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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich.
und links sind dunkler, weil das deckende Weiss fehlt, welches
der Neumalung in den alten Theilen als Grundlage diente.

Der Ort ist eine breite Meeresbucht. Das Ufer jenseits der
unruhig gekräuselten Wasserfläche zeigt blaue Hügel und einen
barettförmig geformten Gipfel.

Alles, die Farbe des Pferds, das Meer, die Wolken, die
Berge sind in einem weissen Ton retouchirt, der dem Bild ein
etwas weichliches Wesen gibt, das übrigens zu dem Kopf
stimmt, in dem der Grad der Abwesenheit von Intelligenz,
Initiative und Ausdruck merkwürdig ist.

Das Gemälde der Königin (Nr. 1065; 2,97 x 3,09) ist viel
dunkler und schwerer in der Farbe. Sie erscheint gealtert, die
Züge härter, als in dem schönen zarten Bildniss von Pantoja de la
Cruz im Museum (Nr. 926). Ihr Gesicht mit der Habichtsnase,
dem kleinen eingezogenen Mund hat etwas kakaduartiges bekom-
men, wozu auch das hohe Hütchen mit dem weissen Federbusch
zufällig passt.

Sie reitet einen prächtigen hochgestiefelten Goldfuchs mit
Blässe und gemischter Mähne, der ebenfalls schräg von Rechts
nach Links im Schritt geht, sodass also beide Gatten aufein-
ander zuzureiten scheinen.

Die Landschaft ist hier gebirgig, mit hart aneinander ge-
schobenen Hügeln und dichtem Unterholz in den Schluchten. Aber
man entdeckt unter dem Abhang und Wäldchen links noch einen
früher dagestandenen Park und Prunkgarten, darin von hohen
Bäumen umgeben ein sechseckiges Parterre mit Beeten und
einem prächtigen Springbrunnen, drei Schalen übereinander,
Statuen am Schaft; wahrscheinlich Aranjuez. Diese alte Umge-
bung muss besser gestimmt haben zu der Gala der Dame als
die jetzige, in der man sie eher im Jägerkostüm erwartete. Die
Ferne ist in dunklem trübem Grün, der Abendhimmel von roth-
gelben Wolkenschichten durchzogen. --

Um die vom Künstler beabsichtigte Wirkung aller dieser
Reiterbilder zu empfangen, müsste man sie freilich anders als
in ihrer gegenwärtigen Unterbringung sehen. R. Cumberland
schildert in beredten Worten ihren Eindruck in dem grossen
Speisesaal des neuen Palasts, wo die beiden Königspaare, Olivares,
Philipp II von Rubens und Vanloo's Philipp V zusammenhingen.
Grösse, Kraft der Farbe, Glanz des reichen Costüms, das so fühlbar
nahetretende Wesen altspanischer Majestät, vor allem die pracht-
vollen Rosse, machten eine unvergleichliche Gesammtwirkung.

Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich.
und links sind dunkler, weil das deckende Weiss fehlt, welches
der Neumalung in den alten Theilen als Grundlage diente.

Der Ort ist eine breite Meeresbucht. Das Ufer jenseits der
unruhig gekräuselten Wasserfläche zeigt blaue Hügel und einen
barettförmig geformten Gipfel.

Alles, die Farbe des Pferds, das Meer, die Wolken, die
Berge sind in einem weissen Ton retouchirt, der dem Bild ein
etwas weichliches Wesen gibt, das übrigens zu dem Kopf
stimmt, in dem der Grad der Abwesenheit von Intelligenz,
Initiative und Ausdruck merkwürdig ist.

Das Gemälde der Königin (Nr. 1065; 2,97 × 3,09) ist viel
dunkler und schwerer in der Farbe. Sie erscheint gealtert, die
Züge härter, als in dem schönen zarten Bildniss von Pantoja de la
Cruz im Museum (Nr. 926). Ihr Gesicht mit der Habichtsnase,
dem kleinen eingezogenen Mund hat etwas kakaduartiges bekom-
men, wozu auch das hohe Hütchen mit dem weissen Federbusch
zufällig passt.

Sie reitet einen prächtigen hochgestiefelten Goldfuchs mit
Blässe und gemischter Mähne, der ebenfalls schräg von Rechts
nach Links im Schritt geht, sodass also beide Gatten aufein-
ander zuzureiten scheinen.

