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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Galerieverwaltung.
28 Copien, 43 Tintorettos, 29 Paolos und 26 Bassanos. Die
Zahl der seitdem ausser Land gekommenen oder verschollenen
Tizians mag etwa vierzig betragen. Zu ihnen gehören: die Ruhe
auf der Flucht mit der h. Catharina und der Zinsgroschen (National
Gallery), von dem Noli me tangere ist ein Fragment im Prado.
Von Mythologien: die zwei Dianenbäder, Europa, Venus mit
dem Spiegel, eine Bacchusfigur, die vier Tartarusstrafen: Prome-
theus und Sisyphus, Tantalus und Ixion; Perseus und Andromeda,
Orpheus, Tarquin und Lucrezia. Von Bildnissen: die elf Cäsaren,
Pabst Alexander VI mit dem Admiral Pesaro (Antwerpen),
Carl V im Harnisch, derselbe mit der Kaiserin auf einem Bilde,
König Ludwig von Ungarn, die Herzogin von Alba, der Sekretär
de los Cobos und seine Frau, der Churfürst von Sachsen im Pelz-
mantel, der Landgraf, Francesco Sforza, der Herzog von Urbino
die Hand auf einer Kanone, der Doge Gritti, der Maler "Juan
Albin", der Zwerg Stanislaus.

Der Spiegelsaal war von Anfang an bestimmt eine Auswahl
von Meisterwerken zu vereinigen; bis zum Ende der Regierung
ist die Zusammenstellung veredelt und bereichert worden: Grössen
wie Carducho und Caxesi, die anfangs noch neben den Venezianern
standen, sind in der Folge entfernt worden. Auf Gleichartigkeit
der Stoffe wurde gesehn: grosse Reiterbilder und Mythologien.
Hierher wurde aus dem Pardo Tizians Carl V bei Mühlberg ge-
holt, Philipp II mit dem Kinde Diego (1574), daneben hing Ve-
lazquez' Philipp III und die Moriscos, Rubens' untergegangenes
Reiterbild des regierenden Königs, Ferdinand in Halbfigur von
van Dyck, die Schlacht bei Nördlingen.

Noch interessanter war die mythologische Abtheilung: wol
nirgends hat man so verschiedenartige Geister wie Tizian, Tin-
toretto und Paolo, Rubens und van Dyck, Velazquez, Ribera und
Artemisia Gentileschi in ihrer Behandlung der klassischen Stoffe
vergleichen können. Spagnoletto's verloren gegangene Jael und
Delila scheinen die ersten Stücke gewesen zu sein, die von ihm
in den Palast gekommen sind.

Im Atelier der Kammermaler war noch 1694 eine Skizze
des Salon dorado von Velazquez Hand1).

1) Vna mancha de Prospectiua del Salon Dorado de Palazio, por acauar,
de vara y media de alto y dos y media de ancho, maltratada y sin marco, de
mano de Velazquez. Zarco del Valle, Documentos ineditos S. 439.

Galerieverwaltung.
28 Copien, 43 Tintorettos, 29 Paolos und 26 Bassanos. Die
Zahl der seitdem ausser Land gekommenen oder verschollenen
Tizians mag etwa vierzig betragen. Zu ihnen gehören: die Ruhe
auf der Flucht mit der h. Catharina und der Zinsgroschen (National
Gallery), von dem Noli me tangere ist ein Fragment im Prado.
Von Mythologien: die zwei Dianenbäder, Europa, Venus mit
dem Spiegel, eine Bacchusfigur, die vier Tartarusstrafen: Prome-
theus und Sisyphus, Tantalus und Ixion; Perseus und Andromeda,
Orpheus, Tarquin und Lucrezia. Von Bildnissen: die elf Cäsaren,
Pabst Alexander VI mit dem Admiral Pesaro (Antwerpen),
Carl V im Harnisch, derselbe mit der Kaiserin auf einem Bilde,
König Ludwig von Ungarn, die Herzogin von Alba, der Sekretär
de los Cobos und seine Frau, der Churfürst von Sachsen im Pelz-
mantel, der Landgraf, Francesco Sforza, der Herzog von Urbino
die Hand auf einer Kanone, der Doge Gritti, der Maler „Juan
Albin“, der Zwerg Stanislaus.

