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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch.
Salz.

Salz wird an den Ufern der See vom Salzwasser gemacht; welches man über
einen feinen und mit Rechen locker gemachten Sand sprützet. Nachdem der Sand trocken
und der Proces verschiedene mal wiederholt worden, wird derselbe mit Seewasser trans-
colirt, die Lauge eingekocht, und das erhaltene Salz in beschlossenen irdenen Gefäßen durch
Calcination weis gemacht.

Agathen.

Agathen von schöner Farbe, deren einige einem schlechten Saphir, andere den
Carniolen gleichen, findet man auf dem Gebirge Tsigaar auf dem nördlichsten und äußer-
sten Lande Osju, der Jnsel Jeso gegenüber.*)

Perlen.

Perlen, die man hier Kainotamma nent, d. i. Juwelen von Muscheln, werden
hin und wieder um Saikokf in verschiednen Geschlechtern von Austern und Seemuscheln
gefunden; und können von jedem frei gesamlet werden. Vor diesem sind sie von den Einwoh-
nern nicht gebraucht noch geachtet worden, bis sie den Preis von den Sinesern erlernt; wel-
che sie jährlich für die Weiber ihres Landes erhandeln, deren gröste und kostbareste Pracht
in diesem Juwel bestehet. Die größesten und edelsten Perlen findet man in einer kleinen
platten auf beiden Seiten geschlossenen Muschel oder Auster, Namens Akoja. Sie ist an
Form der persischen nicht ungleich, kaum handebreit, dünne, außen schwarzglänzend
und brüchig, inwendig unreif und Perlemutterglanzes. Diese Perlen aus der Muschel
Akoja findet man allein um Satzuma und im Seebusen Omra: sie haben zuweilen das
Gewicht von 4 und 5 Condinen, und der Preis von 100 Colan. Satzuma scheint die
Seinigen an die riukuschen Sinesen zu verkaufen; und Omra verhandelt jährlich für
3000 Tail an die Sinesen. Es ist von den jetzigen Landesherren verboten, daß sie nicht
mehr dürfen zur Speise eingesamlet werden, wie vordem geschahe.

Jch habe verborgener Weise und nicht ohne Mühe einige von dort abholen lassen.
Es ist sehr wunderbar, (wenn es anders wahr ist) daß man unter den grösten Perlen dieses
Geschlechts einige findet, welche die Eigenschaft haben, daß, wenn sie in einer Büchse unter
einländischer Schminke (ein Pulver von der Muschel Takaragai) verschlossen liegen, sie
eine oder zwei junge Perlen ansetzen, welche nach drei Jahren, wenn sie reif geworden, von

selbst
*) Jn der englis. Uebersetzung: "der Landschaft Jedo gegen über."
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
Salz.

Salz wird an den Ufern der See vom Salzwaſſer gemacht; welches man uͤber
einen feinen und mit Rechen locker gemachten Sand ſpruͤtzet. Nachdem der Sand trocken
und der Proces verſchiedene mal wiederholt worden, wird derſelbe mit Seewaſſer trans-
colirt, die Lauge eingekocht, und das erhaltene Salz in beſchloſſenen irdenen Gefaͤßen durch
Calcination weis gemacht.

Agathen.

Agathen von ſchoͤner Farbe, deren einige einem ſchlechten Saphir, andere den
Carniolen gleichen, findet man auf dem Gebirge Tſigaar auf dem noͤrdlichſten und aͤußer-
ſten Lande Oſju, der Jnſel Jeſo gegenuͤber.*)

Perlen.

Perlen, die man hier Kainotamma nent, d. i. Juwelen von Muſcheln, werden
hin und wieder um Saikokf in verſchiednen Geſchlechtern von Auſtern und Seemuſcheln
gefunden; und koͤnnen von jedem frei geſamlet werden. Vor dieſem ſind ſie von den Einwoh-
nern nicht gebraucht noch geachtet worden, bis ſie den Preis von den Sineſern erlernt; wel-
che ſie jaͤhrlich fuͤr die Weiber ihres Landes erhandeln, deren groͤſte und koſtbareſte Pracht
in dieſem Juwel beſtehet. Die groͤßeſten und edelſten Perlen findet man in einer kleinen
platten auf beiden Seiten geſchloſſenen Muſchel oder Auſter, Namens Akoja. Sie iſt an
Form der perſiſchen nicht ungleich, kaum handebreit, duͤnne, außen ſchwarzglaͤnzend
und bruͤchig, inwendig unreif und Perlemutterglanzes. Dieſe Perlen aus der Muſchel
Akoja findet man allein um Satzuma und im Seebuſen Omra: ſie haben zuweilen das
Gewicht von 4 und 5 Condinen, und der Preis von 100 Colan. Satzuma ſcheint die
Seinigen an die riukuſchen Sineſen zu verkaufen; und Omra verhandelt jaͤhrlich fuͤr
3000 Tail an die Sineſen. Es iſt von den jetzigen Landesherren verboten, daß ſie nicht
mehr duͤrfen zur Speiſe eingeſamlet werden, wie vordem geſchahe.

