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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Eilft. Kap. Von Fischen und Muscheln.
hat im Jahr 1680 eine neue Art ersunden die Walfische zu fangen; nemlich dieselben mit
Netzen aus Stricken von der Dicke zweier Daumen zu überziehen; und hierin ist ihm bald
ein Bauer in Gotho, Jwonomo genant, glüklich nachgefolgt. Dies Thier sol nemlich,
so bald es sein Haupt bestrikt fühlt, nicht schwimmen können, sondern stil halten: und wird
alsdenn mit Wurfpfeilen auf gewöhnliche Art geschossen und aufgebracht. Diese Art sol
aber weitläuftige Zurichtungen, und weit größere Kosten erfordern als die gemeine. Denn
da die gemeine nicht über zwanzig Kisten Silber erfordert, so kan diese nicht unter zwanzig
Kisten ausgeführt werden: sie ist aber dagegen viel größer und vortheilhafter.

Verschiedene Arten von Walfischen.
1) Siebi ist der vornehmste und gröste. Es ist ein sehr dicker Fisch, und giebt den
mehrsten Thran; er hat auch das beste und ein sehr gesundes Fleisch, dem die Arbeits-
leute und Fischer, welche bei Tag und Nacht, und im kalten Wetter so viel Ungemach
ausstehen müssen, die Erhaltung ihrer Gesundheit zuschreiben.
2) Awosangi, gemeiniglich Kokadsura, das ist kleiner Walfisch genant, ist
kleiner als der Siebi; er hat ein aschgraues Fel, und auch eine verschiedene Gestalt.
3) Nagass ist ein 20 bis 30 klafterlanger Fisch. Er kan 2 bis 3 Stunden unter
Wasser bleiben, und unter demselben etliche Meilen fortstreichen, da andere stets Luft schö-
pfen müssen.
4) Satoo Kudsura, oder der blinde Walfisch. Dieser Name rührt von der
Figur einer Bijwa oder einländischen Laute her, worauf die Blinden in diesem Lande zu
spielen pflegen, und deren Figur auf dem Rücken dieses Walfisches abgebildet ist. Es ist
eine kleine Art; erlangt aber doch zuweilen die Länge von 10 Klaftern. Sie findet sich hier
sehr häufig, ihr Fleisch aber ist ungesund; weil es, wie man sagt, gar zu hitzig ist, Ca-
tharrhen, Krätze und Kinderblattern verursacht, und alte Gebrechen wieder erneuert. Wer
dieses Fleisch kent, kauft es nicht; es wird aber, wie das Fleisch aller andern Walfische,
unter dem Namen des Walfisches Siebi aufs Markt gebracht.
5) Mako ist nur 3 bis 4 Faden lang, und wird auch nicht größer. Mako
heist sonst auch jeder junge Walfisch; aber hier ist es ein eigener Nahme. Er wird um
die östliche Seite von Japan, und am häufigsten bei Kino Kuni und Satzuma gefangen.
Diese Art führt gemeiniglich in den Gedärmen Ambra: sie giebt aber kein Thran als blos
aus dem Kopfe.
6) Jwasi

Eilft. Kap. Von Fiſchen und Muſcheln.
hat im Jahr 1680 eine neue Art erſunden die Walfiſche zu fangen; nemlich dieſelben mit
Netzen aus Stricken von der Dicke zweier Daumen zu uͤberziehen; und hierin iſt ihm bald
ein Bauer in Gotho, Jwonomo genant, gluͤklich nachgefolgt. Dies Thier ſol nemlich,
ſo bald es ſein Haupt beſtrikt fuͤhlt, nicht ſchwimmen koͤnnen, ſondern ſtil halten: und wird
alsdenn mit Wurfpfeilen auf gewoͤhnliche Art geſchoſſen und aufgebracht. Dieſe Art ſol
aber weitlaͤuftige Zurichtungen, und weit groͤßere Koſten erfordern als die gemeine. Denn
da die gemeine nicht uͤber zwanzig Kiſten Silber erfordert, ſo kan dieſe nicht unter zwanzig
Kiſten ausgefuͤhrt werden: ſie iſt aber dagegen viel groͤßer und vortheilhafter.

