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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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I.
Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan
*).


§. 1.

Es ist bekant, daß die verschiednen alten Völker in unsern Westlichen Ländern, und
so auch ihre Nachbarn die Aegypter, Syrer, Hebräer und andre Nationen, sehr
mannigfache Arten zu schreiben hatten, daß aber alle diese Arten ungemein müh-
sam und beschwerlich waren, und in der Ausübung nicht gemeine Geduld foderten. Jhr
Werkzeug war keine leichte Feder, sondern ein eiserner Griffel oder ein künstlich zusammen-
gesezter Pinsel; die Materie, worauf sie schrieben, war nicht das izt so gemeine und be-
queme Papier, sondern Tafeln von den Häuten der Thiere oder Pergament, von den Rin-
den der Bäume, von Blättern, von Blei und anderm Metal, auch von Wachs, die alle
ausnehmend mühsam verfertigt wurden. Diese Schwierigkeiten des Schreibens, die den
Fortgang aller Wissenschaften so sehr aufhielten, und besonders der Geschichte so nachthei-
lig waren, wurde endlich durch die glükliche Erfindung, aus altem Leinwand Papier zu
machen, überwunden; eine Erfindung, die man allerdings als eine besondre Wohlthat der
göttlichen Vorsehung ansehn mus. Man sezt dieselbe in die Zeit Alexander des Großen.
Wenn diese Angabe richtig ist, so mus diese Kunst noch lange Zeit sehr unvolkommen und
unausgebildet, und daher nur in einem engen Umfang verborgen geblieben seyn. Sobald
sie aber weiter ausgebildet und algemeiner bekant geworden, hat sie bald alle andre Mate-
rien, auf die man sonst zu schreiben pflegte, außer Gebrauch gebracht und jenseit des Heli-
kons
verbant. Alle Völker des vordern Asiens in der Türkey, Arabien, Persien, der
kleinen Tartarey und dem mogolischen Jndien, nahmen die Erfindung des Papiers sehr

willig
*) [Spaltenumbruch] Diese Abhandlung steht in den Amoenit.
exotic. p.
466. etc. und ist die Rel. XIII. Fascic.
II.
Jch habe die Eintheilung und Folge der Pa-[Spaltenumbruch]
ragraphen ungeändert beibehalten, daß| also jeder
ein nach denselben gemachtes Citatum auch in mei-
ner Uebersetzung nachschlagen kan.
Zweiter Band. C c c


I.
Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan
*).


§. 1.

Es iſt bekant, daß die verſchiednen alten Voͤlker in unſern Weſtlichen Laͤndern, und
ſo auch ihre Nachbarn die Aegypter, Syrer, Hebraͤer und andre Nationen, ſehr
mannigfache Arten zu ſchreiben hatten, daß aber alle dieſe Arten ungemein muͤh-
ſam und beſchwerlich waren, und in der Ausuͤbung nicht gemeine Geduld foderten. Jhr
Werkzeug war keine leichte Feder, ſondern ein eiſerner Griffel oder ein kuͤnſtlich zuſammen-
geſezter Pinſel; die Materie, worauf ſie ſchrieben, war nicht das izt ſo gemeine und be-
queme Papier, ſondern Tafeln von den Haͤuten der Thiere oder Pergament, von den Rin-
den der Baͤume, von Blaͤttern, von Blei und anderm Metal, auch von Wachs, die alle
ausnehmend muͤhſam verfertigt wurden. Dieſe Schwierigkeiten des Schreibens, die den
Fortgang aller Wiſſenſchaften ſo ſehr aufhielten, und beſonders der Geſchichte ſo nachthei-
lig waren, wurde endlich durch die gluͤkliche Erfindung, aus altem Leinwand Papier zu
machen, uͤberwunden; eine Erfindung, die man allerdings als eine beſondre Wohlthat der
goͤttlichen Vorſehung anſehn mus. Man ſezt dieſelbe in die Zeit Alexander des Großen.
Wenn dieſe Angabe richtig iſt, ſo mus dieſe Kunſt noch lange Zeit ſehr unvolkommen und
unausgebildet, und daher nur in einem engen Umfang verborgen geblieben ſeyn. Sobald
ſie aber weiter ausgebildet und algemeiner bekant geworden, hat ſie bald alle andre Mate-
rien, auf die man ſonſt zu ſchreiben pflegte, außer Gebrauch gebracht und jenſeit des Heli-
kons
verbant. Alle Voͤlker des vordern Aſiens in der Tuͤrkey, Arabien, Perſien, der
kleinen Tartarey und dem mogoliſchen Jndien, nahmen die Erfindung des Papiers ſehr

