Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung.

Die Empfänglichkeit einer Lust aus der Reflexion
über die Formen der Sachen (der Natur so wohl als
der Kunst) bezeichnet aber nicht allein eine Zweckmäßigkeit
der Objekte in Verhältnis auf die reflectirende Urtheils-
kraft, gemäs dem Naturbegriffe am Subject, sondern
auch umgekehrt des Subjects in Ansehung der Gegenstän-
de ihrer Form ja selbst ihrer Unform nach, zu folge dem
Freyheitsbegriffe und dadurch geschieht es: daß das äst-
hetische Urtheil nicht blos als Geschmacksurtheil, auf das
Schöne, sondern auch, als aus einem Geistesgefühl ent-
sprungenes, aufs Erhabene bezogen und so jene Critik
der ästhetischen Urtheilskraft in zwey diesen gemäße
Haupttheile zerfallen muß.

VIII.
Von der logischen Vorstellung der Zweck-
mäßigkeit der Natur.

An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande
kann Zweckmäßigkeit vorgestellt werden, entweder aus
einem blos subjectiven Grunde, als Uebereinstimmung
seiner Form, in der Auffassung (apprehensio) dessel-
ben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermögen,
um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis
überhaupt zu vereinigen, oder aus einem objectiven,
als Uebereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit
des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der

Einleitung.

Die Empfaͤnglichkeit einer Luſt aus der Reflexion
uͤber die Formen der Sachen (der Natur ſo wohl als
der Kunſt) bezeichnet aber nicht allein eine Zweckmaͤßigkeit
der Objekte in Verhaͤltnis auf die reflectirende Urtheils-
kraft, gemaͤs dem Naturbegriffe am Subject, ſondern
auch umgekehrt des Subjects in Anſehung der Gegenſtaͤn-
de ihrer Form ja ſelbſt ihrer Unform nach, zu folge dem
Freyheitsbegriffe und dadurch geſchieht es: daß das aͤſt-
hetiſche Urtheil nicht blos als Geſchmacksurtheil, auf das
Schoͤne, ſondern auch, als aus einem Geiſtesgefuͤhl ent-
ſprungenes, aufs Erhabene bezogen und ſo jene Critik
der aͤſthetiſchen Urtheilskraft in zwey dieſen gemaͤße
Haupttheile zerfallen muß.

VIII.
Von der logiſchen Vorſtellung der Zweck-
maͤßigkeit der Natur.

An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenſtande
kann Zweckmaͤßigkeit vorgeſtellt werden, entweder aus
einem blos ſubjectiven Grunde, als Uebereinſtimmung
ſeiner Form, in der Auffaſſung (apprehenſio) deſſel-
ben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermoͤgen,
um die Anſchauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis
uͤberhaupt zu vereinigen, oder aus einem objectiven,
als Uebereinſtimmung ſeiner Form mit der Moͤglichkeit
des Dinges ſelbſt, nach einem Begriffe von ihm, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0052" n="XLVI"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</fw><lb/>
          <p>Die Empfa&#x0364;nglichkeit einer Lu&#x017F;t aus der Reflexion<lb/>
u&#x0364;ber die Formen der Sachen (der Natur &#x017F;o wohl als<lb/>
der Kun&#x017F;t) bezeichnet aber nicht allein eine Zweckma&#x0364;ßigkeit<lb/>
der Objekte in Verha&#x0364;ltnis auf die reflectirende Urtheils-<lb/>
kraft, gema&#x0364;s dem Naturbegriffe am Subject, &#x017F;ondern<lb/>
auch umgekehrt des Subjects in An&#x017F;ehung der Gegen&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
de ihrer Form ja &#x017F;elb&#x017F;t ihrer Unform nach, zu folge dem<lb/>
Freyheitsbegriffe und dadurch ge&#x017F;chieht es: daß das a&#x0364;&#x017F;t-<lb/>
heti&#x017F;che Urtheil nicht blos als Ge&#x017F;chmacksurtheil, auf das<lb/>
Scho&#x0364;ne, &#x017F;ondern auch, als aus einem Gei&#x017F;tesgefu&#x0364;hl ent-<lb/>
&#x017F;prungenes, aufs <hi rendition="#fr">Erhabene</hi> bezogen und &#x017F;o jene Critik<lb/>
der a&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;chen Urtheilskraft in zwey die&#x017F;en gema&#x0364;ße<lb/>
Haupttheile zerfallen muß.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi><lb/>
Von der logi&#x017F;chen Vor&#x017F;tellung der Zweck-<lb/>
ma&#x0364;ßigkeit der Natur.</hi> </head><lb/>
          <p>An einem in der Erfahrung gegebenen Gegen&#x017F;tande<lb/>
kann Zweckma&#x0364;ßigkeit vorge&#x017F;tellt werden, entweder aus<lb/>
einem blos &#x017F;ubjectiven Grunde, als Ueberein&#x017F;timmung<lb/>
&#x017F;einer Form, in der <hi rendition="#fr">Auffa&#x017F;&#x017F;ung</hi> <hi rendition="#aq">(apprehen&#x017F;io)</hi> de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermo&#x0364;gen,<lb/>
um die An&#x017F;chauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis<lb/>
u&#x0364;berhaupt zu vereinigen, oder aus einem objectiven,<lb/>
als Ueberein&#x017F;timmung &#x017F;einer Form mit der Mo&#x0364;glichkeit<lb/>
des Dinges &#x017F;elb&#x017F;t, nach einem Begriffe von ihm, der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XLVI/0052] Einleitung. Die Empfaͤnglichkeit einer Luſt aus der Reflexion uͤber die Formen der Sachen (der Natur ſo wohl als der Kunſt) bezeichnet aber nicht allein eine Zweckmaͤßigkeit der Objekte in Verhaͤltnis auf die reflectirende Urtheils- kraft, gemaͤs dem Naturbegriffe am Subject, ſondern auch umgekehrt des Subjects in Anſehung der Gegenſtaͤn- de ihrer Form ja ſelbſt ihrer Unform nach, zu folge dem Freyheitsbegriffe und dadurch geſchieht es: daß das aͤſt- hetiſche Urtheil nicht blos als Geſchmacksurtheil, auf das Schoͤne, ſondern auch, als aus einem Geiſtesgefuͤhl ent- ſprungenes, aufs Erhabene bezogen und ſo jene Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft in zwey dieſen gemaͤße Haupttheile zerfallen muß. VIII. Von der logiſchen Vorſtellung der Zweck- maͤßigkeit der Natur. An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenſtande kann Zweckmaͤßigkeit vorgeſtellt werden, entweder aus einem blos ſubjectiven Grunde, als Uebereinſtimmung ſeiner Form, in der Auffaſſung (apprehenſio) deſſel- ben vor allem Begriffe, mit den Erkenntnisvermoͤgen, um die Anſchauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis uͤberhaupt zu vereinigen, oder aus einem objectiven, als Uebereinſtimmung ſeiner Form mit der Moͤglichkeit des Dinges ſelbſt, nach einem Begriffe von ihm, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/52
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XLVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/52>, abgerufen am 19.04.2024.