Verſchiedene Arten von Walfiſchen.
1) Siebi iſt der vornehmſte und groͤſte. Es iſt ein ſehr dicker Fiſch, und giebt den
mehrſten Thran; er hat auch das beſte und ein ſehr geſundes Fleiſch, dem die Arbeits-
leute und Fiſcher, welche bei Tag und Nacht, und im kalten Wetter ſo viel Ungemach
ausſtehen muͤſſen, die Erhaltung ihrer Geſundheit zuſchreiben.
2) Awoſangi, gemeiniglich Kokadſura, das iſt kleiner Walfiſch genant, iſt
kleiner als der Siebi; er hat ein aſchgraues Fel, und auch eine verſchiedene Geſtalt.
3) Nagaſſ iſt ein 20 bis 30 klafterlanger Fiſch. Er kan 2 bis 3 Stunden unter
Waſſer bleiben, und unter demſelben etliche Meilen fortſtreichen, da andere ſtets Luft ſchoͤ-
pfen muͤſſen.
4) Satoo Kudſura, oder der blinde Walfiſch. Dieſer Name ruͤhrt von der
Figur einer Bijwa oder einlaͤndiſchen Laute her, worauf die Blinden in dieſem Lande zu
ſpielen pflegen, und deren Figur auf dem Ruͤcken dieſes Walfiſches abgebildet iſt. Es iſt
eine kleine Art; erlangt aber doch zuweilen die Laͤnge von 10 Klaftern. Sie findet ſich hier
ſehr haͤufig, ihr Fleiſch aber iſt ungeſund; weil es, wie man ſagt, gar zu hitzig iſt, Ca-
tharrhen, Kraͤtze und Kinderblattern verurſacht, und alte Gebrechen wieder erneuert. Wer
dieſes Fleiſch kent, kauft es nicht; es wird aber, wie das Fleiſch aller andern Walfiſche,
unter dem Namen des Walfiſches Siebi aufs Markt gebracht.
5) Mako iſt nur 3 bis 4 Faden lang, und wird auch nicht groͤßer. Mako
heiſt ſonſt auch jeder junge Walfiſch; aber hier iſt es ein eigener Nahme. Er wird um
die oͤſtliche Seite von Japan, und am haͤufigſten bei Kino Kuni und Satzuma gefangen.
Dieſe Art fuͤhrt gemeiniglich in den Gedaͤrmen Ambra: ſie giebt aber kein Thran als blos
aus dem Kopfe.
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[151/0243] Eilft. Kap. Von Fiſchen und Muſcheln. hat im Jahr 1680 eine neue Art erſunden die Walfiſche zu fangen; nemlich dieſelben mit Netzen aus Stricken von der Dicke zweier Daumen zu uͤberziehen; und hierin iſt ihm bald ein Bauer in Gotho, Jwonomo genant, gluͤklich nachgefolgt. Dies Thier ſol nemlich, ſo bald es ſein Haupt beſtrikt fuͤhlt, nicht ſchwimmen koͤnnen, ſondern ſtil halten: und wird alsdenn mit Wurfpfeilen auf gewoͤhnliche Art geſchoſſen und aufgebracht. Dieſe Art ſol aber weitlaͤuftige Zurichtungen, und weit groͤßere Koſten erfordern als die gemeine. Denn da die gemeine nicht uͤber zwanzig Kiſten Silber erfordert, ſo kan dieſe nicht unter zwanzig Kiſten ausgefuͤhrt werden: ſie iſt aber dagegen viel groͤßer und vortheilhafter. Verſchiedene Arten von Walfiſchen. 1) Siebi iſt der vornehmſte und groͤſte. Es iſt ein ſehr dicker Fiſch, und giebt den mehrſten Thran; er hat auch das beſte und ein ſehr geſundes Fleiſch, dem die Arbeits- leute und Fiſcher, welche bei Tag und Nacht, und im kalten Wetter ſo viel Ungemach ausſtehen muͤſſen, die Erhaltung ihrer Geſundheit zuſchreiben. 2) Awoſangi, gemeiniglich Kokadſura, das iſt kleiner Walfiſch genant, iſt kleiner als der Siebi; er hat ein aſchgraues Fel, und auch eine verſchiedene Geſtalt. 3) Nagaſſ iſt ein 20 bis 30 klafterlanger Fiſch. Er kan 2 bis 3 Stunden unter Waſſer bleiben, und unter demſelben etliche Meilen fortſtreichen, da andere ſtets Luft ſchoͤ- pfen muͤſſen. 4) Satoo Kudſura, oder der blinde Walfiſch. Dieſer Name ruͤhrt von der Figur einer Bijwa oder einlaͤndiſchen Laute her, worauf die Blinden in dieſem Lande zu ſpielen pflegen, und deren Figur auf dem Ruͤcken dieſes Walfiſches abgebildet iſt. Es iſt eine kleine Art; erlangt aber doch zuweilen die Laͤnge von 10 Klaftern. Sie findet ſich hier ſehr haͤufig, ihr Fleiſch aber iſt ungeſund; weil es, wie man ſagt, gar zu hitzig iſt, Ca- tharrhen, Kraͤtze und Kinderblattern verurſacht, und alte Gebrechen wieder erneuert. Wer dieſes Fleiſch kent, kauft es nicht; es wird aber, wie das Fleiſch aller andern Walfiſche, unter dem Namen des Walfiſches Siebi aufs Markt gebracht. 5) Mako iſt nur 3 bis 4 Faden lang, und wird auch nicht groͤßer. Mako heiſt ſonſt auch jeder junge Walfiſch; aber hier iſt es ein eigener Nahme. Er wird um die oͤſtliche Seite von Japan, und am haͤufigſten bei Kino Kuni und Satzuma gefangen. Dieſe Art fuͤhrt gemeiniglich in den Gedaͤrmen Ambra: ſie giebt aber kein Thran als blos aus dem Kopfe. 6) Jwaſi

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/243>, abgerufen am 29.03.2024.