Der Spiegelsaal war von Anfang an bestimmt eine Auswahl
von Meisterwerken zu vereinigen; bis zum Ende der Regierung
ist die Zusammenstellung veredelt und bereichert worden: Grössen
wie Carducho und Caxesi, die anfangs noch neben den Venezianern
standen, sind in der Folge entfernt worden. Auf Gleichartigkeit
der Stoffe wurde gesehn: grosse Reiterbilder und Mythologien.
Hierher wurde aus dem Pardo Tizians Carl V bei Mühlberg ge-
holt, Philipp II mit dem Kinde Diego (1574), daneben hing Ve-
lazquez’ Philipp III und die Moriscos, Rubens’ untergegangenes
Reiterbild des regierenden Königs, Ferdinand in Halbfigur von
van Dyck, die Schlacht bei Nördlingen.

Noch interessanter war die mythologische Abtheilung: wol
nirgends hat man so verschiedenartige Geister wie Tizian, Tin-
toretto und Paolo, Rubens und van Dyck, Velazquez, Ribera und
Artemisia Gentileschi in ihrer Behandlung der klassischen Stoffe
vergleichen können. Spagnoletto’s verloren gegangene Jael und
Delila scheinen die ersten Stücke gewesen zu sein, die von ihm
in den Palast gekommen sind.

Im Atelier der Kammermaler war noch 1694 eine Skizze
des Salon dorado von Velazquez Hand1).

1) Vna mancha de Prospectiua del Salon Dorado de Palazio, por acauar,
de vara y media de alto y dos y media de ancho, maltratada y sin marco, de
mano de Velazquez. Zarco del Valle, Documentos inéditos S. 439.
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[229/0249] Galerieverwaltung. 28 Copien, 43 Tintorettos, 29 Paolos und 26 Bassanos. Die Zahl der seitdem ausser Land gekommenen oder verschollenen Tizians mag etwa vierzig betragen. Zu ihnen gehören: die Ruhe auf der Flucht mit der h. Catharina und der Zinsgroschen (National Gallery), von dem Noli me tangere ist ein Fragment im Prado. Von Mythologien: die zwei Dianenbäder, Europa, Venus mit dem Spiegel, eine Bacchusfigur, die vier Tartarusstrafen: Prome- theus und Sisyphus, Tantalus und Ixion; Perseus und Andromeda, Orpheus, Tarquin und Lucrezia. Von Bildnissen: die elf Cäsaren, Pabst Alexander VI mit dem Admiral Pesaro (Antwerpen), Carl V im Harnisch, derselbe mit der Kaiserin auf einem Bilde, König Ludwig von Ungarn, die Herzogin von Alba, der Sekretär de los Cobos und seine Frau, der Churfürst von Sachsen im Pelz- mantel, der Landgraf, Francesco Sforza, der Herzog von Urbino die Hand auf einer Kanone, der Doge Gritti, der Maler „Juan Albin“, der Zwerg Stanislaus. Der Spiegelsaal war von Anfang an bestimmt eine Auswahl von Meisterwerken zu vereinigen; bis zum Ende der Regierung ist die Zusammenstellung veredelt und bereichert worden: Grössen wie Carducho und Caxesi, die anfangs noch neben den Venezianern standen, sind in der Folge entfernt worden. Auf Gleichartigkeit der Stoffe wurde gesehn: grosse Reiterbilder und Mythologien. Hierher wurde aus dem Pardo Tizians Carl V bei Mühlberg ge- holt, Philipp II mit dem Kinde Diego (1574), daneben hing Ve- lazquez’ Philipp III und die Moriscos, Rubens’ untergegangenes Reiterbild des regierenden Königs, Ferdinand in Halbfigur von van Dyck, die Schlacht bei Nördlingen. Noch interessanter war die mythologische Abtheilung: wol nirgends hat man so verschiedenartige Geister wie Tizian, Tin- toretto und Paolo, Rubens und van Dyck, Velazquez, Ribera und Artemisia Gentileschi in ihrer Behandlung der klassischen Stoffe vergleichen können. Spagnoletto’s verloren gegangene Jael und Delila scheinen die ersten Stücke gewesen zu sein, die von ihm in den Palast gekommen sind. Im Atelier der Kammermaler war noch 1694 eine Skizze des Salon dorado von Velazquez Hand 1). 1) Vna mancha de Prospectiua del Salon Dorado de Palazio, por acauar, de vara y media de alto y dos y media de ancho, maltratada y sin marco, de mano de Velazquez. Zarco del Valle, Documentos inéditos S. 439.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/249>, abgerufen am 28.03.2024.