Die Landschaft ist hier gebirgig, mit hart aneinander ge-
schobenen Hügeln und dichtem Unterholz in den Schluchten. Aber
man entdeckt unter dem Abhang und Wäldchen links noch einen
früher dagestandenen Park und Prunkgarten, darin von hohen
Bäumen umgeben ein sechseckiges Parterre mit Beeten und
einem prächtigen Springbrunnen, drei Schalen übereinander,
Statuen am Schaft; wahrscheinlich Aranjuez. Diese alte Umge-
bung muss besser gestimmt haben zu der Gala der Dame als
die jetzige, in der man sie eher im Jägerkostüm erwartete. Die
Ferne ist in dunklem trübem Grün, der Abendhimmel von roth-
gelben Wolkenschichten durchzogen. —

Um die vom Künstler beabsichtigte Wirkung aller dieser
Reiterbilder zu empfangen, müsste man sie freilich anders als
in ihrer gegenwärtigen Unterbringung sehen. R. Cumberland
schildert in beredten Worten ihren Eindruck in dem grossen
Speisesaal des neuen Palasts, wo die beiden Königspaare, Olivares,
Philipp II von Rubens und Vanloo’s Philipp V zusammenhingen.
Grösse, Kraft der Farbe, Glanz des reichen Costüms, das so fühlbar
nahetretende Wesen altspanischer Majestät, vor allem die pracht-
vollen Rosse, machten eine unvergleichliche Gesammtwirkung.

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[117/0137] Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich. und links sind dunkler, weil das deckende Weiss fehlt, welches der Neumalung in den alten Theilen als Grundlage diente. Der Ort ist eine breite Meeresbucht. Das Ufer jenseits der unruhig gekräuselten Wasserfläche zeigt blaue Hügel und einen barettförmig geformten Gipfel. Alles, die Farbe des Pferds, das Meer, die Wolken, die Berge sind in einem weissen Ton retouchirt, der dem Bild ein etwas weichliches Wesen gibt, das übrigens zu dem Kopf stimmt, in dem der Grad der Abwesenheit von Intelligenz, Initiative und Ausdruck merkwürdig ist. Das Gemälde der Königin (Nr. 1065; 2,97 × 3,09) ist viel dunkler und schwerer in der Farbe. Sie erscheint gealtert, die Züge härter, als in dem schönen zarten Bildniss von Pantoja de la Cruz im Museum (Nr. 926). Ihr Gesicht mit der Habichtsnase, dem kleinen eingezogenen Mund hat etwas kakaduartiges bekom- men, wozu auch das hohe Hütchen mit dem weissen Federbusch zufällig passt. Sie reitet einen prächtigen hochgestiefelten Goldfuchs mit Blässe und gemischter Mähne, der ebenfalls schräg von Rechts nach Links im Schritt geht, sodass also beide Gatten aufein- ander zuzureiten scheinen. Die Landschaft ist hier gebirgig, mit hart aneinander ge- schobenen Hügeln und dichtem Unterholz in den Schluchten. Aber man entdeckt unter dem Abhang und Wäldchen links noch einen früher dagestandenen Park und Prunkgarten, darin von hohen Bäumen umgeben ein sechseckiges Parterre mit Beeten und einem prächtigen Springbrunnen, drei Schalen übereinander, Statuen am Schaft; wahrscheinlich Aranjuez. Diese alte Umge- bung muss besser gestimmt haben zu der Gala der Dame als die jetzige, in der man sie eher im Jägerkostüm erwartete. Die Ferne ist in dunklem trübem Grün, der Abendhimmel von roth- gelben Wolkenschichten durchzogen. — Um die vom Künstler beabsichtigte Wirkung aller dieser Reiterbilder zu empfangen, müsste man sie freilich anders als in ihrer gegenwärtigen Unterbringung sehen. R. Cumberland schildert in beredten Worten ihren Eindruck in dem grossen Speisesaal des neuen Palasts, wo die beiden Königspaare, Olivares, Philipp II von Rubens und Vanloo’s Philipp V zusammenhingen. Grösse, Kraft der Farbe, Glanz des reichen Costüms, das so fühlbar nahetretende Wesen altspanischer Majestät, vor allem die pracht- vollen Rosse, machten eine unvergleichliche Gesammtwirkung.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/137>, abgerufen am 28.03.2024.