statue zu schaffen, diese Auf-
gabe musste dem Minister bei jedem Blick aus dem Schloss auf
den darunter sich ausbreitenden Park, die Casa del Campo, aufs
Gewissen fallen. Hier ragte das überlebensgrosse Bild des Hoch-
seligen, ein Geschenk des Grossherzogs von Toscana, das den
Minister aber zugleich an seinen Vorgänger Lerma erinnerte,
auf dessen Ruin er seine privanza aufgebaut hatte. Ein ähn-
liches Werk und von demselben Pietro Tacca sollte nun am Ostende
Madrids in einen der Höfe von Buen Retiro zu stehen kommen.

Am 2. Mai 1634 schrieb Olivares aus Aranjuez an den floren-
tinischen Gesandten Serrano ein Billet, in welchem er seine Ab-
sicht aussprach, eine Bronzestatue S. M. (medalla, ó efigie á
caballo
nannte er sie) von dem besten Künstler (oficial) dieses
Fachs in Florenz ausführen zu lassen. In Uebereinstimmung mit
Bildnissen von Pedro Pablo Rubens und nach dem Muster der

1) Im Jahre 1636. Der Name erschien zuerst auf den neuen Stempelbogen
(papel sellado), daher man sofort S. Maj. el grande tributador nannte.
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[89/0109] Das Reiterbildniss Philipp IV. sich auch zum Theile daraus, dass ein Pferd, welches der König einmal geritten, nicht mehr von Andern bestiegen werden durfte; daher „die königlichen Rosse in Folge ihres Müssig- gangs im Marstall vor Fett barsten“. Das Reiterbildniss Philipp IV. Als der Schöpfer von Buen Retiro dessen künstlerische Ausstattung entwarf, war er auch auf ein Denkmal verfallen, für welches in Spanien eine ausführende Kraft nicht zu finden war. Wer jene Feldherrngallerie der Gegenwart im Salon betrachtete, wo die welche während seiner Leitung der spanischen Politik in der alten und neuen Welt Lorbeern gesammelt, in monumen- talen Gemälden vereinigt waren, konnte die Frage aufwerfen, ob der König selbst hier nicht durch etwas mehr als ein Reiter- gemälde vertreten sein sollte. Der Ruhm der Spinola, Feria, Gonzalo de Cordoba, war ja der seinige. Im Hinblick auf jene Erfolge, bei der Zukunft auf Credit borgend, hatte Olivares seinem Philipp, den die Dramatiker den „grössten König der Welt“ nannten, den Beinamen „des Grossen“ ertheilt 1). Zu den Krie- gen am Rhein und am Po, mit Holland und England kam nun auch der Bruch mit Frankreich, wo ja der Hauptheerd des Wi- derstands gegen die Pläne des Hauses war. Für seinen Monarchen eine Statue zu schaffen, diese Auf- gabe musste dem Minister bei jedem Blick aus dem Schloss auf den darunter sich ausbreitenden Park, die Casa del Campo, aufs Gewissen fallen. Hier ragte das überlebensgrosse Bild des Hoch- seligen, ein Geschenk des Grossherzogs von Toscana, das den Minister aber zugleich an seinen Vorgänger Lerma erinnerte, auf dessen Ruin er seine privanza aufgebaut hatte. Ein ähn- liches Werk und von demselben Pietro Tacca sollte nun am Ostende Madrids in einen der Höfe von Buen Retiro zu stehen kommen. Am 2. Mai 1634 schrieb Olivares aus Aranjuez an den floren- tinischen Gesandten Serrano ein Billet, in welchem er seine Ab- sicht aussprach, eine Bronzestatue S. M. (medalla, ó efigie á caballo nannte er sie) von dem besten Künstler (oficial) dieses Fachs in Florenz ausführen zu lassen. In Uebereinstimmung mit Bildnissen von Pedro Pablo Rubens und nach dem Muster der 1) Im Jahre 1636. Der Name erschien zuerst auf den neuen Stempelbogen (papel sellado), daher man sofort S. Maj. el grande tributador nannte.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/109>, abgerufen am 28.03.2024.