Jch habe verborgener Weiſe und nicht ohne Muͤhe einige von dort abholen laſſen.
Es iſt ſehr wunderbar, (wenn es anders wahr iſt) daß man unter den groͤſten Perlen dieſes
Geſchlechts einige findet, welche die Eigenſchaft haben, daß, wenn ſie in einer Buͤchſe unter
einlaͤndiſcher Schminke (ein Pulver von der Muſchel Takaragai) verſchloſſen liegen, ſie
eine oder zwei junge Perlen anſetzen, welche nach drei Jahren, wenn ſie reif geworden, von

ſelbſt
*) Jn der engliſ. Ueberſetzung: „der Landſchaft Jedo gegen uͤber.‟
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[126/0214] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. Salz. Salz wird an den Ufern der See vom Salzwaſſer gemacht; welches man uͤber einen feinen und mit Rechen locker gemachten Sand ſpruͤtzet. Nachdem der Sand trocken und der Proces verſchiedene mal wiederholt worden, wird derſelbe mit Seewaſſer trans- colirt, die Lauge eingekocht, und das erhaltene Salz in beſchloſſenen irdenen Gefaͤßen durch Calcination weis gemacht. Agathen. Agathen von ſchoͤner Farbe, deren einige einem ſchlechten Saphir, andere den Carniolen gleichen, findet man auf dem Gebirge Tſigaar auf dem noͤrdlichſten und aͤußer- ſten Lande Oſju, der Jnſel Jeſo gegenuͤber. *) Perlen. Perlen, die man hier Kainotamma nent, d. i. Juwelen von Muſcheln, werden hin und wieder um Saikokf in verſchiednen Geſchlechtern von Auſtern und Seemuſcheln gefunden; und koͤnnen von jedem frei geſamlet werden. Vor dieſem ſind ſie von den Einwoh- nern nicht gebraucht noch geachtet worden, bis ſie den Preis von den Sineſern erlernt; wel- che ſie jaͤhrlich fuͤr die Weiber ihres Landes erhandeln, deren groͤſte und koſtbareſte Pracht in dieſem Juwel beſtehet. Die groͤßeſten und edelſten Perlen findet man in einer kleinen platten auf beiden Seiten geſchloſſenen Muſchel oder Auſter, Namens Akoja. Sie iſt an Form der perſiſchen nicht ungleich, kaum handebreit, duͤnne, außen ſchwarzglaͤnzend und bruͤchig, inwendig unreif und Perlemutterglanzes. Dieſe Perlen aus der Muſchel Akoja findet man allein um Satzuma und im Seebuſen Omra: ſie haben zuweilen das Gewicht von 4 und 5 Condinen, und der Preis von 100 Colan. Satzuma ſcheint die Seinigen an die riukuſchen Sineſen zu verkaufen; und Omra verhandelt jaͤhrlich fuͤr 3000 Tail an die Sineſen. Es iſt von den jetzigen Landesherren verboten, daß ſie nicht mehr duͤrfen zur Speiſe eingeſamlet werden, wie vordem geſchahe. Jch habe verborgener Weiſe und nicht ohne Muͤhe einige von dort abholen laſſen. Es iſt ſehr wunderbar, (wenn es anders wahr iſt) daß man unter den groͤſten Perlen dieſes Geſchlechts einige findet, welche die Eigenſchaft haben, daß, wenn ſie in einer Buͤchſe unter einlaͤndiſcher Schminke (ein Pulver von der Muſchel Takaragai) verſchloſſen liegen, ſie eine oder zwei junge Perlen anſetzen, welche nach drei Jahren, wenn ſie reif geworden, von ſelbſt *) Jn der engliſ. Ueberſetzung: „der Landſchaft Jedo gegen uͤber.‟

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/214>, abgerufen am 19.04.2024.