willig
*) [Spaltenumbruch] Dieſe Abhandlung ſteht in den Amoenit.
exotic. p.
466. ꝛc. und iſt die Rel. XIII. Faſcic.
II.
Jch habe die Eintheilung und Folge der Pa-[Spaltenumbruch]
ragraphen ungeaͤndert beibehalten, daß| alſo jeder
ein nach denſelben gemachtes Citatum auch in mei-
ner Ueberſetzung nachſchlagen kan.
Zweiter Band. C c c
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[385/0435] I. Ueber die Verfertigung des Papiers in Japan *). §. 1. Es iſt bekant, daß die verſchiednen alten Voͤlker in unſern Weſtlichen Laͤndern, und ſo auch ihre Nachbarn die Aegypter, Syrer, Hebraͤer und andre Nationen, ſehr mannigfache Arten zu ſchreiben hatten, daß aber alle dieſe Arten ungemein muͤh- ſam und beſchwerlich waren, und in der Ausuͤbung nicht gemeine Geduld foderten. Jhr Werkzeug war keine leichte Feder, ſondern ein eiſerner Griffel oder ein kuͤnſtlich zuſammen- geſezter Pinſel; die Materie, worauf ſie ſchrieben, war nicht das izt ſo gemeine und be- queme Papier, ſondern Tafeln von den Haͤuten der Thiere oder Pergament, von den Rin- den der Baͤume, von Blaͤttern, von Blei und anderm Metal, auch von Wachs, die alle ausnehmend muͤhſam verfertigt wurden. Dieſe Schwierigkeiten des Schreibens, die den Fortgang aller Wiſſenſchaften ſo ſehr aufhielten, und beſonders der Geſchichte ſo nachthei- lig waren, wurde endlich durch die gluͤkliche Erfindung, aus altem Leinwand Papier zu machen, uͤberwunden; eine Erfindung, die man allerdings als eine beſondre Wohlthat der goͤttlichen Vorſehung anſehn mus. Man ſezt dieſelbe in die Zeit Alexander des Großen. Wenn dieſe Angabe richtig iſt, ſo mus dieſe Kunſt noch lange Zeit ſehr unvolkommen und unausgebildet, und daher nur in einem engen Umfang verborgen geblieben ſeyn. Sobald ſie aber weiter ausgebildet und algemeiner bekant geworden, hat ſie bald alle andre Mate- rien, auf die man ſonſt zu ſchreiben pflegte, außer Gebrauch gebracht und jenſeit des Heli- kons verbant. Alle Voͤlker des vordern Aſiens in der Tuͤrkey, Arabien, Perſien, der kleinen Tartarey und dem mogoliſchen Jndien, nahmen die Erfindung des Papiers ſehr willig *) Dieſe Abhandlung ſteht in den Amoenit. exotic. p. 466. ꝛc. und iſt die Rel. XIII. Faſcic. II. Jch habe die Eintheilung und Folge der Pa- ragraphen ungeaͤndert beibehalten, daß| alſo jeder ein nach denſelben gemachtes Citatum auch in mei- ner Ueberſetzung nachſchlagen kan. Zweiter Band. C c c

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/435>, abgerufen am 25.04.2024.