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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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I. Th. Critik der ästhetischen Urtheilskraft.
Zweytes Buch.
Analytik des Erhabenen.
§. 23.
Uebergang von dem Beurtheilungsvermögen
des Schönen zu dem des Erhabenen.

Das Schöne kommt darin mit dem Erhabenen überein,
daß beydes für sich selbst gefällt. Ferner darin, daß bey-
des kein Sinnes - noch ein logisch- bestimmendes, son-
dern ein Reflexionsurtheil voraussetzt, folglich das Wohl-
gefallen nicht an einer Empfindung, wie die des Ange-
nehmen, noch an einem bestimmten Begriffe wie das
Wohlgefallen am Guten, hängt, gleichwohl aber doch
auf Begriffe, obzwar unbestimmt welche, bezogen wird,
mithin das Wohlgefallen an der bloßen Darstellung oder
dem Vermögen derselben geknüpft ist, wodurch das Ver-
mögen der Darstellung, oder die Einbildungskraft, bey
einer gegebenen Anschauung mit dem Vermögen der
Begriffe
des Verstandes oder der Vernunft, als Be-
förderung der letzteren, in Einstimmung betrachtet wird.
Daher sind auch beyderley Urtheile einzelne und doch
sich für allgemeingültig in Ansehung jedes Subjects an-
kündigende Urtheile, ob sie zwar blos auf das Gefühl
der Lust und kein Erkenntnis des Gegenstandes Anspruch
machen.

E 5
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Zweytes Buch.
Analytik des Erhabenen.
§. 23.
Uebergang von dem Beurtheilungsvermoͤgen
des Schoͤnen zu dem des Erhabenen.

Das Schoͤne kommt darin mit dem Erhabenen uͤberein,
daß beydes fuͤr ſich ſelbſt gefaͤllt. Ferner darin, daß bey-
des kein Sinnes - noch ein logiſch- beſtimmendes, ſon-
dern ein Reflexionsurtheil vorausſetzt, folglich das Wohl-
gefallen nicht an einer Empfindung, wie die des Ange-
nehmen, noch an einem beſtimmten Begriffe wie das
Wohlgefallen am Guten, haͤngt, gleichwohl aber doch
auf Begriffe, obzwar unbeſtimmt welche, bezogen wird,
mithin das Wohlgefallen an der bloßen Darſtellung oder
dem Vermoͤgen derſelben geknuͤpft iſt, wodurch das Ver-
moͤgen der Darſtellung, oder die Einbildungskraft, bey
einer gegebenen Anſchauung mit dem Vermoͤgen der
Begriffe
des Verſtandes oder der Vernunft, als Be-
foͤrderung der letzteren, in Einſtimmung betrachtet wird.
Daher ſind auch beyderley Urtheile einzelne und doch
ſich fuͤr allgemeinguͤltig in Anſehung jedes Subjects an-
kuͤndigende Urtheile, ob ſie zwar blos auf das Gefuͤhl
der Luſt und kein Erkenntnis des Gegenſtandes Anſpruch
machen.

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[73/0137] I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft. Zweytes Buch. Analytik des Erhabenen. §. 23. Uebergang von dem Beurtheilungsvermoͤgen des Schoͤnen zu dem des Erhabenen. Das Schoͤne kommt darin mit dem Erhabenen uͤberein, daß beydes fuͤr ſich ſelbſt gefaͤllt. Ferner darin, daß bey- des kein Sinnes - noch ein logiſch- beſtimmendes, ſon- dern ein Reflexionsurtheil vorausſetzt, folglich das Wohl- gefallen nicht an einer Empfindung, wie die des Ange- nehmen, noch an einem beſtimmten Begriffe wie das Wohlgefallen am Guten, haͤngt, gleichwohl aber doch auf Begriffe, obzwar unbeſtimmt welche, bezogen wird, mithin das Wohlgefallen an der bloßen Darſtellung oder dem Vermoͤgen derſelben geknuͤpft iſt, wodurch das Ver- moͤgen der Darſtellung, oder die Einbildungskraft, bey einer gegebenen Anſchauung mit dem Vermoͤgen der Begriffe des Verſtandes oder der Vernunft, als Be- foͤrderung der letzteren, in Einſtimmung betrachtet wird. Daher ſind auch beyderley Urtheile einzelne und doch ſich fuͤr allgemeinguͤltig in Anſehung jedes Subjects an- kuͤndigende Urtheile, ob ſie zwar blos auf das Gefuͤhl der Luſt und kein Erkenntnis des Gegenſtandes Anſpruch machen. E 5

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/137>, abgerufen am 25.04.2024.