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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto etc.
1) Jehisu, ein Bruder des Tensjo Dai Sin, von dem er aber auf eine un-
bewohnte Jnsel verbant wurde. Man erzählt von ihm, daß er zwei oder drei Tage unter
Wasser leben konte. Er ist der Neptun des Landes, und der Schuzgott aller Fischer und
Seeleute. Sie stellen ihn auf einem Felsen sitzend vor, mit einer Angel in der einen Hand,
und dem berühmten Fisch Tai oder Steenbrassem in der andern.
2) Daikoku. Diesem schreibt man die besondre Macht zu, daß er aus jedem
Orte, wo er mit seinem Hammer dran schlägt, Alles, dessen er bedarf, herausbringen
könne, z. E. Reis, Kleidung, Geld u. s. w. Er wird gemeiniglich vorgestelt, daß er auf
einem Fas Reis sizt mit dem glüklichen Hammer in seiner Rechten und einem Sak vor ihm,
in den er dasjenige einpakt, was er ausgeklopft hat.
3) Tossitoku heist auch bey einigen Kurokusi. Diesen verehrt man besonders
am Anfang des Jahrs, um durch seinen Beistand Glük und Heil in allen Unternehmun-
gen zu erlangen. Er wird gemeiniglich in ein langes Gewand gekleidet, mit langen Er-
meln, einem langen Bart, einem gewaltig monströsen Vorderkopf und einer Schwinge in
seiner rechten Hand vorgestelt. Man sehe die Abbildungen dieser drei Götter auf der achten
Tafel der Charte von Japan.
4) Fottei, der auch bey einigen Miroku heist, wird mit einem erstaunend dicken
Bauche vorgestelt. Seine Anbeter erwarten von ihm, außer andern guten Dingen, vor-
züglich Gesundheit, Reichthum, und Kinder.*)

Dies sind die vorrehmsten und grösten Götter der Sinto's. Außer ihnen giebt
es aber noch eine Menge andrer Heiligen vom zweiten Range, welchen in einem gewissen Lande,
einer Stadt oder einem Dorfe wegen ihrer Verdienste und großen Handlungen besondre
Festtage gefeiert werden. Diese sind aber gemeiniglich wenig andern unter ihren Landsleu-
ten bekant. Sie sind auch nicht vom Mikaddo canonisirt, und mit einem Okurina be-
legt, welches einen vorzüglichen Titel und Würde bedeutet, den man den Göttern und Hei-
ligen zu geben pflegt.

Dieses ohngefehr ist es, was ich als ein aufmerksamer und sorgfältiger Reisender
von der uralten, väterlichen Religion der Japaner habe erfahren können. Eine genauere
und ausführliche Beschreibung findet man in den beiden japanischen Geschichtbüchern: Nip-
pon Odaiki,
(welches eine historische und chronologische Erzählung von den Kinsju d. i.
großen Männern und derselben Thaten ist,) und in Sin Daiki d. i. der Geschichte
der vornehmsten Götter.



Viertes
*) [Spaltenumbruch]
Diese ganze Stelle fehlt in meinen Hand-
schriften und befindet sich nur in der englischen
[Spaltenumbruch] Uebersetzung, aus der ich sie übergetragen
habe.
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Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc.
1) Jehiſu, ein Bruder des Tenſjo Dai Sin, von dem er aber auf eine un-
bewohnte Jnſel verbant wurde. Man erzaͤhlt von ihm, daß er zwei oder drei Tage unter
Waſſer leben konte. Er iſt der Neptun des Landes, und der Schuzgott aller Fiſcher und
Seeleute. Sie ſtellen ihn auf einem Felſen ſitzend vor, mit einer Angel in der einen Hand,
und dem beruͤhmten Fiſch Tai oder Steenbraſſem in der andern.
2) Daikoku. Dieſem ſchreibt man die beſondre Macht zu, daß er aus jedem
Orte, wo er mit ſeinem Hammer dran ſchlaͤgt, Alles, deſſen er bedarf, herausbringen
koͤnne, z. E. Reis, Kleidung, Geld u. ſ. w. Er wird gemeiniglich vorgeſtelt, daß er auf
einem Fas Reis ſizt mit dem gluͤklichen Hammer in ſeiner Rechten und einem Sak vor ihm,
in den er dasjenige einpakt, was er ausgeklopft hat.
3) Toſſitoku heiſt auch bey einigen Kurokuſi. Dieſen verehrt man beſonders
am Anfang des Jahrs, um durch ſeinen Beiſtand Gluͤk und Heil in allen Unternehmun-
gen zu erlangen. Er wird gemeiniglich in ein langes Gewand gekleidet, mit langen Er-
meln, einem langen Bart, einem gewaltig monſtroͤſen Vorderkopf und einer Schwinge in
ſeiner rechten Hand vorgeſtelt. Man ſehe die Abbildungen dieſer drei Goͤtter auf der achten
Tafel der Charte von Japan.
4) Fottei, der auch bey einigen Miroku heiſt, wird mit einem erſtaunend dicken
Bauche vorgeſtelt. Seine Anbeter erwarten von ihm, außer andern guten Dingen, vor-
zuͤglich Geſundheit, Reichthum, und Kinder.*)

Dies ſind die vorrehmſten und groͤſten Goͤtter der Sinto’s. Außer ihnen giebt
es aber noch eine Menge andrer Heiligen vom zweiten Range, welchen in einem gewiſſen Lande,
einer Stadt oder einem Dorfe wegen ihrer Verdienſte und großen Handlungen beſondre
Feſttage gefeiert werden. Dieſe ſind aber gemeiniglich wenig andern unter ihren Landsleu-
ten bekant. Sie ſind auch nicht vom Mikaddo canoniſirt, und mit einem Okurina be-
legt, welches einen vorzuͤglichen Titel und Wuͤrde bedeutet, den man den Goͤttern und Hei-
ligen zu geben pflegt.

Dieſes ohngefehr iſt es, was ich als ein aufmerkſamer und ſorgfaͤltiger Reiſender
von der uralten, vaͤterlichen Religion der Japaner habe erfahren koͤnnen. Eine genauere
und ausfuͤhrliche Beſchreibung findet man in den beiden japaniſchen Geſchichtbuͤchern: Nip-
pon Odaiki,
(welches eine hiſtoriſche und chronologiſche Erzaͤhlung von den Kinsju d. i.
großen Maͤnnern und derſelben Thaten iſt,) und in Sin Daiki d. i. der Geſchichte
der vornehmſten Goͤtter.



Viertes
*) [Spaltenumbruch]
Dieſe ganze Stelle fehlt in meinen Hand-
ſchriften und befindet ſich nur in der engliſchen
[Spaltenumbruch] Ueberſetzung, aus der ich ſie uͤbergetragen
habe.
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[277/0383] Drit. Kap. Von den Rebi der Sinto ꝛc. 1) Jehiſu, ein Bruder des Tenſjo Dai Sin, von dem er aber auf eine un- bewohnte Jnſel verbant wurde. Man erzaͤhlt von ihm, daß er zwei oder drei Tage unter Waſſer leben konte. Er iſt der Neptun des Landes, und der Schuzgott aller Fiſcher und Seeleute. Sie ſtellen ihn auf einem Felſen ſitzend vor, mit einer Angel in der einen Hand, und dem beruͤhmten Fiſch Tai oder Steenbraſſem in der andern. 2) Daikoku. Dieſem ſchreibt man die beſondre Macht zu, daß er aus jedem Orte, wo er mit ſeinem Hammer dran ſchlaͤgt, Alles, deſſen er bedarf, herausbringen koͤnne, z. E. Reis, Kleidung, Geld u. ſ. w. Er wird gemeiniglich vorgeſtelt, daß er auf einem Fas Reis ſizt mit dem gluͤklichen Hammer in ſeiner Rechten und einem Sak vor ihm, in den er dasjenige einpakt, was er ausgeklopft hat. 3) Toſſitoku heiſt auch bey einigen Kurokuſi. Dieſen verehrt man beſonders am Anfang des Jahrs, um durch ſeinen Beiſtand Gluͤk und Heil in allen Unternehmun- gen zu erlangen. Er wird gemeiniglich in ein langes Gewand gekleidet, mit langen Er- meln, einem langen Bart, einem gewaltig monſtroͤſen Vorderkopf und einer Schwinge in ſeiner rechten Hand vorgeſtelt. Man ſehe die Abbildungen dieſer drei Goͤtter auf der achten Tafel der Charte von Japan. 4) Fottei, der auch bey einigen Miroku heiſt, wird mit einem erſtaunend dicken Bauche vorgeſtelt. Seine Anbeter erwarten von ihm, außer andern guten Dingen, vor- zuͤglich Geſundheit, Reichthum, und Kinder. *) Dies ſind die vorrehmſten und groͤſten Goͤtter der Sinto’s. Außer ihnen giebt es aber noch eine Menge andrer Heiligen vom zweiten Range, welchen in einem gewiſſen Lande, einer Stadt oder einem Dorfe wegen ihrer Verdienſte und großen Handlungen beſondre Feſttage gefeiert werden. Dieſe ſind aber gemeiniglich wenig andern unter ihren Landsleu- ten bekant. Sie ſind auch nicht vom Mikaddo canoniſirt, und mit einem Okurina be- legt, welches einen vorzuͤglichen Titel und Wuͤrde bedeutet, den man den Goͤttern und Hei- ligen zu geben pflegt. Dieſes ohngefehr iſt es, was ich als ein aufmerkſamer und ſorgfaͤltiger Reiſender von der uralten, vaͤterlichen Religion der Japaner habe erfahren koͤnnen. Eine genauere und ausfuͤhrliche Beſchreibung findet man in den beiden japaniſchen Geſchichtbuͤchern: Nip- pon Odaiki, (welches eine hiſtoriſche und chronologiſche Erzaͤhlung von den Kinsju d. i. großen Maͤnnern und derſelben Thaten iſt,) und in Sin Daiki d. i. der Geſchichte der vornehmſten Goͤtter. Viertes *) Dieſe ganze Stelle fehlt in meinen Hand- ſchriften und befindet ſich nur in der engliſchen Ueberſetzung, aus der ich ſie uͤbergetragen habe. M m 3

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/383>, abgerufen am 25.04.2024.